Was deckt der Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete tatsächlich ab – und wo endet der Schutz? Anhand ausgewählter OGH- und RSS-Entscheidungen zeigt Prof. Erwin Gisch typische Problemkonstellationen in der Praxis auf: von unklaren Nutzungsarten über Streitigkeiten um Eigentumsgrenzen bis zur Begrenzung bei nachbarrechtlichen Ansprüchen. Die Beispiele machen deutlich, welche Details bei der Vertragsgestaltung und Risikoanalyse besonders kritisch sind.
Artikel von:

Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA
Fachverbandsgeschäftsführer der Versicherungsmakler und Lektor an der Donau Uni Krems, WU-Wien und Juridicum Wien
1. Ad Objektbezogenheit + rechtliche Beziehung zum Objekt + Nutzungsart
Gleich im ersten GMRS-Beitrag (AssCompact-Ausgabe Februar 2025) wurde skizziert, dass der OGH den GMRS als „objektbezogenen Rechtsschutz“ bezeichnet, der „ … das jeweilige vom Versicherungsnehmer im Antrag angegebene und im Versicherungsvertrag näher bezeichnete Objekt in der jeweiligen Eigenschaft des Versicherungsnehmers“ schützen soll (OGH 7 Ob 115/19s). Diese Objektbezogenheit i.V.m. der konkreten rechtlichen Beziehung des VN zum Objekt (z.B. Eigentümer, Mieter, Vermieter, …) und v.a. auch der Art der Objektnutzung spielt in der Praxis immer wieder eine wesentliche Rolle:
1.1. RSS-E 37/19
Im Fallbeispiel RSS-E 37/19 hat der VN einen GMRS für den Selbstnutzungsbereich mit folgendem Zusatz abgeschlossen: „… ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken dienendes Objekt …“ Die Mitversicherte ist Eigentümerin eines (Erd-)Kellers auf einem separaten Grundstück und will Ansprüche gegen den Nachbarn geltend machen. Wegen eines Leitungswassergebrechens auf dem Nachbargrundstück ist nämlich auch der Keller der Mitversicherten zu Schaden gekommen.
Entscheidungswesentliche Frage: Ist dieser (Erd-)Keller ausschließlich eigenen Wohnzwecken dienend?
Ergebnis der RSS: Nein, denn diese Räumlichkeit weise nicht diejenigen infrastrukturellen Einrichtungen auf, um dort nachhaltig einen Wohnsitz zu begründen. Der (Erd-)Keller würde allenfalls bloß als Partyraum oder dgl. genutzt werden, stelle derart aber keine Wohneinheit dar.
1.2. RSS-E 2/ 20
Auch im Fallbeispiel RSS-E 2/ 20 ist die Risikobeschreibung „eigene Wohnzwecke“ der fragliche Hauptakteur: Der VN ist im GMRS „… als Eigentümer oder Mieter aller ausschließlich eigenen Wohnzwecken dienenden Wohnungen oder Einfamilienhäusern mit umliegendem Grundstück in Österreich“ versichert. Er ist Eigentümer einer Liegenschaft, auf der sich Fischteiche samt Holzhütten befinden und begehrt Kostendeckung für ein Vorgehen gegen die Gemeinde, die über diese (Fischteich-/Holzhütten-)Liegenschaft mehrfach Oberflächenwasser ohne Zustimmung des VN geleitet hat.
Auch hier kommt die RSS zum Ergebnis, dass ein Grundstück mit Fischteichen und Holzhütten nicht unter den Begriff „ausschließlich eigenen Wohnzwecken dienende(n) Wohnungen oder Einfamilienhäusern mit umliegendem Grundstück in Österreich“ fallen würde.
2. Ad Risikoumschreibung „aus dinglichen Rechten“
Zur Versicherbarkeit von Ansprüchen „aus dinglichen Rechten“ habe ich u.a. darauf verwiesen, dass der Begriff bereits nach dem Wortlaut dahin zu verstehen ist, dass es um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem unmittelbaren (dinglichen) Recht an der Sache gehen muss (so OGH 7 Ob 115/19s). Die Interessenwahrnehmung aus dinglichen Rechten (aktiv wie passiv) setzt grundsätzlich voraus, dass ein dingliches Recht bereits besteht oder vom Versicherungsnehmer oder seinem Gegner schlüssig behauptet wird, sodass sich die Wahrnehmung rechtlicher Interessen darauf stützt.
