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Alkoholklausel in der Unfallversicherung

(Bild: ©burdun - stock.adobe.com)

Alkoholklausel in der Unfallversicherung

17. September 2025

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4 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Alkoholklauseln gibt es in der Kfz-Versicherung, in der Rechtsschutzversicherung und in der Unfallversicherung. Während erstere als Obliegenheit formuliert sind, stellt sie in der Unfallversicherung einen Ausschluss dar. Mit dem Unterschied hat sich der OGH in 7 Ob 100/25v vom 25.6.2025 beschäftigt.

Artikel von:

Dr. Wolfgang Reisinger

Dr. Wolfgang Reisinger

Lektor WU Wien und der Donau-Universität Krems

Der Versicherungsnehmer (VN) kletterte auf einem Faschingsball auf einen etwa 1,10 m – 1,20 m hohen und etwa 60 – 80 cm breiten Stehtisch, um darauf zu tanzen. Beim nachfolgenden Sprung auf den Boden verletzte er sich. Sein Blutalkoholwert betrug zu diesem Zeitpunkt 1,9 Promille. Der Versicherer lehnte die Deckung ab, weil sich der Unfall infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung der psychischen oder physischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol, Suchtgifte oder Medikamente ereignete. Die Deckungsklage des VN blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe

Wenn der Blutalkohol allein für die Annahme des Ausschlussgrundes noch nicht ausreicht, ist der Begriff der wesentlichen Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit danach zu bemessen, ob der Versicherte noch in der Lage ist, mit der jeweiligen Situation, in der er sich in der Zeit des Unfalles befindet, einigermaßen zu Recht zu kommen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Alkoholisierung des VN habe offensichtlich zu dessen Entscheidung geführt, auf einen Stehtisch zu klettern und somit in der Folge zum Sprung und zur Verletzung. Aufgrund seiner Alkoholisierung habe er die Herausforderung eines solchen Sprunges an eine (erhöhte) Aufmerksamkeit und die – sich dann auch verwirklichende – Gefahr unterschätzt, in alkoholisiertem Zustand von einem Tisch zu springen und sturzfrei zu landen. Der Ausschlussgrund ist damit verwirklicht.

Kommentar

Bei der Alkoholklausel in der Unfallversicherung hängt nach ständiger Judikatur die Deckung davon ab, ob die vom alkoholisierten VN ausgeübte Tätigkeit besondere Anforderungen an die Aufnahmefähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit stellt oder nicht. Die Grenzwerte der Alkoholisierung sind dementsprechend verschieden, je nachdem, ob der VN etwa Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger ist oder sich privat verletzt. So wurde relativ streng in OGH 7 Ob 171/20b festgehalten, dass bei einem Autofahrer eine Bewusstseinsstörung bei einem Blutalkoholwert von 1,3 Promille jedenfalls anzunehmen ist, was der relevanten Grenze von 0,8 Promille in der Kfz-Haftpflichtversicherung schon ziemlich nahekommt. In OGH 7 Ob 168/19k wurde bei einer Autofahrerin ein Wert zwischen 1,03 und 1,24 als zu hoch betrachtet und in OGH 7 Ob 262/04m bei einem Fußgänger 1,45 Promille. Zwei Fensterstürze wurden unterschiedlich judiziert: In OGH 7 Ob 11/95 waren 1,26 Promille zu wenig für den Ausschluss, in OGH 7 Ob 93/18d reichten 1,88 Promille (was aber nicht überraschend ist).

Der OGH hat aber auch in dieser aktuellen Entscheidung wieder richtig festgehalten, dass in der Unfallversicherung sowohl die Bewusstseinsstörung als auch die Kausalität vom Versicherer bewiesen werden müssen, was wegen der damit verbundenen subjektiven Komponente (wäre der Unfall auch ohne Alkoholisierung eingetreten?) nicht einfach ist. In der Kfz-Versicherung ist das anders. Dort reicht der Nachweis der Alkoholisierung durch den Versicherer, der VN muss sich freibeweisen, dass die Alkoholisierung nicht kausal für den Unfall war, was de facto nur bei einem Unfall auf Grund eines technischen Gebrechens oder eines ausschließlichen Verschuldens eines Dritten gelingen kann.

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact September-Ausgabe!

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