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Lebensversicherung: Die Tücken des Bezugsrechts

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Lebensversicherung: Die Tücken des Bezugsrechts

28. Juli 2025

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4 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Eine Versicherungsnehmerin setzte in ihrer Lebensversicherung ihre beiden Söhne als Bezugsberechtigte ein. Nach ihrem Tod meldete eine andere Person Anspruch auf die Versicherungsleistung und verwies auf eine frühere Vereinbarung mit der Verstorbenen. Diese war dem Versicherer jedoch nicht rechtzeitig bekannt gegeben worden. Strittig ist nun, ob die Bezugsrechtsänderung wirksam wurde. (7 Ob76/25i)

Artikel von:

Dr. Roland Weinrauch

Dr. Roland Weinrauch

Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/

Im Jahr 2006 schloss eine Versicherungsnehmerin bei einem Versicherer eine Lebensversicherung ab und setzte ihre beiden Söhne jeweils zu 50% als Bezugsberechtigte im Todesfall ein. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung zugrunde, die eine präzise Regelung zum Bezugsrecht enthalten. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

„§ 15 Wer erhält die Versicherungsleistung?
(1) Die Leistung aus dem Versicherungsvertrag erbringen wir an Sie als unseren Versicherungspartner oder an ihre Erben, falls Sie uns keine anderen Personen genannt haben, die bei Eintritt des Versicherungsfalls die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag erwerben sollen (Bezugsberechtigter). Bis zum Eintritt des Versicherungsfalls können Sie das Bezugsrecht jederzeit widerrufen.
[...]
(4) Die Einräumung bei Widerruf eines widerruflichen Bezugsrechts (vgl Abs 1) sowie eine Abtretung oder Verpfändung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag sind uns gegenüber nur und erst dann wirksam, wenn sie uns vom bisherigen Berechtigten schriftlich angezeigt werden. Der bisherige Berechtigte sind in dem Fall Sie; es können aber auch andere Personen sein, sofern Sie bereits vorher Verfügungen vorgenommen haben.“

Nach dem Ableben der Versicherungsnehmerin behauptete ein Dritter, dass die Versicherungsnehmerin das Bezugsrecht bereits 2015 zu seinen Gunsten geändert habe. Bis zum Eintritt des Versicherungsfalls erfolgte an den Versicherer keine Anzeige über die Einräumung eines Bezugsrechts an den Dritten und auch kein damit verbundener Widerruf des Bezugsrechts der Söhne. Die Übermittlung der „Übertragungsvereinbarung“ an den Versicherer erfolgte erst nach dem Tod der Versicherungsnehmerin. Der Dritte forderte daraufhin die Versicherungsleistung in der Höhe von EUR 100.000,00 ein, während der Versicherer auf dem Standpunkt blieb, dass die Änderung des Bezugsberechtigten ihm gegenüber nicht wirksam geworden ist.

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 21.05.2025, 7 Ob76/25i, stellte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst klar, dass das Bezugsrecht bei einer Lebensversicherung ein Gestaltungsrecht des Versicherungsnehmers ist, das durch eine formfreie, einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird. Derjenige, der dem Versicherer als Bezugsberechtigter bekannt gegeben wird, gilt bis zu einem möglichen Widerruf als begünstigte Person. Das soll einerseits dem Versicherungsnehmer die freie Verfügbarkeit bezüglich der Begünstigung einräumen und andererseits den Versicherer davor schützen, dass er, obwohl er der Auszahlung der ihm bekanntgegebenen Begünstigung entsprochen hat, von dem ohne seine Kenntnis an die Stelle des bisher Begünstigten Gesetzten neuerlich in Anspruch genommen wird.

Im konkreten Fall hatte die Versicherungsnehmerin ihre beiden Söhne ausdrücklich und nachvollziehbar als Bezugsberechtigte genannt. Eine spätere Änderung zugunsten des Dritten wurde dem Versicherer nicht rechtzeitig vor dem Versicherungsfall mitgeteilt.

Der OGH kam daher zu dem Schluss, dass die vertragliche Vereinbarung zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Dritten aus dem Jahr 2015 keine Wirkung gegenüber dem Versicherer entfaltete.

Schlussfolgerungen

Eine Änderung des Bezugsrechts im Verhältnis zum Versicherer entfaltet keine Wirkung, sofern die mit dem Versicherer vertraglich vereinbarten Mitteilungspflichten nicht erfüllt wurden. Mit Eintritt des Versicherungsfalls realisiert sich das Bezugsrecht. Der bis dahin, dem Versicherer wirksam bekanntgegebene, widerruflich eingesetzte Bezugsberechtigte erwirbt den Anspruch auf die Versicherungsleistung unwiderruflich. Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt des Todesfalls der gültige Bezugsberechtigte feststeht und ein späterer Versuch, das Bezugsrecht zu ändern, wirkungslos ist.

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