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Acredia: Europäische Firmen binden mehr Kapital in Lieferketten

(Bild: © Acredia/M.Draper)

Acredia: Europäische Firmen binden mehr Kapital in Lieferketten

20. Juni 2025

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3 Min. Lesezeit

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Finanzen

Der Betriebskapitalbedarf von Unternehmen weltweit ist 2024 auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise gestiegen. Besonders europäische Firmen finanzieren verstärkt ihre Lieferketten selbst, während US-Konzerne liquide Mittel lieber an Aktionäre zurückführen. Das zeigt eine aktuelle Analyse von Acredia in Zusammenarbeit mit Allianz Trade.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 20.06.2025

Der weltweite Bedarf an Betriebskapital hat 2024 einen neuen Höchstwert erreicht. Laut der gemeinsamen Analyse von Acredia und Allianz Trade verlängerte sich der durchschnittliche Zahlungseingang (Days Sales Outstanding, DSO) global von 76 auf 78 Tage – der höchste Stand seit 2008. In Westeuropa stieg der Wert sogar um vier Tage, zum dritten Mal in Folge. Gleichzeitig sank der Bedarf in den USA, vor allem durch den Abbau von Lagerbeständen und eine effizientere Finanzsteuerung.

Gudrun Meierschitz, Vorständin der Acredia Versicherung:

"Im vierten Quartal 2024 verzeichneten 35 Prozent der analysierten Unternehmen weltweit ein WCR von über 90 Tagen. Während europäische Unternehmen Kapital in der Lieferkette binden, nutzen US-Konzerne freigewordene Mittel für großzügige Rückflüsse an Investoren. Allein im ersten Quartal 2025 wurden Aktienrückkäufe im Wert von 234 Mrd. US-Dollar angekündigt – ein Trend, der sich auf über 1 Bio. US-Dollar im laufenden Jahr zuspitzen könnte."

Besonders stark stieg der Betriebskapitalbedarf in den Bereichen Transport, Chemie, Energie, Einzelhandel, Maschinenbau, Metall sowie IT und Software. Nur wenige Branchen verzeichneten Rückgänge: in Europa etwa die Papierindustrie, der B2C-Dienstleistungssektor und die Hotellerie.

Wachsende Rolle europäischer Unternehmen als Kreditgeber

Als Hauptursache für die gestiegene Kapitalbindung nennt Acredia die verlängerten Zahlungsziele. Diese nahmen stärker zu als der Betriebskapitalbedarf insgesamt. Während Lagerbestände stabil blieben und die Zahlungsziele gegenüber Lieferanten nur leicht zunahmen, stiegen in Europa die Außenstände deutlich. Laut Acredia stellen europäische Unternehmen zunehmend Handelsfinanzierung bereit – allein zwischen dem vierten Quartal 2024 und dem ersten Quartal 2025 rund 11 Mrd. Euro zusätzlich. Das entspreche etwa dem monatlichen Neugeschäft der Banken und bedeute einen erheblichen Spagat zwischen Kundenbindung und Liquidität.

Ein möglicher Handelskonflikt – wie zuletzt im Umfeld des sogenannten „Liberation Day“ – könnte die Situation verschärfen. Acredia erwartet bei einer Eskalation zusätzlichen Finanzierungsbedarf von bis zu 8,5 Mrd. Euro in Europa und 15,5 Mrd. US-Dollar in den USA, allein zur Abdeckung von drei weiteren Tagen Umsatzbindung. Sollte gleichzeitig das Zinsniveau um einen Prozentpunkt steigen, würde der Kapitalbedarf laut Acredia sogar auf bis zu 14 Mrd. Euro bzw. 26 Mrd. US-Dollar anwachsen.

Foto oben: Gudrun Meierschitz, Vorständin der Acredia Versicherung

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