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Hagelversicherung/WIFO: Durch Bodenverbrauch kommt es zu Verlust der Produktionsgrundlage

Hagelversicherung/WIFO: Durch Bodenverbrauch kommt es zu Verlust der Produktionsgrundlage

21. Juli 2023

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5 Min. Lesezeit

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Recht & Wissen

Eine aktuelle WIFO-Studie „Bodenverbrauch nimmt uns Essen vom Teller“ wurde im Rahmen eines Pressegesprächs von Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Hagelversicherung, und dem Autor der Studie, DI Dr. Franz Sinabell, vorgestellt. Sie besagt, dass mit dem Verlust der Ackerfläche seit der Jahrtausendwende eine halbe Million Menschen hätte ernährt werden können.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 7/21/2023

Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Hagelversicherung, und DI Dr. Franz Sinabell:

"Durch den Bodenverbrauch kommt es zu einem Verlust der Produktionsgrundlage und somit zu einer Gefährdung der heimischen Lebensmittelversorgung. Das ist auch eine Frage der nationalen Sicherheit! Daher muss es das oberste Ziel Österreichs sein, die Lebensgrundlage Boden zu erhalten, nicht durch Verbauung weiter zu zerstören und die Selbstversorgung Österreichs mit heimischen Lebensmitteln aufs Spiel zu setzen. Hier herrscht jedenfalls Handlungsbedarf“, Der anerkannte WIFO-Agrarexperte berechnete, wie viele Menschen durch den Verlust der Ackerfläche seit der Agrarstrukturerhebung 1999 ernährt hätten werden können."

Österreich zählt zu jenen Ländern, in denen der Flächenverbrauch, also die Verbauung von Flächen, im internationalen Vergleich sehr hoch ist. In den beiden zurückliegenden Jahrzehnten wurden annähernd 130.000 Hektar Ackerfläche verbaut. Gleichzeitig gibt es seit Jahren Initiativen und Bemühungen, die Verbauung einzuschränken, so etwa im Programm der Bundesregierung mit dem Ziel, den täglichen Verbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar einzuschränken. Daten zum aktuellen Flächenverbrauch deuten darauf hin, dass dieses Ziel verfehlt werden wird. Die Vorteile der Verbauung sind jenen unmittelbar einsichtig, die sie vorantreiben: Sei es die Bereitstellung von Flächen zur Deckung von Wohnbedürfnissen, von Betriebsstätten oder zur Errichtung von Sportanlagen zur Erholung und von Straßen, die für die Zugänglichkeit dieser Anlagen nötig sind. Die Nachteile der Verbauung liegen nicht so evident auf der Hand. Zu ihnen zählen neben dem Verlust von naturnahen Flächen und den damit verbundenen Ökosystemleistungen die Einschränkung des Produktionspotentials und der Versorgungssicherheit. In der WIFO-Studie wird die Dringlichkeit der Begrenzung des Flächenverbrauchs dargestellt, um den Verlust der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln einzudämmen.

DI Dr. Franz Sinabell fasst zusammen:

"Das Augenmerk liegt auf Ackerland, weil darauf Nahrung erzeugt werden kann, die dem Menschen unmittelbar zugänglich ist. Die Ergebnisse zeigen, dass das Ackerland zwischen 1999 und 2020 um über 72.000 Hektar abgenommen hat. Im selben Zeitraum verringerte sich die Fläche des Ackerlandes von 1.750 auf 1.460 m2 pro Person. Dieser Rückgang setzt sich einerseits aus dem Verlust von Ackerland und andererseits aus dem Anstieg der Bevölkerung zusammen. Umgerechnet in Versorgungsleistung bedeutet der Rückgang des Ackerlandes, dass in Österreich binnen 20 Jahren etwa 480.000 Menschen pro Jahr weniger ernährt werden können."

Kurt Weinberger:

"Die Verbauung ist das größte Umweltproblem in Österreich. Tag für Tag sinkt durch die Zerstörung unserer Äcker und Wiesen der Selbstversorgungsgrad und Österreich wird zunehmend von Importen abhängig und somit verletzbar. Bei Kartoffeln haben wir mittlerweile nur mehr 80 Prozent Selbstversorgung und beim Brotgetreide rund 90%. Daher sage ich: Der Boden ist essentiell zur Lebensmittelproduktion. Um nicht einen kollektiven Selbstmord zu begehen und uns in Abhängigkeiten zu begeben, müssen wir - wie in der Schweiz - den produktivsten Böden ein absolutes Bauverbot auferlegen, um die Ernährungssicherung der Bevölkerung auch in Zukunft sicherzustellen. Von Beton können wir uns jedenfalls nicht ernähren. Der gesetzliche Schutz von Agrarflächen ist aber nur eine Maßnahme. Die geplante Bodenschutzstrategie bietet nach den Prinzipien ‚Vermeiden, Wiederverwerten, Minimieren‘ zwar ein Maßnahmenbündel zur Zielerreichung von 2,5 Hektar pro Tag an. Sie braucht aber verbindliche, quantitative Zielwerte. Wenn wir das Land mit dem Tempo wie in den letzten Jahren und Jahrzehnten weiter zubetonieren, dann gibt es in 200 Jahren keine Landwirtschaft mehr in Österreich."

Appell von Weinberger und Sinabell:

"Bei der gegenwärtigen Situation hängt ein Damoklesschwert über unserer autonomen Grundversorgung. Denn ohne Böden keine Landwirtschaft, ohne Landwirtschaft kein Essen und ohne Essen kein Leben. Diesen einfachen Grundsatz sollten wir endlich verstehen. Daher brauchen wir rasch eine Kurskorrektur: Stoppen wir den Bodenverbrauch, sichern wir so unser Essen."

Foto oben v.l.n.r.: DI Dr. Franz Sinabell, Autor der WIFO-Studie „Stoppen wir den Bodenverbrauch, sichern wir so unser Essen!“, und Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Hagelversicherung

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