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Versicherungsfall in der Erb-Rechtsschutzversicherung

(Bild: ©Zerbor - stock.adobe.com)

Versicherungsfall in der Erb-Rechtsschutzversicherung

26. Juli 2023

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4 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Erbstreitigkeiten werden oft mit einer gewissen Heftigkeit ausgefochten und können hohe Kosten zur Folge haben. Zu welchem Zeitpunkt man gut daran tut, an eine Rechtsschutzversicherung zu denken, zeigt die Entscheidung OGH 7 Ob 61/23f vom 24.05.2023.

Artikel von:

Dr. Wolfgang Reisinger

Dr. Wolfgang Reisinger

Lektor WU Wien und der Donau-Universität Krems

Der Versicherungsnehmer (VN) ist seit 20.10.2016 rechtsschutzversichert. Sein Bruder gab gegenüber der gemeinsamen Mutter mit Notariatsakt vom 07.02.1989 einen Pflichtteilsverzicht ab, welcher beim Ableben der Mutter am 25.03.2018 noch aufrecht war. Die Mutter setzte in ihrem Testament vom 08.10.2016 ihre Tochter als Haupterbin ein und verfügte hinsichtlich des Bruders des VN wie folgt: „Mein Sohn bekommt den Schenkungspflichtteil“. Der Bruder verstarb am 12.02.2019. Dem VN wurde die Verlassenschaft nach seinem Bruder zur Gänze eingeantwortet. Mit Schreiben vom 09.03.2021 machte der VN gegenüber seiner Schwester den Pflichtteilsanspruch geltend. Mit Schreiben vom 19.03.2021 wies die Schwester die Forderung zurück. Der Versicherer lehnte die Deckung unter anderem mit dem Argument ab, Versicherungsfall sei das Testament der gemeinsamen Mutter und damit vorvertraglich.

Entscheidungsgründe

Der Vermächtnisnehmer erhält durch die letztwillige Verfügung einen Titel, der ihm einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung gewährt. Hier wird die Wirksamkeit des Testaments der Mutter nicht bestritten, sondern der VN beabsichtigt die Geltendmachung eines – im Erbweg auf ihn übergegangenen – Vermächtnisses gegen die Erbin. In einem solchen Fall liegt der behauptete Verstoß und damit der Versicherungsfall in der – nach der erstmaligen Geltendmachung durch den VN – erfolgten Ablehnung der darauf gegründeten Zahlung durch die Erbin, weil sich erst dann die vom Rechtsschutzversicherer übernommene Gefahr konkret zu verwirklichen beginnt.

Kommentar

Versicherungsfall im Erbrechtsschutz ist der Verstoß eines der Beteiligten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften. Ein Verstoß ist ein tatsächlich objektiv feststellbarer Vorgang, der immer dann, wenn er wirklich vorliegt oder ernsthaft behauptet wird, den Keim eines Rechtskonfliktes in sich trägt. Die Ansicht des OGH, „es solle sich um einen möglichst eindeutig bestimmbaren Vorgang handeln, der in seiner konfliktauslösenden Bedeutung für alle Beteiligten erkennbar ist“, bedeutet ein Wunschdenken. Es ist natürlich ein Faktum, dass manche Rechtsschutzversicherungen – so insbesondere der Erb- und Familienrechtsschutz – nur dann abgeschlossen werden, wenn man sich schon relativ sicher ist, dass man ihn auch tatsächlich braucht. Daran können auch Wartefristen nicht viel ändern.

Bereits in 7 Ob 43/00z hat der OGH festgehalten, dass allein die Tatsache der Errichtung eines Testaments durch den Erblasser nicht den Eintritt des Versicherungsfalls darstellt, weil durch die Errichtung einer letztwilligen Verfügung gar nicht feststeht, ob diese nach dem Tod des Erblassers auch zum Tragen kommt. In dieser neuen Entscheidung hat der OGH diese Grundsätze ausdrücklich auch auf den Fall der testamentarischen Einräumung eines Vermächtnisses übertragen, weil bis zum Tod des Testamenterrichters die Möglichkeit besteht, dass dieser seine letztwillige Verfügung ändert. Natürlich wird man dadurch in die Lage versetzt, sicherheitshalber eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, wenn man erfährt, dass man im Testament nicht bedacht ist oder wenn es Probleme mit den anderen Erben geben könnte. Diese Zweckabschlüsse könnte man zumindest teilweise vermeiden, wenn man als Versicherungsfall den Tod des Erblassers ansieht.

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact August-Ausgabe!

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