In vielen Versicherungsverträgen, insbesondere der Haushaltsversicherung, finden sich sogenannte Sublimits – Entschädigungsgrenzen für bestimmte Gefahren oder Gegenstände wie Schmuck oder Bargeld. Diese Sublimits dienen der Risikoabgrenzung und erleichtern die Kalkulation für den Versicherer, indem sie besonders hohe Einzelrisiken deckeln, unabhängig von der oft deutlich höheren Versicherungssumme. Häufig sind derartige Limits als Erstrisikosummen ausgestaltet, um einer möglichen Unterversicherung entgegenzuwirken.
Artikel von:

Mag. Alexander Meixner
ÖVM Vizepräsident
Obwohl diese Klauseln grundsätzlich zulässig und aus AGB-rechtlicher Sicht unbedenklich sind, ergibt sich rechtlicher Klärungsbedarf hinsichtlich ihrer Wertanpassung. Problematisch ist, dass viele Sublimits nicht der sonst üblichen Indexierung unterliegen, obwohl gleichzeitig Versicherungsprämien und -summen regelmäßig an den Verbraucherpreisindex (VPI) angepasst werden. Dies kann im Schadenfall dazu führen, dass die Versicherungsleistung aufgrund eines veralteten Sublimits erheblich unter dem tatsächlichen Schaden liegt, obwohl die Prämie stetig gestiegen ist.
Im Zentrum der Analyse steht das Äquivalenzprinzip des Versicherungsvertragsrechts: Das Verhältnis zwischen Prämie (Leistung des Versicherungsnehmers) und Risikoabdeckung (Leistung des Versicherers) muss ausgewogen bleiben. Dieses Gleichgewicht wird durch Indexanpassungen gewahrt. Werden Sublimits jedoch von der Indexierung ausgenommen, entsteht ein Ungleichgewicht, das die berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers verletzt. Es liegt dann eine einseitige Leistungsverschiebung zulasten des Versicherungsnehmers vor, die rechtlich – insbesondere nach § 879 Abs 3 ABGB – als gröblich benachteiligend einzustufen ist.
Sublimits stehen ihrer Funktion nach der Versicherungssumme so nahe, dass sie im Zweifel ebenfalls indexiert werden müssen. Wird in einer Indexanpassungsklausel zu Sublimits nichts geregelt, ist daher von einer stillschweigenden Einbeziehung auszugehen. Auch der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer würde dies erwarten. Ein ausdrücklicher Ausschluss der Indexierung in der Klausel ist unzulässig und entfällt daher. Die verbleibende Klausel ist dann dahingehend auszulegen, dass auch die Sublimits wertangepasst werden. Eine Vertragslücke entsteht dadurch nicht.
Spätestens wenn die Prämie regelmäßig angepasst wird, ohne dass sich Sublimits ebenfalls verändern, verliert die Klausel ihre Rechtfertigung und wird intransparenter und unangemessener Bestandteil des Vertrags. Solche Regelungen gefährden das Gleichgewicht der Vertragsparteien und könnten in Verbandsprozessen auch im Licht europarechtlicher Vorgaben (Richtlinie 93/13/EWG) kritisch beurteilt werden.
Fazit
Die automatische Indexanpassung von Prämie und Versicherungssumme muss sich im Sinne des Äquivalenzprinzips grundsätzlich auch auf Sublimits erstrecken. Wird dies in der Klausel nicht ausdrücklich geregelt, spricht vieles für eine Auslegung zugunsten der Indexierung. Ein expliziter Ausschluss ist in aller Regel unwirksam. Damit sind auch sublimitierte Risiken nicht „teuerungsimmun“, sondern unterliegen – wie Prämie und Selbstbehalt – einer gebotenen Wertanpassung.
Hinweis: Eine umfassende Abhandlung dieses Themas findet sich in der Zeitschrift für Verbraucherrecht (VbR) – Ausgabe 05 – 06 aus 2024 auf den Seiten 182 bis 184 – mit dem Titel „Zur Wertanpassung sublimitierter Risiken“, Autor: Mag. Julian Spadinger – Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Zivilverfahrensrecht der WU Wien).
Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact August-Ausgabe!
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