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Haftungsfallen beim Umdecken von Betriebshaftpflichtversicherungsverträgen

(Bild: © magele-picture - stock.adobe.com)

Haftungsfallen beim Umdecken von Betriebshaftpflichtversicherungsverträgen

28. Januar 2025

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9 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Es gibt unterschiedlichste Gründe, einen Betriebshaftpflichtvertrag umzudecken. Gerade im härteren Markt sind die Verknappung von Deckungssummen, ein Mangel an Lösungsbereitschaft für herausfordernde Deckungsbausteine oder ein Verlängerungsangebot, dem jegliche Attraktivität fehlt, überzeugende Argumente, die einen solchen Schritt nach sich ziehen. Akad.Vkfm. Mag. Christian Cenčič spricht beim AssCompact Gewerbeversicherungssymposium 2025 am 27. Februar in der Pyramide Wien/Vösendorf über das Thema: „Haftungsfallen beim Umdecken von Betriebshaftpflichtversicherungsverträgen“.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 28.01.2025

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Was in der Sachversicherung oftmals unkompliziert von der Hand geht, kann in der Betriebshaftpflichtversicherung jedoch massive Haftungsfolgen nach sich ziehen. Einerseits für die Versicherungsnehmerin, die ohne Deckung dasteht, andererseits für den Versicherungsmakler, im Falle, dass die Beratung einen derartigen Umstand unzureichend beleuchtet hat.

Um die Kirche im Dorf zu lassen und Schnappatmung bei allen Leserinnen und Lesern zu unterbinden, die erst kürzlich einen Betriebshaftpflichtvertrag umgedeckt haben, ist hervorzuheben, dass dieses Haftungsrisiko primär dann gegeben ist, wenn sich eine Versicherungsnehmerin mit anderen als den klassischen „Schadenersatzverpflichtungen“ im Sinne des Artikel 1 AHVB konfrontiert sieht.

Zur Erinnerung: Eine Schadenersatzverpflichtung im Sinne der AHVB/EHVB ist als „Personenschaden, Sachschaden, oder Vermögensschaden, der auf einen versicherten Personen- oder Sachschaden zurückzuführen ist, aufgrund von gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts“ definiert.

Für Sachschäden ist primär das Ereignisprinzip anwendbar. Dabei handelt es sich um jenes Ereignis, welches die Schädigung unmittelbar herbeiführt (VVO, AHVB/EHVB 2005, 123). In der Praxis ist das realitätsnah und sinnvoll. Der Zeitpunkt, in dem der Ziegel auf das Auto fiel, die Baumaschine mit dem Gerüst kollidierte oder die Kabeltrommel die Hauswand durchbrach, ist mehr oder weniger sehr zeitnah festzustellen.

Dies scheint auf den ersten Blick auch bei Personenschäden der Fall zu sein. Dennoch hält Artikel 4.3 AHVB eine Auffangregelung fest: Im Zweifelsfall gilt eine Gesundheitsschädigung mit der ersten nachprüfbaren Feststellung durch einen Arzt als eingetreten. Diese Regelung hat weniger den „Bagger fuhr über Fuß“ als mehr den „Infektionskrankheit, die sich langsam entwickelt“-Fall vor Augen und soll sicherstellen, dass im Zweifelsfall ein eindeutiger Zeitpunkt zur Beurteilung der Deckung vorliegt.

Besondere Risiken bei Umweltstörungen

Können sich Sach- und Personenschadengetriebene Risiken entspannt zurücklehnen? Yes, but actually no! Auch wenn Schadenersatzverpflichtungen aufgrund derartiger Schäden meist dem Versicherer zuzuordnen sind, der Deckung während des Ereignisses gewährt hat, gibt es Ausnahmen. Insbesondere bei der Erweiterung des örtlichen Geltungsbereichs auf die USA schließt der Versicherer meist Produkte aus, die vor Beginn des einschlägigen Vertrages dorthin geliefert wurden. Bei Allmählichkeitsschäden hängt es sehr stark von der Formulierung der einschlägigen Klausel ab, wie der entsprechende Versicherungsfall zeitlich zugeordnet wird.

Auch wenn Personen- und Sachschäden ein Gros der relevanten Schäden im Sinne der „Bedrohung der unternehmerischen Existenz der Versicherungsnehmerin“ darstellen, gibt es bedingungsgemäß in den AHVB/EHVB drei essentielle Bereiche, welche die zeitliche Zuordnung eines Versicherungsfalls differenziert betrachten.

Die Umweltstörung sei dabei als erster Ausreißer genannt. Deren Ablauf ist dabei in den „ursächlichen Vorfall“, das „schadenstiftende Ereignis“, die „Umweltbeeinträchtigung“, den „Schaden“, die „Manifestation“ und den „Schadenersatzanspruch“ unterteilt (VVO, AHVB/EHVB 2005, 165).

Durch Artikel 6.3.1 AHVB werden Umweltstörungen, die sich während der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages manifestieren, unter Versicherungsschutz gestellt. Dieser Zeitpunkt hat den Vorteil, dass das Bekanntwerden der Umweltbeeinträchtigung oder des Schadens sehr einfach zu determinieren ist.

