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Die Rechtsschutzversicherung – Perspektiven 2030

(Bild: ©xyz+ - stock.adobe.com)

Die Rechtsschutzversicherung – Perspektiven 2030

12. Juni 2025

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6 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Die Rechtsschutzversicherung steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Zwei Branchenexperten – Andreas Heinsen aus Deutschland und Mag. Birgit Eder aus Österreich – geben Einblicke in Entwicklungen bis 2030. Der Beitrag beleuchtet die Herausforderungen und Chancen durch Digitalisierung, verändertes Kundenverhalten und neue Rechtsrisiken – und zeigt, wie sich die Sparte vom reinen Kostenträger zum modernen Rechtsdienstleister entwickeln könnte.

Artikel von:

Dr. Helmut Tenschert

Dr. Helmut Tenschert

Versicherungsmakler und unabhängiger und zertifizierter Bildungsträger für Versicherungsmakler und -agenten

Wenn ich auf meine mittlerweile mehr als 45 Jahre andauernde Zeit zurückblicke, in der ich mich mit der Sparte Rechtsschutz im Versicherungswesen beschäftige, stelle ich fest, dass die letzten drei Jahre mehr an Veränderungen mit sich gebracht haben, als die Jahrzehnte davor.

Lange Zeit hindurch war eine eher kontinuierliche Entwicklung zu registrieren, zwar immer wieder unterbrochen durch einschneidende einzelne Veränderungen, wie beispielsweise die Einführung der Indizierung der Prämien nach dem Verbraucherpreisindex Ende der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, die große Aufregung ausgelöst hat. Insgesamt gesehen aber doch, verglichen mit heute, eine ruhig verlaufende bis gemächliche Phase.

Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit in der Branche umfassten die damals gültigen ARB aus 1965 gerade einmal sechs Seiten, bis heute ist das Volumen auf 46 Seiten und mehr angewachsen.

War es früher die Herausforderung, der Bevölkerung die Sinnhaftigkeit einer Absicherung der Kosten von Rechtsstreitigkeiten näherzubringen, steht heute mehr im Fokus, mit der außer Rand und Band geratenen Regulatorik in sämtlichen Rechtsbereichen zurechtzukommen, die im Verein mit zugenommenen Begehrensneurosen hohe Ansprüche an Produktgestaltung und Prämiengröße mit sich bringt.

Ich habe daher zwei absolute Profis zu dieser Versicherungsform um ihre Einschätzung der Zukunftswege gebeten.

Entwicklungen in Deutschland

Richten wir zunächst einmal den Blick nach Deutschland, dem Stammland der Rechtsschutzversicherung. Andreas Heinsen, seit 1990 in verschiedensten Leitungsfunktionen bei mehreren Gesellschaften, davon 25 Jahre als Vorstand der ÖRAG, einem der größten deutschen Rechtsschutzversicherer aus dem Sparkassen-Finanzverbund. In dieser Funktion war er Mitglied der Rechtsschutzkommission im GDV, dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft, zugelassener Rechtsanwalt und bis heute aktiver Manager, der sich mit Rechtsschutz Spezial- und Verbandslösungen beschäftigt. Seine Erwartungshaltung zur weiteren Entwicklung des Rechtsmarktes in Deutschland und der Sparte Rechtsschutz lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Laufend steigende Rechtskosten, zuletzt Anfang 2025 mit der Anpassung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) in Verbindung mit zusätzlich inflationären Auswirkungen belasten die Geschäftsergebnisse der Versicherer und drohen in Verlusten zu münden, sofern nicht taugliche Maßnahmen ergriffen werden. Harte Beitragsanpassungen über die Treuhänderregelungen sind ein klassischer, aber die Kunden und Vertriebe belastender Weg.

Er sieht eine Transformation des Rechtsschutz-Geschäftsmodells von einer „Legal Expenses Insurance“ zur „Legal Protection Insurance“, also vom klassischen Prozesskostenversicherer hin zum begleitenden Rechtsdienstleister.

Die Rechtsschutzwelt habe sich trotz dieser Restriktionen bereits stark verändert und wird das auch in Teilen im Geleitzug des Rechtsmarktes weiterhin disruptiv tun. Gemeint ist der aktive Einsatz der eigenen Kunden-, Vertriebs- und Kapitalstärken, oder auch strategische Kooperationen untereinander bzw. mit LegalTechs, um das Produkt Rechtsschutz lebbarer für die Verbraucher und Firmenkunden zu machen. Rechtsschutz zur Erlebnis- und Konfliktlösungversicherung mit vielen Vorsorge- und Streitschlichtungsangeboten zu entwickeln, um dadurch auch neue Marktsegmente zu erschließen, darin sieht Andreas Heinsen die Mission für die nächste Jahre.

Österreichs Perspektive

Dafür habe ich die Meinung einer ebenso kompetenten, erfahrenen wie auch langjährig erfolgreich tätigen Managerin eingeholt, bei Frau Mag. Birgit Eder, der CEO von ARAG Österreich. Auch sie hat eine klare Meinung für eine erfolgversprechende Zukunft. Bedingt durch zu erwartende Herausforderungen und zu deren Bewältigung zu erarbeitende strategische Impulse. Mit neuen Massenschäden zu geringen Streitwerten wird zu rechnen sein. So etwa digital unterstützte Abmahnwellen im Bereich von Datenschutzverletzungen oder die unklare Rechtslage rund um Servicepauschalen von Handyverträgen.

Hier sind automatisierte Tools zur Fallbearbeitung, wie Chatbots und digitale Antragsstrecken, gleich gefordert wie spezialisierte Teams zur Klärung standardisierter Rechtsfragen.

Weiter messbar gestiegen ist die Streitbereitschaft in der Bevölkerung und mit ihr die Nachfrage nach rechtlicher Unterstützung. Dem zu begegnen wurde bereits vorausschauend begonnen, sich vom reinen Kostenträger zum aktiven Präventions- und Beratungsdienstleister zu entwickeln.

Eine immer größere Rolle spielen außergerichtliche Streitbeilegungen, insbesondere im Familienrecht, Arbeitsrecht oder Nachbarschaftsrecht.

Der Einsatz digitaler Hilfsmittel, wie Erbquotenrechner, virtuelle Testamentserstellung oder Vertragsprüfungsdienste, welche Kunden eigenständig nutzen können, tut ein Übriges, um präventiv zu wirken.

Wichtig wird ein niederschwelliger Zugang zur Rechtsdurchsetzung auf allen Kanälen sein. Erreichbarkeit und Nutzerfreundlichkeit der Versicherungsdienste als Parameter für den Erfolg. Schnelle Antworten sind gefragt, ob via Handy, Chat, Video-Call oder per Mail.

Fazit

Rechtsschutz wird persönlicher, digitaler und präventiver. Vom passiven Kostenträger zu einem proaktiven Rechtspartner. Wer künftig erfolgreich sein möchte, muss nicht nur rechtlich absichern, sondern auch beraten, begleiten und befähigen. So wird aus Rechtsschutz echte Rechtssicherheit – für alle.

In Kernbereichen ist die Beurteilung zukünftiger Wege der Rechtsschutzversicherung zwischen deutschen und österreichischen Anbietern nur unwesentlich anders, die gleichen Sichtweisen überwiegen klar. Den Sichtweisen von Birgit Eder und Andreas Heinsen schließe ich mich jedenfalls überzeugt und positiv gerne an, 2030 kann kommen.

Den gesamten Beitrag lesen Sie in der AssCompact Juni-Ausgabe!

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