Ein schweres Hagelgewitter löste am Hang über einem Wohnhaus eine Mischung aus Hagel und Schmelzwasser, die den Keller überflutete. Der Eigentümer verlangte Deckung aus seiner Gebäudeversicherung – der Versicherer lehnte ab. Vor dem OGH ging es um die Frage, ob ein gedeckter Hagelschaden vorlag oder lediglich ein nicht versicherter Wasserschaden. (7 Ob 214/24g)
Artikel von:
Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Zwischen dem Versicherungsnehmer (Eigentümer eines Wohnhauses in Hanglage auf 920 Meter Seehöhe) und dem Versicherer bestand ein Gebäudeversicherungsvertrag, der unter anderem die Gefahren Sturm, Hagel und Schneedruck umfasste. Die Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:
„Artikel 1
Versicherte Gefahren und Schäden
1. Versicherte Gefahren
[...]
1.2. Hagel; Hagel ist ein wetterbedingter Niederschlag in Form von Eiskörnern.
1.3. Schneedruck; Schneedruck ist die Kraftwirkung durch natürlich angesammelte ruhende Schnee- oder Eismassen.
[...]
2. Versicherte Schäden
Versichert sind Sachschäden, die
2.1. durch die unmittelbare Einwirkung einer versicherten Gefahr (Schadenereignis) eintreten.
[...]
2.2. als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses eintreten;
[...]
Artikel
Nicht versicherte Schäden
Nicht versichert sind, auch nicht als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses:
[...]
4. Schäden durch Wasser und dadurch verursachten Rückstau.
Schäden durch Schmelz- oder Niederschlagswasser sind aber versichert, wenn das Wasser dadurch in ein Gebäude eindringt, dass feste Baubestandteile oder ordnungsgemäß verschlossene Fenster oder Außentüren durch ein Schadenereignis beschädigt oder zerstört wurden.“
Am 16.08.2021 ereignete sich ein schweres Gewitter mit Hagelschlag. Der Hagel sammelte sich auf dem Gelände und rutschte dann als eine gesammelte Masse (diese enthielt auch Hangwasser) den Hang hinunter auf das Anwesen des Versicherungsnehmers zu. Die Masse füllte den Kellerabgang. Der äußere Füllstand an der Außentreppe übte Druck auf die Kellertür aus. Das Türblatt verformte sich, die Tür versagte, und das Wasser/Schmelzwasser drang ungehindert in die Kellerräume ein und verursachte dort Schäden. Das Versagen der Tür trat kurz nach der Füllung mit der vorwiegend festen (Hagel-)Masse bei steigendem Porenwasserdruck durch Abschmelzung ein.
Der Versicherungsnehmer forderte von der Versicherung Deckung für die Schäden durch den Wassereintritt. Der Versicherer lehnte ab. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).
Wie ist die Rechtslage?
Der OGH führte in seiner Entscheidung vom 19.02.2025, Aktenzeichen: 7 Ob 214/24g, zunächst aus, dass die Gefahr „Schneedruck“ (Art 1.1.3) definiert ist, als Krafteinwirkung durch natürlich angesammelte ruhende Schnee- oder Eismassen. Im vorliegenden Fall sei die Hagel- und Schmelzwassermasse innerhalb kürzester Zeit über den Hang abgerutscht. Sie sei lediglich durch das Hindernis der Kellertür kurz zum Stillstand gekommen, bevor sie diese eindrückte. Dies sei nicht mit den normalen, mit freiem Auge nicht erkennbaren Kriech- und Gleitvorgängen einer ansonsten ruhenden Schnee- bzw. Eisdecke vergleichbar. Im vorliegenden Fall stelle daher diese Masse keine „ruhende Schnee- oder Eismasse“ im Sinne des Schneedruck-Begriffs dar.
Zur unmittelbaren Einwirkung (Art 1.2.1) der Gefahr „Hagel“ (Art 1.1.2) führte der OGH aus, dass die spezifische Gefahr des Hagels im Aufprall der fallenden Eiskörner liege. Sobald der Hagel auf der Erde liegt, bestehe diese Gefahr nicht mehr. Der gegenständliche Schaden sei nicht durch den Aufprall des Hagels, sondern erst durch die in Bewegung geratene Masse (Hagel und Schmelzwasser) und deren Eindringen entstanden. Im vorliegenden Fall liege daher keine unmittelbare Einwirkung durch Hagel vor.
Schäden durch Schmelz- oder Niederschlagswasser seien nur versichert, wenn das Wasser eindringt, weil feste Baubestandteile (hier: die Außentür) durch ein Schadenereignis beschädigt oder zerstört wurden. Der Begriff „Schadenereignis“ sei in den Bedingungen als Schaden definiert, der durch die unmittelbare Einwirkung einer versicherten Gefahr eintritt.
Voraussetzung für die Deckung für Schäden durch Schmelz- oder Niederschlagswasser wäre nach Ansicht des OGH gewesen, dass die Tür durch die unmittelbare Einwirkung der versicherten Gefahr „Hagel“, somit durch Aufprall der fallenden Eiskörner, beschädigt wurde. Da dies auf den gegenständlichen Fall gerade nicht zutrifft, greife der Wiedereinschluss von Schmelz- oder Niederschlagswasserschäden nicht.
Schlussfolgerungen
Der Schaden durch den Hangrutsch von Hagel und Schmelzwasser ist im vorliegenden Fall nicht vom Versicherungsschutz gedeckt, da der Hagel weder eine ruhende Eismasse (Schneedruck) darstellt, noch der Wassereintritt eine unmittelbare Einwirkung des Hagels war. Da die Außentür nicht direkt durch den Aufprall von Hagelkörnern beschädigt wurde, greift auch der enge Wiedereinschluss für Schmelz- und Niederschlagswasser nicht, wodurch es beim generellen Ausschluss für solche Wasserschäden bleibt.
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