zurück zur Übersicht

Beitrag speichern

„Behördliche Auflage“ nur bei individuellem Verwaltungsakt

(Bild: © snowing12 - stock.adobe.com)

„Behördliche Auflage“ nur bei individuellem Verwaltungsakt

15. Juli 2025

|

4 Min. Lesezeit

|

Im Blickpunkt

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte in der Entscheidung 7 Ob 170/19b über die Auslegung des Begriffs „behördliche Auflage“ als Klausel in einer Betriebsversicherung zu befinden.

von Prof. Gerhard Veits, ÖVM

Gerhard Veits

Gerhard Veits

ÖVM Vorstand, Versicherungsrechtsexperte und Geschäftsführer der Veits & Wolf Versicherungsmakler GmbH

Im Rahmen einer Betriebsversicherung hatte die Klägerin unter anderem eine Sturmversicherung abgeschlossen, in der auch folgende Klausel vereinbart wurde:

Mehrkosten auf Grund behördlicher Auflagen sind mitversichert und gelten für die in der Versicherungsurkunde angeführten Positionen Gebäude und/oder Inhalt (Betriebseinrichtung). Als Mehrkosten gelten jene Kosten, die auf Grund behördlicher Auflagen nach einem ersatzpflichtigen Schaden die Kosten der Wiederherstellung von Gebäuden und/oder Betriebseinrichtungen in den ursprünglichen Zustand überschreiten.

Bei einem Hagelunwetter wurde eine fest montierte Lichtkuppel auf dem Dach der Betriebsstätte der Klägerin beschädigt. Die Wiederherstellung der Lichtkuppel selbst wurde durch den Versicherer übernommen. Nicht ersetzt wurden hingegen die Kosten für eine zusätzlich anzubringende Absturzsicherung – eine nach geltender Bauordnung und Arbeitnehmerschutzverordnung mittlerweile verpflichtende Maßnahme.

Die VN begehrte die Feststellung, dass auch diese Kosten von der Versicherung zu tragen seien. Ihrer Ansicht nach seien „behördliche Auflagen“ nicht ausschließlich als individuell erlassene Verwaltungsakte zu verstehen, sondern auch als gesetzliche oder normative Verpflichtungen, die von einer Behörde mittelbar ausgehen.

Rechtliche Beurteilung durch die Gerichte

Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Sie begründeten dies im Wesentlichen damit, dass die maßgebliche Klausel eindeutig auf individuelle, konkrete Anordnungen von Behörden abstelle. Das bloße Bestehen einer allgemeinen gesetzlichen Verpflichtung, etwa aus der Bauordnung oder einer ÖNORM, genüge nicht, um eine solche „behördliche Auflage“ zu begründen.

Auch der OGH bestätigte diese Rechtsauffassung. In seiner Entscheidung stellte er klar, dass die Formulierung „behördliche Auflage“ in der Rechtssprache klar umrissen sei und ausschließlich verpflichtende Nebenbestimmungen in einem Verwaltungsbescheid bezeichne. Diese Auslegung sei nicht nur juristisch, sondern auch für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer nachvollziehbar. Eine individuell erlassene Auflage durch eine Behörde lag im konkreten Fall aber nicht vor.

Bedeutung für die Versicherungspraxis

Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Interpretation von Versicherungsbedingungen in der Sachversicherung. Der OGH grenzt klar zwischen allgemeinen gesetzlichen Vorschriften und individuell erlassenen Verwaltungsakten ab. Für die Deckung von „Mehrkosten auf Grund behördlicher Auflagen“ ist demnach eine konkrete behördliche Verfügung erforderlich, etwa in Form eines Bescheids mit entsprechender Nebenbestimmung. Versicherungsmakler sollten in der Beratungspraxis daher darauf achten, dass Kunden nicht irrtümlich davon ausgehen, dass auch gesetzlich vorgeschriebene Adaptierungen oder bauliche Verbesserungen automatisch versichert sind. Ohne eine behördlich konkret angeordnete Maßnahme besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung – selbst wenn die Maßnahme sachlich notwendig oder sogar gesetzlich verpflichtend ist.

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact Juli-Ausgabe!

zurück zur Übersicht

Beitrag speichern

sharing is caring

Das könnte Sie auch interessieren


Ihnen gefällt dieser Beitrag?

Dann hinterlassen Sie uns einen Kommentar!

(Klicken um Kommentar zu verfassen)