Ein Kunde verlangt Schadenersatz, weil eine angeblich fehlerhafte Dichtheitsprüfung zu unnötigen Sanierungskosten geführt habe. Die betroffene Firma will dafür Versicherungsschutz aus ihrer Haftpflichtversicherung – doch der Versicherer verweigert die Deckung. Der OGH musste klären, ob ein versicherter Sachschaden oder ein nicht gedeckter reiner Vermögensschaden vorliegt. (7 Ob 22/25y)
Artikel von:

Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer besteht ein Haftpflichtversicherungsvertrag. Die zugrunde liegenden Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung AHVB/EHVB 2012/1 lauten auszugsweise wie folgt:
„Artikel 1
Versicherungsfall und Versicherungsschutz
1. Versicherungsfall
1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Pkt. 2.) erwachsen oder erwachsen können.
[...]
2. Versicherungsschutz
2.1 Im Versicherungsfall übernimmt der Versicherer
2.1.1 die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen versicherten Personen- oder Sachschaden zurückzuführen ist, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts erwachsen
[...]
2.3 Sachschäden sind die Beschädigung oder die Vernichtung von körperlichen Sachen.[…]“
Die Versicherungsnehmerin führt im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit die Prüfung der Dichtheit von Leitungen durch. Ein Kunde forderte von der Versicherungsnehmerin die Kosten einer Leitungssanierung, dies mit der Behauptung, dass die Diagnose der Undichtheit von der Versicherungsnehmerin unrichtig erfolgt sei. Aus diesem Grund seien die Sanierungskosten für den Kunden frustriert gewesen. Die Versicherungsnehmerin begehrte nunmehr vom Haftpflichtversicherer die Feststellung der Deckungspflicht für diesen vom Kunden geltend gemachten Schadenersatzanspruch. Der Fall landete schließlich beim Obersten Gerichtshof (OGH). Fraglich war, ob es sich bei dem vom Kunden behaupteten Anspruch um einen versicherten Sachschaden, oder um einen vom Versicherungsschutz nicht umfassten bloßen Vermögensschaden handelt.
Wie ist die Rechtslage?
In seiner Entscheidung vom 19.03.2025, Aktenzeichen 7 Ob 22/25y, führte der OGH zunächst aus, dass sich das Leistungsversprechen in den vorliegenden Haftpflichtversicherungsbedingungen nicht auf den gesamten Bereich des Schadensbegriffs bezieht, sondern nur auf die Deckung von Personenschäden und Sachschäden sowie solcher Vermögensschäden, die auf einen versicherten Personenschaden oder Sachschaden zurückzuführen sind. Demgegenüber seien sogenannte „reine“ Vermögensschäden, das sind Schäden, die weder durch einen Personenschaden, noch durch einen Sachschaden entstanden sind, soweit sie nicht nach den EHVB unter Versicherungsschutz fallen, nicht mitversichert. Es komme auf den Ursachenzusammenhang an: Ist der betreffende Vermögensschaden ein Schaden, der mit dem Personenschaden oder Sachschaden in einem ursächlichen Zusammenhang steht, so sei ein solcher Vermögensschaden als „unechter“ Vermögensschaden regelmäßig gedeckt.
Nach den hier vorliegenden Versicherungsbedingungen ist ein Sachschaden die Beschädigung oder Vernichtung von körperlichen Sachen. Eine Beschädigung liege nach Ansicht des OGH vor, wenn auf die Substanz einer (bereits bestehenden) Sache körperlich so eingewirkt wird, dass deren zunächst vorhandener Zustand beeinträchtigt und dadurch ihre Gebrauchsfähigkeit aufgehoben oder gemindert wird.
Im gegenständlichen Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass durch die Überprüfung der Leitung durch die Versicherungsnehmerin keine Verminderung oder Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit der Leitung erfolgt sei. Die Reparatur der Leitung sei lediglich unnötig gewesen, weil gar keine Undichtheit vorgelegen hatte und die Diagnose der Versicherungsnehmerin unrichtig war.
Schlussfolgerungen
Die infolge fehlerhafter Werkleistung (unrichtige Diagnose) frustrierten Reparaturkosten an einer körperlichen Sache sind nicht als Sachschaden im Sinne der Haftpflichtversicherungsbedingungen, sondern vielmehr als bloßer Vermögensschaden zu qualifizieren.
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