Künstliche Intelligenz bringt für Versicherungsmakler nicht nur neue Chancen, sondern auch neue Anforderungen. Welche Hürden beim Einsatz zu beachten sind und welche rechtlichen sowie technologischen Rahmenbedingungen eine Rolle spielen, erläutert Stefan Chlebniček, Akad. VersMaklerWU, Inhaber & Betreiber von www.versicherungswiki.at, im 2. Teil seines Beitrags zum Thema Künstliche Intelligenz in der Versicherungsvermittlung.
Artikel von:

Stefan Chlebnicek
Akad. VersMaklerWU; Betreiber von VersicherungsWiki.at
Die größten Hürden für die effiziente Nutzung von KI-Lösungen im Alltag sind die Datenqualität und -verfügbarkeit. Hinsichtlich der Verfügbarkeit ist vorrangig wichtig, dass man der KI kein zu hohes Maß an Kreativität und Freiraum zugesteht. Die gängigen KI-Tools, wie ChatGPT, Perplexity usw. kreieren teils spannende Informationen in ihre Ergebnisse, die zwar allesamt nachvollziehbar und richtig klingen, jedoch immer wieder absoluten Blödsinn beinhalten.
Wissen Sie auf welcher Informationsbasis die KI-Antworten gestaltet werden?
Basis für die Antworten der KI sind Informationen, die bspw. mittels Suchmaschinen im Internet gefunden werden. Das im World Wide Web nicht immer die brauchbarsten Informationen stehen, brauchen wir nicht diskutieren.
Wenn man also blind darauf vertraut, dass die erhaltenen Informationen valide sind und direkt verwendet werden können oder man zu leichtfertig mit Daten umgeht, kann man schnell in die Bredouille kommen. Nicht immer werden relevante Aspekte rund um Datenschutz und Transparenz ordentlich bedacht. Hier trennt sich sprichwörtlich die Spreu vom Weizen.
Seit Sommer 2024 gibt es den sogenannten EU AI Act, der regelt was beim Einsatz von KI als Unternehmen beachtet werden muss. Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung zur Nutzung der Künstlichen Intelligenz im letzten Jahr erhalten auch Einzelunternehmer und kleinere Unternehmen, also auch das Gros der heimischen Versicherungsmaklerbetriebe, rechtliche Vorgaben für den Einsatz Künstlicher Intelligenz.
Wer etwa einen Chatbot auf der eigenen Website oder ein KI-Modell betreibt und weiterentwickelt, sollte wissen welche Rolle er laut dieser VO einnimmt:
- Deployer (Anwender)
- Provider (Inverkehrbringer)
- Distributor (Weiterverkäufer)
Die meisten Nutzer:innen sind in der Praxis Deployer und verwenden KI-Tools, die von Dritten bereitgestellt werden, wie OpenAI. Entwickeln sie den Chatbot jedoch selbst oder passen ein Modell an, gelten sie zusätzlich als Provider mit erweiterten Pflichten wie Konformitätsbewertung und der Pflicht zur technischen Dokumentation.
Ein zentraler Aspekt ist die Einstufung des verwendeten bzw. angebotenen Systems nach Risikokategorien. Bestimmte Praktiken, wie bspw. biometrisches Tracking, sind bereits untersagt. Einfache Chatbots auf Websites, wie bspw. VersicherungsVicky, die auf meiner Seite www.versicherungswiki.at zum Einsatz kommt, gelten grundsätzlich als Systeme mit begrenztem Risiko. Für sie gelten vorrangig Transparenzpflichten, wie etwa ein sichtbarer Hinweis, dass es sich um eine KI handelt und die Möglichkeit für Nutzer:innen besteht, auf Wunsch mit einem Menschen zu sprechen. Zudem sollten, sofern möglich, Konversationsdaten protokolliert und Datenschutzvorgaben bestmöglich berücksichtigt werden.
Die Verordnung sieht eine schrittweise Umsetzung vor, die es damit gerade den „Kleineren“ ermöglicht, schrittweise compliant zu werden. Für die Systeme mit geringem Risiko reichen also einfache Maßnahmen wie ein Transparenzhinweis, ein Eskalationspfad zum Menschen und die Dokumentation der vorhandenen Datenbasis. Für Systeme mit besonders hohem Risiko, wie automatisierte Bonitätsabfragen und -prüfungen, sind die vollumfänglichen Pflichten erst ab Sommer 2027 umzusetzen.
