Die ARAG Rechtsschutzversicherung setzt zunehmend auf präventive Beratung, digitale Services und persönliche Betreuung. CEO Mag. Birgit Eder spricht im Interview mit AssCompact Herausgeber Franz Waghubinger über veränderte Kundenerwartungen, neue Tools und die gesellschaftliche Rolle des Rechtsschutzes.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 21.10.2025
Die letzten beiden Jahre waren für ARAG Österreich geprägt von einem tiefgreifenden digitalen Umbau. Das Unternehmen hat unter der Leitung von Mag. Birgit Eder zentrale Prozesse optimiert und neue Plattformen eingeführt, die Vermittlern den Alltag erleichtern sollen.
„Besonders im Bereich der Digitalisierung haben wir große Fortschritte gemacht – und das sowohl für unsere Kunden als auch für unsere Vertriebspartner. Ein zentraler Meilenstein war dabei der Launch unseres Partnerportals, das speziell für die Bedürfnisse unabhängiger Vermittler entwickelt wurde“, so Eder.
Neben einem neuen Tarifrechner und schlankeren Abläufen wurde auch verstärkt in Technologien investiert, die Effizienz ermöglichen. Diese Entwicklung sei laut Eder notwendig, um der steigenden Erwartungshaltung gerecht zu werden – insbesondere in einem Marktumfeld, das sich durch wirtschaftliche Unsicherheit und digitale Umbrüche stark gewandelt hat.
Künstliche Intelligenz mit Vorsicht und Bedacht
ARAG setzt bei der Integration Künstlicher Intelligenz nicht auf schnelle Effekte, sondern auf sinnvolle Unterstützung in ausgewählten Bereichen. „KI spielt bei uns eine Rolle im Hintergrund – etwa in der rechtlichen Recherche bei der Schadenbearbeitung oder als Unterstützung für unsere Juristen“, erklärt Eder. „Aber wir gehen dabei mit großer Vorsicht vor. In der Kundenkommunikation wollen wir KI nur ergänzend einsetzen – der persönliche Kontakt bleibt für uns zentral.“
Besonders im internationalen Konzernumfeld wird Legal Tech stark vorangetrieben. Für den österreichischen Markt betont Eder jedoch, dass Digitalisierung nicht auf Kosten der individuellen Betreuung gehen dürfe.
Veränderte Streitkultur und neue Produktansätze
Die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahre spiegelt sich laut Eder auch im Rechtsverhalten der Kunden wider. Immer öfter kommt es zu Streitfällen mit geringen Streitwerten, die dennoch mit großer Entschlossenheit ausgetragen werden. „Wir beobachten neue Arten von Streitigkeiten, die es in dieser Form früher nicht gegeben hat. Auffällig ist, dass sich Kunden zunehmend selbst bei geringen Streitwerten auf einen Rechtsstreit einlassen wollen. Um dieser Entwicklung wirksam zu begegnen, setzen wir verstärkt auf Beratung und präventive Maßnahmen wie Mediation“, erklärt Eder.
Der neue Privatrechtsschutz-Tarif, der 2025 eingeführt wurde, fokussiert sich deshalb verstärkt auf außergerichtliche Konfliktlösung. In sensiblen Bereichen wie dem Erbrecht wurden neue Tools eingeführt – darunter virtuelle Testamentshilfen und ein Erbquotenrechner.
Serviceangebote für Gründer und Vertriebspartner
ARAG arbeitet stetig daran, auch Vermittlern neue digitale Werkzeuge bereitzustellen. Ein Beispiel dafür ist ein neues Konvertierungstool, mit dem Altverträge effizient in neue Tarife überführt werden können. „Unsere Vertriebspartner können damit 180.000 Privatverträge mit wenigen Klicks konvertieren – inklusive Transparenz über Mehrleistungen und mögliche Verschlechterungen. Das Tool dient vor allem zur Bestandssicherung und wird sehr geschätzt“, so Eder.
Auch Gründer werden künftig durch KI-gestützte Businessplan-Services unterstützt, etwa in Kooperation mit simbly.ai. Damit will ARAG nicht nur neue Zielgruppen erschließen, sondern auch einen praxisnahen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilisierung leisten.
Die Rolle des Rechtsschutzes im Wandel
ARAG versteht sich nicht mehr nur als Kostenträger im Ernstfall, sondern zunehmend als präventiver Berater – ein Anspruch, der auch durch die steigenden Schadenkosten getrieben wird. „Der Kunde erwartet mehr als nur finanzielle Unterstützung. Er wünscht Beratung und Anleitung, um Streitigkeiten zu vermeiden“, erläutert Eder. „Mit unseren digitalen Services, automatisierten Tools, aber vor allem unseren Inhouse-Juristen und spezialisierten Partneranwälten sind wir dafür gut gerüstet.“
Gerade im Hinblick auf gesellschaftspolitische Entwicklungen wie steigende Gerichtskosten oder massenhafte Rechtsstreitigkeiten sieht Eder den Zugang zum Recht als zentrale Aufgabe für Rechtsschutzversicherer.
Strategische Ausrichtung auf Maklervertrieb
Auch wenn ARAG theoretisch den Direktvertrieb über die eigene Website ermöglicht, ist und bleibt die Zusammenarbeit mit unabhängigen Vermittlern laut Eder das strategische Rückgrat der Vertriebspolitik: „Diese Vertriebsschiene ist anspruchsvoll – und das ist auch gut so, denn sie fordert uns täglich heraus, in puncto Servicequalität, Beratung und Erreichbarkeit unser Bestes zu geben. Deshalb nehmen wir diese Partnerschaften sehr ernst und investieren laufend in Service und digitale Angebote.“
Das gesamte Interview lesen Sie in der AssCompact Oktober-Ausgabe!
Foto oben: Mag. Birgit Eder, CEO ARAG SE, Direktion für Österreich
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