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Produkthaftung für Einsatz eigener KI Systeme auch in der Versicherungsbranche?

(Bild: © Syed Ali Raza - stock.adobe.com)

Produkthaftung für Einsatz eigener KI Systeme auch in der Versicherungsbranche?

16. Juli 2025

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4 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Innerhalb der Europäischen Union wurde das Produkthaftpflichtregime neu geregelt. Das europäische Produkthaftungsregime soll an fortschreitende Technologien und die Globalisierung der Lieferketten angepasst werden. Die Neuregelungen sind auch für die Versicherungsbranche relevant, wenn, neben anderen Haftungstatbeständen, Computer- und Softwareprogramme an das eigene Unternehmen angepasst und dabei wesentlich verändert werden.

Dr. Margot Nusime, MBA

Rechtsanwältin in Wien

Unter „Produkt“ im Sinne des Produkthaftpflichtrechts wird wie bislang jede bewegliche Sache bezeichnet, auch wenn diese in eine andere bewegliche oder unbewegliche Sache integriert oder damit verbunden ist. Erfasst sind damit nicht nur der Industrie- bzw. Nonfood-Bereich, sondern auch Elektrizität und landwirtschaftliche Primärerzeugnisse.

Neu ist, dass auch unkörperliche digitale Konstruktionsunterlagen (auch digitale Bauunterlagen), Rohstoffe und eben auch Software unter den Produktbegriff fallen. Demnach wird ausdrücklich klargestellt, dass auch KI-basierte Produkte als „Produkte“ im Sinne des neuen EU Produkthaftungsrechts gelten.

Unternehmen können verschuldensunabhängig auch für Schäden haftbar gemacht werden, die aufgrund fehlender oder unzureichender Software-Updates oder eines schwachen Cybersicherheitsschutzes von Produkten oder etwa durch den Verlust oder die Verfälschung von Daten entstehen.

Im Hinblick auf die Versicherungsbranche sind auch Haftungen für Schäden vorstellbar, die durch einen Chatbot verursacht werden, der falsche Informationen erteilt.

Was war vom bisherigen Produkthaftungsrechts in Österreich umfasst?

Das bisherige österreichische Produkthaftpflichtrecht (Produkthaftpflichtgesetz PHG in Umsetzung der alten Produkthaftpflichtrichtlinie) regelt die Haftung des Herstellers für die Gefährlichkeit seiner Produkte, die er in den Verkehr gebracht hat. Darunter fallen die vom fehlerhaften Produkt verursachten Schäden an einer Sache sowie die Verletzung oder gar Tötung eines Menschen. Diese Haftung ist in aller Regel eine verschuldensunabhängige Haftung.

Was regelt die neue Produkthaftpflichtrichtlinie?

Die neue Produkthaftpflichtrichtlinie legt, wie bisher, eine verschuldensunabhängige, vertraglich nicht abänderbare Zivilhaftung für fehlerhafte Produkte fest.

Der Produktbegriff der neuen Produkthaftpflichtrichtlinie bezieht sich auch auf Rohmaterialien, Dateien für den 3D-Druck sowie die Software für KI-Modelle und KI-Systeme in digitalen Diensten, die so in ein Produkt integriert sind, dass dieses ohne den Dienst eine seiner Funktionen nicht ausführen könnte. Isolierte bloße Dienstleistungen und Inhalte digitaler Dateien, etwa Quellcode von Software, Musik-, Video- oder Textinhalte von Mediendateien, bleiben vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.

Wie bislang ist ein Produkt fehlerhaft, „wenn es nicht die Sicherheit bietet, die eine Person erwarten darf.“

Neu ist, dass auch auf KI gemünzte Produktauswirkungen von Lern- und Weiterentwicklungsfehlern nach Inbetriebnahme, vorhersehbare Kombinationsrisiken mehrerer Produkte sowie insgesamt eine Zweckverfehlung bei Produkten zur Schadenvermeidung in den Anwendungsbereich der neuen Richtlinie fallen.

Es soll verhindert werden, dass KI-Programme sich selbst gefährliches Wissen aneignen und damit ein Blackbox-Effekt auslöst wird.

Die neue Produkthaftpflichtrichtlinie sieht als verschuldensunabhängige Haftungsadressaten neben Softwareentwicklern und Fulfillment-Dienstleister auch sonstige Unternehmen vor, und damit könnten auch Versicherungsvermittler und Versicherungsunternehmen betroffen sein, die ein Produkt eigenständig „wesentlich verändern“, um das Produkt an die Anforderungen des eigenen Unternehmens anzupassen.

Die neue Produkthaftpflichtrichtlinie der EU („PHRL“) (RL 2024/2853 über die Haftung für fehlerhafte Produkte) wurde am 23.10.2024 erlassen. In den Mitgliedstaaten, so auch in Österreich, umgesetzt werden muss die neue PHRL bis 9. Dezember 2026. Das neue Produkthaftpflichtrecht gilt nur für Produkte, welche nach dem 9. Dezember 2026 in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden.

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact Juli-Ausgabe!

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