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80.000 Euro Schaden durch Rettungsmaßnahmen: Wer muss zahlen?

80.000 Euro Schaden durch Rettungsmaßnahmen: Wer muss zahlen?

07. August 2020

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4 Min. Lesezeit

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News-Recht & Wissen

Nach starken Schneefällen weigert sich eine Gemeinde-General-Versicherung, den durch Rettungsmaßnahmen entstandenen Schaden an einsturzgefährdeten Gemeinde-Hausdächern in Höhe von 80.000 Euro zu bezahlen. Die Begründung des Versicherungsunternehmens: Es handle sich nicht um Rettungskosten, sondern um Aufwendungen, die der Erhaltung der Gebäude dienen und vom Versicherungsnehmer zu tragen seien. Die betroffene Gemeinde wandte sich an die Rechtsservice und Schlichtungsstelle (RSS).

Mag. Peter Kalab

Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 8/7/2020

Im Jänner 2019 kam es in weiten Teilen Österreichs zu starken Schneefällen. Der Bürgermeister einer betroffenen Gemeinde forderte einen Assistenzeinsatz des Bundesheeres an, um die Dächer einiger öffentlicher Gebäude von den Schneemassen zu befreien und Schäden durch Schneedruck zu verhindern. Im Zuge der Arbeiten durch Soldaten des Bundesheers wurden die Schneedecken mit Fuchsschwanzsägen durchgeschnitten. Dabei kam es in einigen Fällen zu Beschädigungen der Dächer durch zu tiefes Einschneiden des Schnees mit der Säge. Die Gemeinde begehrt Schadenersatz in Höhe von 80.000 Euro aus dem Titel der Rettungskosten.

Doch der beklagte Versicherer lehnt eine Deckung mit der Begründung ab, dass es sich nicht um Rettungskosten handele, sondern um Aufwendungen, die der Erhaltung der Gebäude dienen und vom Versicherungsnehmer zu tragen seien. Schon aufgrund der Spanne von vier Tagen zwischen Anforderung und Einsatz der Soldaten könne es sich nicht um Rettungsmaßnahmen iSd § 62VersVG handeln.

Die Gemeinde wandte sich daraufhin an die Rechtsservice und Schlichtungsstelle (RSS), die dazu folgendes ausführte:

Versicherungsnehmer ist verpflichtet Schaden möglichst abzuwenden

Nach § 62 VersVG ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, bei Eintritt des Versicherungsfalls den Schaden möglichst abzuwenden oder zu mindern. Er hat unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf Ersatz des Rettungsaufwands durch den Versicherer.

Nach § 63 Abs 1 VersVG muss der Versicherer auch erfolglose Aufwendungen des Versicherungsnehmers gemäß § 62 VersVG bezahlen, soweit sie der Versicherungsnehmer diese Aufwendungen den Umständen nach für notwendig halten durfte.

Zudem sind Rettungskosten (in der Sachversicherung) auch dann zu ersetzen, wenn der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist, aber unmittelbar droht.

Aufgrund der damals schon bestehenden Schneemengen in Verbindung mit den noch zu erwartenden Niederschlägen stand der Versicherungsfall „Schneedruck“ zumindest aus subjektiver Sicht unmittelbar bevor. Wie ein Blick ins Internet zeigt, hatte die betroffene Gemeinde mit ungewöhnlichen Schneemassen zu kämpfen und es gab auch bereits eingestürzte Dächer. Es liegt daher nahe, dass die Gemeindevertretung schon bei der Anforderung des Hilfseinsatzes des Bundesheers befürchten musste, die Gebäude könnten weitere Schneemassen am Dach nicht unbeschädigt überstehen und deshalb Handlungsbedarf bestand. Nicht nur abrufbare Fotos von Hausdächern im betroffenen Gemeindegebiet aus dem Internet sprechen dafür, dass eine Einsturzgefahr bestand, sondern auch der Umstand, dass die zur Hilfe gerufenen Einsatzkräfte nicht wieder abzogen, sondern sich an die Arbeit der Dachreinigung machten und sogar Schneidegeräte zum Einsatz bringen mussten.

Empfehlung der RSS

Nach dem Inhalt des Antrags, der mangels Beteiligung der antragsgegnerischen Versicherung zugrunde zu legen ist, ist der zu deckende Schaden an den Gebäuden bei der Räumung der Dächer vom Schnee entstanden und steht damit im ausschließlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der zur Abwehr von Schneedruckschäden ergriffenen Maßnahme der Antragstellerin. Zu diesen Kosten sind auch diejenigen Aufwendungen zu zählen, die für die Behebung der im Zuge der Schadensabwendung verursachten Sachschäden an den Gebäuden notwendig sind. (RSS-0023–20–13 = RSS-E 27/20)

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