Energiepreise springen auf und ab, Lieferketten reißen, Cyberangriffe häufen sich und Inflation sowie geopolitische Konflikte stehen an der Tagesordnung. Für viele Unternehmen sind diese Entwicklungen längst keine Ausnahmen mehr, sondern Teil des Alltags. Für Versicherungen heißt das: doppelte Verantwortung. Einerseits müssen sie selbst stabil bleiben, andererseits erwarten ihre Kunden verlässliche Lösungen, wenn Risiken Realität werden.
Artikel von:
Philipp Strokosch
Head of Product Line GRC & Managing Director GBTEC Austria|https://www.gbtec.com/de
Wirtschaftliche Negativfaktoren: Was Entscheider:innen in der Versicherungsbranche jetzt im Blick behalten müssen
Führungskräfte in Versicherungsunternehmen stehen vor der Herausforderung, sich in einem zunehmend volatilen Umfeld zu behaupten. Die folgenden Entwicklungen haben direkte Auswirkungen auf Risikobewertungen, Produktgestaltung, Kapitalanlage und die strategische Ausrichtung:
Politische Unsicherheiten & geopolitische Spannungen
Sanktionen, Handelskonflikte und militärische Auseinandersetzungen verändern Risikolandschaften in Echtzeit mit direkten Konsequenzen für internationale Versicherungsmärkte, Rückversicherungsverträge und globale Investmentstrategien. Neue Exportrisiken oder Lieferengpässe betreffen zunehmend auch versicherte Unternehmen und fordern eine dynamischere Risikobewertung.
Inflation und steigende Zinsen
Inflation belastet nicht nur Versicherungsnehmer:innen, sondern auch die Schadenregulierung: Reparaturkosten, Gesundheitsleistungen und Baupreise steigen. Gleichzeitig erschwert das Zinsumfeld eine ausgewogene Kapitalanlagepolitik. Die Anforderungen an das Asset-Liability-Management steigen, ebenso wie der Druck auf Beitragsanpassungen und Produktreformen.
Störungen in Lieferketten & Zulieferer-Insolvenzen
Produktionsstopps oder Ausfälle ganzer Lieferketten erhöhen die Schadenhäufigkeit bei Betriebsunterbrechungs- oder Kreditversicherungen. Zudem sind Unternehmensinsolvenzen wieder auf dem Vormarsch. Hierbei handelt es sich um eine Entwicklung, die Versicherer mit Fokus auf gewerbliche Risiken eng begleiten müssen.
Zunehmende Cyberkriminalität
Cyberrisiken zählen heute zu den wachstumsstärksten und gleichzeitig schwer kalkulierbaren Versicherungsfeldern. Angriffe auf kritische Infrastrukturen, Datenverluste und Systemausfälle betreffen nicht nur Kunden, sondern auch die eigene IT. Versicherer müssen in Prävention, Cyberprodukte, Rückversicherungskapazitäten und das eigene Sicherheitsniveau investieren.
Finanzierungsengpässe in der Wirtschaft
Zahlungsausfälle und Liquiditätsprobleme nehmen wieder zu. Besonders betroffen: KMU, Start-ups und energieintensive Branchen. Das wirkt sich direkt auf das Kreditrisiko aus und erhöht die Inanspruchnahme entsprechender Versicherungsleistungen. Gleichzeitig steigt die Bedeutung frühzeitiger Bonitätsanalysen und angepasster Underwriting-Strategien.
De-Globalisierung & wachsender Protektionismus
Neue Zölle, Exportverbote und regionale Förderprogramme verändern internationale Wertschöpfungsketten. Versicherer müssen prüfen, wie sich diese Trends auf global agierende Kunden, internationale Policen und Rückversicherungsprogramme auswirken und ob sich bisher tragfähige Geschäftsmodelle noch lohnen.
Steigende Regulierungsanforderungen & ESG-Pflichten
CSRD, NIS2, DORA & Co. erhöhen nicht nur den Aufwand im eigenen Haus, sondern verändern auch die Anforderungen an versicherte Unternehmen. Die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Sicherstellung von Cyber-Resilienz und neue ESG-Vorgaben beeinflussen das Underwriting und fordern eine engere Verzahnung von Risikoanalyse, IT, Nachhaltigkeit und Compliance.
