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Dieselabgasskandal – Verjährung in der Rechtsschutzversicherung

(Bild: ©xyz+ - stock.adobe.com)

Dieselabgasskandal – Verjährung in der Rechtsschutzversicherung

24. Oktober 2022

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4 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Nach einem Software-Update bei einem PKW der Marke VW Touran bemerkte ein Versicherungsnehmer einen höheren Kraftstoffverbrauch. Der Versicherungsnehmer (Kläger) wandte sich an einen Rechtsvertreter und forderte Rechtsschutzdeckung von seiner Versicherung. Diese lehnte jedoch mit der Begründung ab, dass der Schaden dem Kläger seit Jahren bekannt gewesen wäre und die Schadensmeldung nicht unverzüglich erfolgt wäre.

Artikel von:

Dr. Roland Weinrauch

Dr. Roland Weinrauch

Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/

Zwischen dem Kläger als Versicherungsnehmer und der Beklagten als Versicherer bestand bis Jänner 2014 ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der Beklagten (ARB 2003) zugrunde lagen. Diese lauten auszugsweise:

„Artikel 8
Welche Pflichten hat der Versicherungsnehmer zur Sicherung seines Deckungsanspruches zu beachten? (Obliegenheiten)
1. Verlangt der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, ist er verpflichtet
1.1. den Versicherer unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß über die jeweilige Sachlage aufzuklären und ihm alle erforderlichen Unterlagen auf Verlangen vorzulegen; ...“

Der Kläger hat im Jahr 2013 einen dieselbetriebenen PKW der Marke VW Touran erworben, welcher letztlich vom VW-Dieselabgasskandal betroffen war. Im Februar 2017 folgte der Kläger der Einladung der Herstellerin und ließ auf seinem Fahrzeug das von ihr empfohlene (bzw als Lösung der Manipulationen angepriesene) Software-Update durchführen. In der Folge bemerkte der Kläger jedoch einen höheren Kraftstoffverbrauch.

Erst im Juni 2020 wandte sich der Kläger an einen Rechtsvertreter, welcher am 17. Juni 2020 um Rechtsschutzdeckung bei der Beklagten ansuchte. Allerdings lehnte die Beklagte die Deckung mit Schreiben vom 18. Juni 2020 mit der Begründung ab, dass der Schaden dem Kläger seit Jahren bekannt gewesen wäre und die Schadensmeldung daher nicht unverzüglich erfolgt wäre. Weiters führte die Beklagte begründend aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist nach § 12 Abs 1 VersVG spätestens im Februar 2017 zu laufen begonnen habe und der Anspruch somit verjährt sei.

Der Kläger begehrte die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für die klageweise Geltendmachung seiner Ansprüche. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wohingegen das Berufungsgericht dieses Urteil in eine Klagsabweisung abänderte.

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH nahm in seiner Entscheidung zu 7 Ob 98/22w zur Frage der Verjährung Stellung. Im besonderen Fall der Rechtsschutzversicherung beginnt die Verjährung mit der Fälligkeit des Rechtsschutzanspruchs zu laufen. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist Beginn der Verjährung des Anspruchs aus der Rechtsschutzversicherung nach § 12 Abs 1 VersVG jener Zeitpunkt, zu dem sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für den Versicherungsnehmer so konkret abzeichnet, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss, deretwegen er die Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen will.

Gegenständlich ging die Beklagte vom Beginn der Verjährung im Frühjahr 2017 aus und begründete dies damit, dass dem Kläger spätestens nach dem Softwareupdate im Februar 2017 bekannt war, dass sein PKW vom Dieselabgasskandal betroffen ist und dadurch erhöhten Kraftstoffverbrauch hat.

Nach Ansicht des OGH zeichnete sich für den Kläger zu diesem Zeitpunkt allerdings noch keine Notwendigkeit zur Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Dieselabgasskandal so konkret ab, dass er mit dem Entstehen von Rechtskosten rechnen musste, deretwegen er den Rechtsschutzversicherer in Anspruch nehmen wird. Aus diesem Grund sah der OGH die Verjährung noch nicht eingetreten.

Schlussfolgerung

„Die Verjährungsfrist in der Rechtsschutzversicherung beträgt grundsätzlich drei Jahre. Sie beginnt mit jenem Zeitpunkt zu laufen, zu dem sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für den Versicherungsnehmer so konkret darstellt, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss, deretwegen er die Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen will. Die Feststellung dieses Zeitpunktes ist im Einzelfall nicht immer ganz einfach und bietet Spielraum für Argumentation.“

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