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„Dingliche Rechte“ im Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete

(Bild: ©peterschreiber.media - stock.adobe.com)

„Dingliche Rechte“ im Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete

22. Juli 2025

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6 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Die Absicherung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Grundstücken, Gebäuden oder sonstigen Liegenschaftsobjekten ist ein wesentlicher Bestandteil der Rechtsschutzversicherung im Bereich Grundstückseigentum und Miete (GMRS). Ein zentraler Teilbereich davon ist der Deckungsbaustein „Wahrnehmung rechtlicher Interessen … aus dinglichen Rechten“. Für Vermittler wie auch Schadenreferenten stellt sich in der Beratungs- und Schadenabwicklungspraxis oft die Frage, wann dieser Sub-Baustein greift und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sich daraus auch tatsächlich Versicherungsschutz ableiten lässt.

Artikel von:

Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA

Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA

Fachverbandsgeschäftsführer der Versicherungsmakler und Lektor an der Donau Uni Krems, WU-Wien und Juridicum Wien

1. Was sind „dingliche Rechte“? –
Eine systematische Einordnung

Dingliche Rechte im (versicherungs)rechtlichen Kontext sind solche Rechte, die gemäß Sachenrecht eine unmittelbare Herrschaft über eine Sache – insbesondere über unbewegliches Vermögen – gewähren. Zu den klassischen dinglichen Rechten zählen insbesondere:

  • Eigentum (§§ 354 ff ABGB)
  • Pfandrecht (§§ 447 ff ABGB)
  • Dienstbarkeiten (Servituten) gemäß §§ 472 ff ABGB, unterteilt in:
    • Grunddienstbarkeiten (Realservituten), etwa Wegrechte oder Leitungsrechte
    • Persönliche Dienstbarkeiten (Personalservituten), wie z.B. Fruchtgenuss- oder Wohnrechte

Und ein Jagd- und/oder Fischereirecht – sind auch das dingliche Rechte?

Das Jagdrecht ist kein dingliches Recht im zivilrechtlichen Sinn, sondern ein durch die öffentliche Rechtsordnung geregeltes Nutzungsrecht an Wild; ein selbstständiges dingliches Recht im Sinn des § 477 Z 5 ABGB kann auch nach den landesrechtlichen Jagdgesetzen nicht begründet werden (RIS-Justiz RS0009829).

Das Fischereirecht kann hingegen, soweit es vom Eigentum abgesondert in Erscheinung tritt, als selbstständiges dingliches Recht ausgestaltet sein (RIS-Justiz RS0011675) und einer Dienstbarkeit ähneln (OGH 1 Ob 96/75). Der Rechtsschutz aus Fischereirechten ist im GMRS „aus dinglichen Rechten“ meist nicht automatisch versichert, kann aber über einen eigenen Baustein („Fischerei-RS“) gegen Prämienzuschlag wieder in die Deckung aufgenommen werden, z.B. als Annex zum Landwirtschafts-Rechtsschutz.

2. Das Grundbuch als Rechtssicherungsinstrument

Das Grundbuch – als öffentliches Register der Grundstücke und ihrer dinglichen Belastungen – spielt im Zusammenhang mit dinglichen Rechten eine fundamentale Rolle. Es vermittelt durch das Öffentlichkeitsprinzip (formelle Publizität) sowie den Eintragungsgrundsatz (§ 431 ABGB, sog. Intabulationsprinzip) Rechtssicherheit im Grundstücksverkehr.

Grundsätzlich entsteht ein dingliches Recht an einer Liegenschaft nur durch Einverleibung im Grundbuch. Ausnahmen bestehen etwa bei Ersitzung, bei der die Eintragung deklaratorischen Charakter hat.

Für die Deckung bedeutet dies i.d.R.: Behauptet der VN etwa, ein Servitut durch Ersitzung erworben zu haben – und kann er diese durch Dokumentation oder Zeugenaussagen glaubhaft machen –, so ist eine Deckung über den GMRS-Baustein möglich.

3. Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus
dinglichen Rechten ...

Allgemeine Beschreibung

Versicherungsschutz im GMRS besteht nach Art 24.2.2 ARB typischerweise dann, wenn sich die rechtliche Auseinandersetzung auf solche Rechte bezieht, die sich aus einer versicherten Eigenschaft des Versicherungsnehmers (VN) – etwa als (Mit-)Eigentümer oder Nutzungsberechtigter eines in der Polizze bezeichneten Objekts – ergeben.

Der Begriff „aus dinglichen Rechten“ ist – so der OGH – nach dem Wortlaut dahin zu verstehen, dass es um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem unmittelbaren (dinglichen) Recht an der Sache gehen muss. Versicherungsschutz besteht daher konkret für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen aus dem Eigentumsrecht am versicherten Objekt und den damit allenfalls verbundenen Grunddienstbarkeiten oder auch Personaldienstbarkeiten (OGH 7 Ob 115/19).

Die Interessenwahrnehmung aus dinglichen Rechten setzt voraus, dass ein dingliches Recht bereits besteht oder vom Versicherungsnehmer oder seinem Gegner schlüssig behauptet wird. Die Interessenwahrnehmung kann in der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem dinglichen Recht an dem versicherten Objekt bestehen sowie in der Abwehr von Ansprüchen Dritter, die gegen dieses dingliche Recht des Versicherungsnehmers gerichtet sind (ebenfalls OGH 7 Ob 115/19).

Ein wesentliches Abgrenzungskriterium dabei: Versicherungsschutz besteht nicht für Verfahren oder Handlungen, die auf die erstmalige Begründung eines dinglichen Rechts gerichtet sind. Der Versicherungsschutz umfasst vielmehr ausschließlich Auseinandersetzungen über bereits bestehende dingliche Rechte, wobei auch eine behauptete Ersitzung ausreichend sein kann, sofern der VN diese plausibel vorträgt und entsprechende Beweismittel vorlegt. In diesem Zusammenhang kommt dem Prinzip der Publizität dinglicher Rechte – insbesondere durch Besitz oder grundbücherliche Eintragung – zentrale Bedeutung zu.

4. Beratungsrelevanz für Vermittler: Was ist zu beachten?

Für Versicherungsmakler und -agenten ergeben sich aus dieser Thematik u.a. mehrere wesentliche Aspekte für die Beratungspraxis (unpräjudiziell und nicht abschließend):

  • Polizzierung: Der Versicherungsschutz aus dinglichen Rechten greift i.d.R. nur, wenn das Objekt, auf das sich das behauptete Recht bezieht, konkret in der Versicherungspolizze genannt ist (z.B. durch Adresse, Grundstücksnummer oder Katastralgemeinde) oder wenn sämtliche Objekte versichert sind.
  • Deckungsabgrenzung: Kein Schutz besteht für Anträge auf erstmalige Einräumung von Servituten, Einverleibung von Eigentum oder andere konstitutive Anträge – es sei denn, ein bereits bestehendes Recht wird behauptet.
  • Aktive vs. passive Rechtshandlung: Sowohl aktive Verfahren (z. B. auf Feststellung eines Wegerechts) als auch passive Verteidigung gegen Ansprüche Dritter (z. B. Schadenersatzklagen wegen Eingriffs) können versicherbar sein – sofern die Handlung des VN in Ausübung eines behaupteten dinglichen Rechts erfolgt.
  • Beweismittel und -vortrag: Bereits in der Schadenmeldung sollte der VN / der Vermittler darlegen, auf welches dingliche Recht er sich beruft. Besitzverhältnisse, Grundbuchauszüge, Nutzungsverträge oder langjährige Nutzung können dabei entscheidend sein.

Den gesamten Beitrag lesen Sie in der AssCompact Juli-Ausgabe!

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