2.1. OGH 7 Ob 115/19s:
Die Versicherungsnehmer wurden von ihren Nachbarn geklagt, da sie deren Grundstücke für Aufschüttungen bzw. Ackerarbeiten verwendet hätten. Die Grenzziehung zwischen den beiden Grundstücken war strittig, die Versicherungsnehmer beriefen sich darauf, Eigentümer der gegenständlichen Grundstücksteile zu sein.
Der OGH hat (unter Berücksichtigung der obigen Grundsätze) ausgeführt, dass der VN, der in einem Passivprozess wegen behauptetermaßen unbefugten Eingriffen in das Eigentumsrecht eines Dritten in Anspruch genommen wird, darzulegen hat, dass die ihm vorgeworfenen Handlungen in Ausübung seines versicherten dinglichen Rechts erfolgt seien; diesfalls bestünde Versicherungsschutz „aus dinglichen Rechten“.
2.2. RSS-E 75/19:
In diesem Fall hat der VN einen Agrar-Rechtsschutz mit GMRS inkl. „Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Verfahren vor Gerichten (…) aus dinglichen Rechten am versicherten Objekt“ abgeschlossen.
Der VN wurde auf 400 Euro Schadenersatz und Unterlassung geklagt. Die Klägerin warf ihm vor, auf ihrem Grundstück Schlägerungsarbeiten durchgeführt zu haben. Der VN entgegnete dem, dass die Schlägerungen auf seinem eigenen Grundstück vorgenommen worden seien. Die Grenze zwischen den beiden Grundstücken, auf die sich die Klägerin beruft, sei ein in der Natur verlaufender Bringungsweg, der tatsächlich weiter nördlich verlaufe als die mappenmäßige Grenze.
Unter Berufung auf das zuvor beschriebene OGH-Urteil befand die RSS, dass die schlüssige Behauptung des VN, die ihm vorgeworfenen Handlungen seien in Ausübung seines versicherten dinglichen Rechts erfolgt, für den Versicherungsschutz „aus dinglichen Rechten“ notwendig, aber auch ausreichend sei.
3. Ad Nachbarrechtliche Ansprüche
Das nachfolgende Beispiel RSS-E 36/20 soll veranschaulichen, dass besondere Vorsicht u.a. auch dann geboten ist, wenn die „Hausbedingungen“ des Versicherers hinter dem Deckungs-Standard der unverbindlichen VVO-Muster-ARB zurückbleiben:
Der VN begehrte Rechtsschutzdeckung für einen Rechtsstreit, bei dem er als Landwirt von seinem Nachbarn auf Unterlassung geklagt wird. Der Vorwurf an den VN: Er erzeuge durch seine landwirtschaftliche Tätigkeit ungebührlichen Lärm, insb. weil er ab ca. 4:15 Uhr früh mit Arbeiten beginne bzw. die Hähne krähen und die Hunde bellen bzw. weil er auch nach 22:00 Uhr mit Traktoren und Baggern fahre.
Der Gegner des VN macht also einen nachbarrechtlichen Anspruch – dieser regelt u.a. die (Un-)Zulässigkeit von Immissionen (§ 364 Abs 2 ABGB) – auf Unterlassung geltend, den der VN mit Kostendeckung durch den RS-VR abwehren will.
Während jedoch nach den unverbindlichen VVO-Muster-ARB gemäß Art. 24.2.2. ARB sowohl die Geltendmachung als auch die Abwehr nachbarrechtlicher Ansprüche versichert sind, schützen die konkret vereinbarten ARB den VN kostenmäßig ausschließlich für „die gerichtliche Geltendmachung von nachbarrechtlichen Ansprüchen aufgrund allmählicher Einwirkungen, die von unmittelbar benachbarten Grundstücken ausgehen.“ Für die Abwehr besteht somit kein Versicherungsschutz.
Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact August-Ausgabe!
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