Das wäre auch uneingeschränkt zum Vorteil der Versicherungsnehmerin, würde gem. Artikel 6.3.3 AHVB die zusätzliche Voraussetzung, dass auch der „ursächliche Vorfall“ ebenfalls während der Wirksamkeit des Vertrages eingetreten sein muss, fehlen. Zwar besteht auch für vorvertragliche „ursächliche Vorfälle“ eine zeitlich limitierte Vordeckung, diese ist jedoch gerade bei Umweltstörungen als kritisch zu betrachten und an die weitere Voraussetzung der Unwissenheit der Versicherungsnehmerin geknüpft. Eine allfällige Nachdeckung aus dem Vorvertrag ist zudem fix daran geknüpft, dass der Vorfall während dessen Wirksamkeit eingetreten ist.

Erweiterte Produkthaftpflicht – ein entscheidender Deckungsbaustein

Als zweites sei die erweiterte Deckung der Produkthaftpflicht genannt. Dabei handelt es sich um eine Spezialdeckung im Rahmen des vordefinierten Deckungsbausteins des Abschnitts A Z.2.4 EHVB, der gerade für herstellende Betriebe und Industrie einen extrem wichtigen Mosaikstein darstellt.

Diese Deckungserweiterung definiert für sich in Abschnitt A Z.2.4.2.1 EHVB als zeitliche Zuordnung des Versicherungsfalls die „Lieferung eines mangelhaften Produkts“ respektive die „Übergabe der mangelhaft geleisteten Arbeit“. Gepaart mit der Bestimmung zum zeitlichen Geltungsbereich im Abschnitt A Z.2.4.2.3 EHVB bedeutet dies, dass Schadenersatzverpflichtungen wegen Produkten oder Arbeiten, die vor der Wirksamkeit des aktuellen Vertrages geliefert respektive übergeben wurden, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.

Entsprechend ist es unabdingbar, über die Lebensdauer der Produkte der Versicherungsnehmerin Bescheid zu wissen. Im Wegwerfkonsumzeitalter kann dies bei Endprodukten sehr überschaubar oder gerade das Gegenteil der Fall sein.

Reine Vermögensschäden – Risiken und zeitliche Zuordnung

Zu guter Letzt stechen noch die „Reinen Vermögensschäden“ aus Abschnitt B Z.1 EHVB hervor. Dabei handelt es sich um solche Schäden, „die weder Personenschäden noch Sachschäden sind, noch sich aus solchen Schäden herleiten“ (Abschnitt B Z.1.1 EHVB in der Fassung VVO 2005). Während eine bedingungsgemäße Deckung für derartige Schadenersatzverpflichtungen in den AHVB gänzlich fehlt und in den EHVB nur in geringem Ausmaß für bestimmte Risiken eine Deckung gewährt wird, handelt es sich bei den „Reinen Vermögensschäden“ um das Risiko eines aufstrebenden Unternehmens, welches sich der Digitalisierung verschrieben hat.

Als zeitliche Zuordnung des Versicherungsfalls definiert Abschnitt B Z.1.1 EHVB den „Verstoß“, also jenen Zeitpunkt, in dem schuldhafte Handlungen gesetzt oder unterlassen wurden, respektive derartige Handlungen letztmalig korrigiert hätten werden können.

Typischerweise erhält der Versicherer ausschließlich während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes Einblick in die Arbeitsweise der Versicherungsnehmerin und hat auch nur dann die Möglichkeit, durch Obliegenheiten deren Verhalten zu lenken.

Ein Wechsel der Betriebshaftpflichtversicherung kann große Risiken bergen, wenn er ohne umfassende Risikoanalyse erfolgt. Detaillierte Kenntnisse über spezielle Risiken und maßgeschneiderte Lösungen sind unerlässlich, besonders in einem zunehmend schwierigen Haftpflichtmarkt.

Christian Cenčič beim AssCompact Gewerbeversicherungssymposium 2025

Haftungsfallen beim Umdecken von Betriebshaftpflichtversicherungsverträgen

Akad.Vkfm. Mag. Christian Cenčič (Haftpflicht Connaisseur)

Akad.Vkfm. Mag. Christian Cenčič (Haftpflicht Connaisseur) wird beim AssCompact Gewerbeversicherungssymposium 2025 am 27. Februar in der Pyramide Wien/Vösendorf zum Thema „Haftungsfallen beim Umdecken von Betriebshaftpflichtversicherungsverträgen - Kleingedrucktes birgt großes Risiko“ sprechen. Der Vortrag bietet insbesondere für Versicherungsvermittler wertvolle Einblicke, um Haftungsrisiken zu erkennen und zu minimieren. Die Relevanz liegt in der Sensibilisierung für die oft übersehenen Details in Vertragsklauseln, die entscheidend für den Schutz der Versicherungsnehmer sind.

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AssCompact Gewerbeversicherungssymposium 2025

Haftungsfallen beim Umdecken von Betriebshaftpflichtversicherungsverträgen

Am 27. Februar 2025 findet das AssCompact Gewerbeversicherungssymposium in der Pyramide Wien/Vösendorf statt. Die Veranstaltung bietet praxisnahe Ansätze für Versicherungsmakler, um Gewerbebetriebe optimal abzusichern und komplexe Risiken zu managen. Neben Fachvorträgen und Diskussionen können Teilnehmer fünf unabhängige IDD-Weiterbildungsstunden sammeln.

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