Ein Versicherungsnehmer montierte ohne Fachkenntnisse in Eigenregie ein Geländer für eine Dachterrasse, das in weiterer Folge von einem Sturm beschädigt wurde. Laut Gutachten konnte das Geländer aufgrund einer unzureichenden Holverschreibung dem Wind nicht standhalten. Die Wohnhaus- und Eigenheimversicherung lehnte deshalb eine Zahlung aus der Glasbruch- und Sturmversicherung ab. Der Versicherungsnehmer klagte.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 12/15/2021
Ein Versicherungsnehmer hat mit der beklagten Versicherung eine Wohnhaus- und Eigenheimversicherung abgeschlossen, von der auch Sturmschäden umfasst sind. Nach Vertragsabschluss errichtete der Versicherungsnehmer auf dem flachen Dach einer bestehenden Garage eine Terrasse samt dazugehörigem Metallgeländer mit Glaselementen. In der baubehördlichen Bewilligung wurden dem Versicherungsnehmer insofern Auflagen erteilt, als die Ausführung entsprechend den statischen Erfordernissen durch befugte Unternehmer unter Einhaltung des Baugesetzes sowie der sonst geltenden Normen zu erfolgen hat. Entgegen diesen baubehördlich angeordneten Auflagen wurde allerdings die Montage des Geländers vom Versicherungsnehmer ohne jegliche Fachkenntnisse in Eigenregie durchgeführt. In weiterer Folge wurde das Geländer infolge eines Sturmereignisses beschädigt. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten erfolgte die vom Versicherungsnehmer in Eigenregie durchgeführte Montage mittels unzureichender Holzverschraubung. Dadurch war die nach den anzuwendenden Normen erforderliche Lastannahme weder hinsichtlich der Windslast noch hinsichtlich der Holmlastvorgabe erfüllt und lag die Überlastung um das 8,8-Fache über der Norm. Diese unsachgemäße Montage war ursächlich dafür, dass das Geländer der am Schadenstag aufgetretenen Windstärke nicht Stand hielt. Nachdem die Versicherung eine Zahlung aus der Glasbruch- und Sturmversicherung abgelehnt hatte, versuchte der Versicherungsnehmer seine Ansprüche mittels Klage geltend zu machen.
Wie ist die Rechtslage?
Gemäß § 23 Abs 1 VersVG darf der Versicherungsnehmer nach Abschluss des Vertrages ohne Einwilligung des Versicherers keine Erhöhung der Gefahr vornehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist eine solche Gefahrenerhöhung eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsabschluss tatsächlich vorhandenen gefahrenerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht und den Versicherer deshalb vernünftigerweise veranlassen kann, die Versicherung aufzuheben oder nur gegen erhöhte Prämie fortzusetzen. Darunter wird ein Gefährdungsvorgang verstanden, der seiner Natur nach geeignet ist, einen neuen Gefahrenzustand von so langer Dauer zu schaffen, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Schadenverlaufs bilden kann und damit den Eintritt des Versicherungsfalls generell zu fördern geeignet ist. Verstöße gegen (polizeiliche) Sicherheitsvorschriften, zu denen auch Auflagen der zuständigen Baubehörde zählen, stellen die wichtigste Gruppe von Gefahrenerhöhungen dar. Die Gefahrenerhöhung muss vom Versicherungsnehmer schuldhaft erfolgen, wobei dafür bereits leichte Fahrlässigkeit schadet.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch: „Im vorliegenden Fall kam der Oberste Gerichtshof (7 Ob 7/21m) zum klaren Ergebnis, dass der Verstoß gegen die baubehördlich angeordneten Auflagen (unsachgemäße Montage in Eigenregie) die Wahrscheinlichkeit für den Versicherungsfall in der Glasbruch- und Sturmversicherung erhöht hat. Dem Versicherungsnehmer ist daher die Vornahme einer Gefahrenerhöhung im Sinne des § 23 Abs 1 VersVG schuldhaft anzulasten. Aufgrund dieser schuldhaften Erhöhung der Gefahr bestand für die beklagte Versicherung Leistungsfreiheit.“
Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: ©Olesia Bilkei – stock.adobe.com
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