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Unfallversicherung: OGH klärt Leistungsausschluss bei alkoholbedingtem Unfall

(Bild: © HN Works - stock.adobe.com)

Unfallversicherung: OGH klärt Leistungsausschluss bei alkoholbedingtem Unfall

06. Oktober 2025

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4 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Nach einem alkoholbedingten Sturz auf einem Faschingsball forderte ein Versicherungsnehmer Leistungen aus zwei Unfallversicherungsverträgen mit unterschiedlichen Bedingungswerken. Strittig war, ob die Alkoholisierung des Versicherten einen Leistungsausschluss gemäß den AUVB 1989 bzw. AUVB 2015 begründet. (7 Ob 100/25v)

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 06.10.2025

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestehen zwei Unfallversicherungsverträge. Einem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 1989) zugrunde, dem anderen Versicherungsvertrag die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 2015, Fassung 02/2016). Die AUVB 1989 lauten auszugsweise wie folgt:

„Artikel 17
Ausschlüsse
Ausgeschlossen von der Versicherung sind Unfälle
[…]
9. die der Versicherte infolge einer Bewußtseinsstörung erleidet, oder infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol, Suchtgifte oder Medikamente; [...]“

Die AUVB 2015, Fassung 02/2016, lauten auszugsweise wie folgt:

„Artikel 15
Ausschlüsse
In welchen Fällen zahlen wir nicht?
[…]
8. die die versicherte Person infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner psychischen oder physischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol, Suchtgifte oder Medikamente erleidet; […]“

Am 19.02.2023 konsumierte der Versicherungsnehmer auf einem Faschingsball alkoholische Getränke. Sein Blutalkoholwert betrug 1,9 Promille. Wegen seiner Alkoholisierung hat sich der Versicherungsnehmer dazu entschieden, auf einen etwa 1,10 bis 1,20 m hohen und etwa 60 bis 80 cm breiten Stehtisch zu klettern, um darauf zu tanzen. Beim nachfolgenden Sprung auf den Boden verletzte er sich. Der Versicherungsnehmer begehrte vom Versicherer die Zahlung von 53.313,51 Euro als Versicherungsleistung aus diesem Ereignis.

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 25.06.2025, Aktenzeichen 7 Ob 100/25v, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass der – einem verständigen Versicherungsnehmer ohne weiteres erkennbare – Sinn der gegenständlichen Ausschlussklauseln darin liege, solche Unfälle vom Versicherungsschutz auszunehmen, die Folge einer beim Versicherten schon vor dem Unfall vorhandenen, gefahrerhöhenden Beeinträchtigung und sich daraus ergebenden Einschränkung sind.

Die Bewusstseinsstörung oder Beeinträchtigung müsse, um einen Ausschluss von der Versicherung zu begründen, den Unfall verursacht haben, zumindest aber mitursächlich gewesen sein.

Die Grenzwerte der Alkoholisierung, ab dem der Ausschlusstatbestand der wesentlichen Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit erfüllt ist, seien verschieden, je nachdem, ob der Versicherte etwa Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger ist.

Wenn der Blutalkohol allein für die Annahme des Ausschlussgrundes noch nicht ausreicht, sei der Begriff der wesentlichen Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit danach zu bemessen, ob der Versicherte noch in der Lage ist, mit der jeweiligen Situation, in der er sich in der Zeit des Unfalls befindet, einigermaßen zurechtzukommen.

Im vorliegenden Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass der Versicherungsnehmer aufgrund seiner Alkoholisierung die Herausforderungen seines Sprungs an eine (erhöhte) Aufmerksamkeit und die – sich dann auch verwirklichende – Gefahr unterschätzt habe, in alkoholisiertem Zustand von einem Tisch zu springen und sturzfrei zu landen. Daraus folge die (Mit-)Ursächlichkeit der durch Alkohol beeinträchtigten Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers am Unfall. Nach Ansicht des OGH haben sich daher die beiden oben dargestellten – vom Versicherer zu beweisende – Ausschlussgründe verwirklicht.

Schlussfolgerungen

Der Grenzwert des Alkoholisierungsgrades, ab dem eine wesentliche Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit vorliegt, hängt davon ab, ob die vom alkoholisierten Versicherungsnehmer ausgeübte Tätigkeit besondere Anforderungen an die Aufnahmefähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit stellt oder nicht.

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