Ein Versicherungsnehmer fordert nach einem Gewitter mit Starkregen und Hagel Schadensersatz von seinem Versicherer, da Wasser in seinen Keller eindrang. Der Versicherer lehnt ab, da der Schaden durch Wasser und nicht direkt durch den Hagel entstanden sei. (7Ob110/24p)
Artikel von:
Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bestand ein Bündelversicherungsvertrag, der unter anderem eine Sturmschadenversicherung für das Grundstück des Versicherungsnehmers beinhaltete und dem die Allgemeinen Bedingungen für die Sturmversicherung (AStB 1998) zugrunde lagen. Diese lauten auszugsweise:
Versicherte Gefahren und Schäden
1.
Versicherte Gefahren: […]
1.2
Hagel: Hagel ist ein wetterbedingter Niederschlag in Form von Eiskörnern. [...]
2.
Versicherte Schäden:
Versichert sind Schäden, die
2.1 durch die unmittelbare Einwirkung einer versicherten Gefahr (Schadenereignis) eintreten; [...]
2.2 als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses eintreten; [...]
Artikel 2
Nicht versicherte Schäden
Nicht versichert sind, auch nicht als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses: [...]
4. Schäden durch Wasser.
Schäden durch Schmelz- oder Niederschlagswasser sind aber versichert, wenn das Wasser dadurch in ein Gebäude eindringt, dass feste Baubestandteile oder ordnungsgemäß verschlossene Fenster oder Außentüren durch ein Schadenereignis beschädigt oder zerstört wurden. […]“
Am 2. Juni 2022 fand im Bereich der Liegenschaft des Versicherungsnehmers ein Gewitter mit Starkregen und Hagel statt.
Der Versicherungsnehmer begehrte vom Versicherer Zahlung von 201.555,97 Euro sA, weil Hagelkörner seinen Acker mit einer Schicht von rund 10 cm Höhe bedeckten. Die Hagelkörner wären durch den warmen Regen abgeschmolzen. Durch die entstandenen Wassermassen wäre in weiterer Folge das Wasser in den Kellerraum des Gebäudes eingedrungen und hätte diesen beschädigt.
Der Versicherer beantragte Klageabweisung, weil der Schaden durch das eingedrungene Wasser und nicht durch Hagel oder als dessen unvermeidliche Folge eingetreten wäre. Im Übrigen wären die Risikoausschlüsse gemäß Art 2 AStB 1998, welche Schäden durch Wasser ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausschließen, anzuwenden.
Wie ist die Rechtslage?
In seiner Entscheidung vom 23.09.2024, Geschäftszahl: 7Ob110/24p, führte der Oberste Gerichtshof (OGH) zunächst aus, dass gemäß Art 1.2.1 AStB 1998 Schäden versichert sind, die durch die unmittelbare Einwirkung einer versicherten Gefahr, hier Hagel, eintreten sind. Unmittelbares Einwirken ist gegeben, wenn die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache für den Schaden ist.
Die zeitlich letzte Ursache des Schadeneintritts waren die Wassermassen, die in das Gebäude eindrangen. Damit liegt auch keiner der nach Art 1.2.1 der unmittelbaren Einwirkung gleichgehaltenen Fälle vor.
Außerdem sind nach Art 1.2.2 AStB 1998 Schäden versichert, die als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses eintreten. Nach herrschender Rechtsprechung versteht man als „unvermeidlich“ jede weitere adäquate Folge, unabhängig davon, ob sie abzuwenden gewesen wäre oder nicht. Im vorliegenden Fall greift jedoch der Risikoausschluss des Versicherers.
Gemäß Art 2.4. AStB 1998 sind Schäden durch Wasser nicht versichert, auch nicht als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses. Nur Schäden durch Schmelz- oder Niederschlagswasser sind versichert, wenn das Wasser dadurch in ein Gebäude eindringt, dass feste Baubestandteile oder ordnungsgemäß verschlossene Fenster oder Außentüren durch ein Schadenereignis beschädigt oder zerstört wurden.
Der Versicherungsnehmer bestreitet nicht, dass die Schäden durch „Wasser“ entstanden sind, er meint aber, dass der sekundäre Risikoeinschluss greifen würde, weil mit dem Begriff „Schadenereignis“ in Art 2.4. AStB 1998 nicht das versicherte Ereignis gemeint sei, sondern ein „Schadenereignis schlechthin“. Der OGH entgegnet dem, dass der Begriff „Schadenereignis“ in Art 1.2.1 AStB 1998 eindeutig im Sinn von „versicherte Gefahr“ definiert ist und diese Definition unzweifelhaft auch für Art 2.4. AStB 1998 gilt.
Der OGH kam daher schlussendlich zu dem Ergebnis, dass die geltend gemachten Schäden nach dem eindeutigen, Wortlaut des Art 2.4. AStB 1998 nicht gedeckt sind.
Schlussfolgerungen
Der Begriff Schadenereignis beschreibt nicht das Schadenereignis per se, sondern einzig die versicherte Gefahr
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