Versicherungen als stabilisierende Kraft
Versicherungen sind in der aktuellen Situation eine wichtige stabilisierende Kraft. Risikomanagement ist im Kern nichts Neues, doch in Zeiten wie diesen wird es zum Stresstest. Unternehmen benötigen nicht nur interne Maßnahmen, sondern auch externe Sicherungsnetze – und genau hier setzen Versicherungen an. Besonders gefragt sind derzeit Betriebsunterbrechungs- und Sachpolicen, die Produktionsstillstände oder Schäden durch Naturereignisse abdecken, ebenso Cyberversicherungen, die bei Angriffen oder Datenverlusten einspringen. Hinzu kommen Kredit- und Zahlungsausfallversicherungen, die Liquiditätsrisiken abfedern, sowie Versicherungen gegen politische Risiken, die vor allem international tätigen Unternehmen Sicherheit geben. Entscheidend ist, dass sich Versicherer dabei nicht auf Standardprodukte beschränken, sondern prüfen, wie flexibel ihre Angebote auf neue Risikolagen reagieren können.
Wo Führungskräfte ansetzen müssen
Wer Verantwortung trägt, sollte sich in der aktuellen Lage nicht mit reiner Schadensabwicklung zufriedengeben. Es gibt mehrere Handlungsfelder, die den Unterschied machen. Ein zentrales Feld ist die Früherkennung: Versicherungen sitzen auf einem Schatz an Daten. Wer diese systematisch auswertet, kann Kunden nicht nur absichern, sondern auch rechtzeitig warnen. Das steigert Vertrauen und bindet Kunden langfristig. Ebenso wichtig ist die Produktentwicklung. Klimarisiken, Lieferkettenprobleme und neue Bedrohungen im Netz verlangen nach Policen, die es vor wenigen Jahren so noch nicht gab. Innovationsfähigkeit wird damit zur Überlebensfrage. Auch Regulatorik und Compliance gewinnen an Gewicht. Mit Vorgaben wie CSRD, NIS2 oder Solvency II steigen die Anforderungen. Versicherer, die ihre Kunden hier aktiv unterstützen, verschaffen sich einen klaren Vorteil im Wettbewerb. Schließlich spielt auch die digitale Unterstützung eine wichtige Rolle. Softwarelösungen können helfen, Risiken greifbarer zu machen und Prozesse effizienter zu steuern. Ein Beispiel ist BIC GRC von GBTEC, eine Plattform speziell für Governance, Risk & Compliance. GBTEC ist zudem auf Business Process Management spezialisiert und verbindet dadurch Risiko- und Prozesssicht. Für Versicherungen, die Komplexität beherrschbar machen wollen, ist das ein relevanter Ansatz.
Vom Risiko zur Lösung – mehr als nur Theorie
Risikomanagement klingt auf dem Papier oft abstrakt, ist in der Praxis aber ziemlich konkret. Erst wenn Unternehmen ihre Risiken identifizieren, bewerten und priorisieren, wird klar, welche Maßnahmen wirklich tragen. Versicherungen sind dann das Instrument, um unvermeidbare Gefahren finanziell abzufedern.
Die Rolle der Entscheider ist hier klar: Nicht warten, bis der Markt drängt, sondern den Kunden helfen, Szenarien aktiv durchzuspielen. Welches Risiko lässt sich vermeiden? Welches reduzieren? Und wo ist eine Versicherung die einzige sinnvolle Antwort?
Blick nach vorn
Die Krisen der letzten Jahre waren sicher nicht die letzten. Klimawandel, Cyberrisiken und geopolitische Verschiebungen werden Versicherer weiter fordern. Für Entscheider eröffnet das aber auch eine Chance: Wenn Risikomanagement als Kernaufgabe verstanden wird und Versicherungen ihre Rolle als Stabilitätsanker konsequent ausfüllen, dann können sie gestärkt aus dieser Phase hervorgehen.
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren












