Ein Jugendlicher verletzt sich bei einem Fahrsicherheitstraining mit einem Trial-Motorrad – doch der Unfallversicherer verweigert die Leistung mit Verweis auf eine fehlende Lenkberechtigung. Die zentrale Frage: Gilt die Führerscheinklausel auch für Schulungsfahrzeuge, die ausschließlich abseits öffentlicher Straßen genutzt werden? Ein aktuelles Urteil bringt Klarheit. (7 Ob 7/24s)
Artikel von:

Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Der damals 15-jährige Sohn des Versicherungsnehmers erlitt im Zuge der Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining in einem Trialgarten einen Unfall.
Zum Unfallszeitpunkt bestand zwischen den Parteien ein Unfallversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2019 (AUVB 2019) zugrunde liegen und im Rahmen dessen für den Versicherungsfall der dauernden Invalidität der Sohn des Klägers auf fremde Rechnung mitversichert war.
Die AUVB 2019 lauten auszugsweise:
„Artikel 21 – Was ist vor Eintritt eines Versicherungsfalles zu beachten? Was ist nach Eintritt eines Versicherungsfalles zu tun?
Obliegenheiten Als Obliegenheiten werden vereinbart:
1. Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles:
1.1 Die versicherte Person hat als Lenker eines Kraftfahrzeuges die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeuges erforderlich wäre, zu besitzen; dies gilt auch dann, wenn dieses Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird. [...]“
Der Sohn verfügte nur über eine Lenkberechtigung für Motorfahrräder/vierrädrige Leichtfahrzeuge, nicht aber über eine solche für Motorräder mit einem Hubraum von 125 Kubikzentimeter. Die verwendeten Trial-Motorräder sind leistungsreduzierte Schulungsmotorräder und haben einen Hubraum von 80 Kubikzentimeter und 125 Kubikzentimeter. Sie sind ausschließlich für den Offroad-Bereich konzipiert, werden nur auf der Wiese gefahren und dienen dem Üben der Fahrtechnik. Der Sohn kam während des Fahrsicherheitstrainings zu Sturz und verletzte sich am Fuß, was zu einer dauernden Invalidität im Ausmaß von 6 % des Beinwerts führte.
Der Kläger begehrte vom Unfallversicherer die Zahlung der Versicherungsleistung. Die Führerscheinklausel sei nicht auf zulassungsunfähige Motorräder anwendbar, die nur abseits öffentlicher Straßen zu Sport- und Freizeitzwecken verwendet werden dürften.
Der Versicherer wendete ein, der mitversicherte Sohn wäre als Lenker eines Kraftfahrzeugs gemäß Art 21 AUVB 2019 verpflichtet gewesen, die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Fahrzeugs erforderlich wäre, zu besitzen. Dies gelte auch dann, wenn das Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt werde. Diese Obliegenheit habe der Versicherte verletzt, indem er ein Kraftfahrzeug ohne die entsprechende Lenkberechtigung gelenkt habe. Der Versicherer sei deshalb leistungsfrei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Für das vom Sohn benutzte Trial-Motorrad sei schon aufgrund dessen Beschaffenheit und des Verwendungszwecks keine Lenkberechtigung erforderlich. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.
Wie ist die Rechtslage?
In seiner Entscheidung vom 6.3.2024, Aktenzeichen: 7 Ob 7/24s, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst zu Art 21.1.1 AUVB 2019 aus, dass die versicherte Person als Lenker eines Kraftfahrzeugs über die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung für das Lenken dieses oder eines typengleichen Fahrzeugs verfügen muss. Diese Führerscheinklausel hat auch für Fahrten auf nichtöffentlichem Grund Geltung.
Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer versteht die Führerscheinklausel in diesem Sinne. Irrelevant ist hingegen, dass nach § 1 Abs 1a Z 3 FSG Kraftfahrzeuge, die bei einer kraftfahrsportlichen Veranstaltung und ihren Trainingsfahrten auf einer für den übrigen Verkehr gesperrten Straße verwendet werden, für die Dauer einer solchen Veranstaltung vom Anwendungsbereich des FSG ausgenommen sind. Diese Fahrten sind laut OGH dennoch von der Führerscheinklausel nach Art 21.1.1 AUVB 2019 umfasst. Da dem Versicherer damit der Beweis der Obliegenheitsverletzung gelungen ist, ist dieser leistungsfrei.
Schlussfolgerungen
Die vertraglich vereinbarte Führerscheinklausel nach Art 21.1.1 AUVB 2019 gilt auch für solche Fahrten mit einem KFZ, für welche nach dem Gesetz kein Führerschein erforderlich ist. Bei Fahrten auf Privatgrund, bei Trainingsfahrten oder bei Wettbewerben wird die Versicherung leistungsfrei, wenn der Lenker nicht über die erforderliche Lenkberechtigung verfügt.
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