Wenn man für seine eigene Webseite einen Chatbot nutzen möchte, sollte man folgende Punkte im Vorfeld beachten:
- Transparenzhinweis beachtet? (Hinweis, dass KI zum Einsatz kommt)
- Gibt es menschliche Ansprechpartner:innen?
- Wie wird mit DSGVO-relevanten Inputs umgegangen?
- Ist die Datenbasis geprüft und dokumentiert?
Wenn man diese Punkte bereits in der Initialphase beachtet, schafft das nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern stärkt auch das Vertrauen der User. Zudem zeigt es, dass KI auf professionelle Weise genutzt wird.
Die größte Herausforderung bei der Nutzung von KI-Systemen bleibt langfristig die Qualität der Daten und wie aktuell diese sind. Die Quelle allen Ursprungs, zumindest für die KI, sind jene Informationen, die ihr zur Verfügung gestellt werden bzw. derer die sich die KI bedienen soll.
Je ungenauer das Fundament, in Form der Informationsquellen, desto wackeliger das Ergebnis, also die Antworten und Ergebnisse, die geliefert werden. Das zeigt sich vor allem dann, wenn Informationen „hinzugedichtet“ werden. Das Ziel muss lauten, allen Beteiligen, also Makler:innen, Kund:innen und Versicherer, stets den gleichen Stand an Daten und damit Informationen zu geben.
Gerade wenn mehrere Parteien im Spiel sind, die gleichermaßen Interesse an Datenqualität und -aktualität haben, ist Blockchaintechnologie eine sinnvolle Lösung.
Für die Versicherungsbranche macht das vorrangig Sinn für die Bereiche Vertragsverwaltung und Schadenbearbeitung, denn wenn alle Beteiligten sofort den gleichen Informationsstand haben, besteht maximale Transparenz. Für die KI entsteht so eine leistungsfähige und optimale Infrastruktur, die in Kombination mit der Blockchain für Datenintegrität sorgt. Das Resultat: fundierte, aktuelle Informationen ohne Medienbrüche.
Warum sich Makler:innen spätestens jetzt mit KI für ihr Unternehmen beschäftigen sollten?
Fristenwahrung, Administration bei Vertragsverwaltung und Schadensabwicklung, Dokumentationspflichten und Weiterbildung… Vieles hängt häufig an einer Person. KI-Tools können als digitaler Unterstützer dabei helfen mit dem Workload besser umgehen zu können.
- 24/7 werden einfache Anliegen automatisiert abgewickelt, selbst wenn man nicht im Büro ist.
- Entlastung bei Routineaufgaben, die ansonsten wertvolle Zeitressourcen binden, wie bei der Prüfung von Versicherungsbedingungen.
- Schonung personeller Ressourcen in „heißen Phasen“ und während temporärer Mehrbelastungen, weil kein zusätzliches Personal eingestellt werden muss.
Wichtig ist dabei zu erwähnen, dass die KI keine Mitarbeitenden oder gar Makler:innen selbst ersetzten soll, sondern diese entlasten kann. Die gewonnene Zeit kann in Beratung, Kundenbindung und Weiterbildung investiert werden.
Ein fachliches Messen mit einem gut trainierten KI-System ist ein kaum bewältigbares Unterfangen für Berater:innen, denn wenn gut gestaltet, hat das Ding immer mehr Antworten als ich parat. Aber halb so wild, denn die für die persönliche Kund:innenbeziehung relevanten Faktoren, Vertrauen und Verständnis, kann kein Chatbot ersetzen.
Menschen wollen verstanden werden, nicht nur bedient. Zwischenmenschliches, Empathie, ethisches Abwägen, all das bleibt in der Verantwortung des Menschen. Deshalb wird der persönliche Kontakt noch lange der zentrale Erfolgsfaktor bleiben.
KI kann dabei unterstützen und administrative Lasten reduzieren damit mehr Zeit für echte Gespräche, individuelle Lösungen und nachhaltige Kundenbeziehungen bleibt. Dafür braucht es als Makler:in Offenheit für neue Technologien und kontinuierliche Weiterbildung gepaart mit der Bereitschaft Prozesse zu hinterfragen und anzupassen.
Eines ist sicher: Die Zukunft ist nicht aufzuhalten. Aber sie lässt sich (mit)gestalten.
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