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Rechtsschutzversicherung: Wo der Privatbereich endet und der Betriebsbereich beginnt

(Bild: ©fotomek - stock.adobe.com)

Rechtsschutzversicherung: Wo der Privatbereich endet und der Betriebsbereich beginnt

05. Dezember 2025

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5 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Die Abgrenzung zwischen Privat- und Betriebsbereich in der Rechtsschutzversicherung bleibt ein juristisches Minenfeld. Der zweite Teil der Reihe „Rechtsschutz im Fokus“ zeigt anhand aktueller OGH-Entscheidungen, wie stark der Einzelfall über den Versicherungsschutz entscheidet – und welche Kriterien Vermittler und Versicherer in Beratung und Schadenbearbeitung besonders beachten sollten.

Artikel von:

Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA

Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA

Fachverbandsgeschäftsführer der Versicherungsmakler und Lektor an der Donau Uni Krems, WU-Wien und Juridicum Wien

Der erste Teil der Reihe „Rechtsschutz im Fokus“ hat sich mit der Abgrenzung zwischen Privat- und Betriebsbereich in der Rechtsschutzversicherung anhand grundsätzlicher Kriterien auseinandergesetzt. Dabei wurde u.a. darauf verwiesen, dass der Privatbereich in der Rechtsschutzversicherung nicht bloß auf die „Gefahren des täglichen Lebens“, wie man sie aus der Privathaftpflichtversicherung kennt, abgestellt. Weiters wurde thematisiert, welche Rolle unter Umständen der Unternehmerbegriff des UGB spielen kann, was es mit der (nebenberuflichen) sonstigen Erwerbstätigkeit auf sich hat und dass die Frage nach dem inneren sachlichen Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit sowie der wirtschaftliche Zweck die Hauptrollen in der Differenzierung spielen. Der nunmehrige zweite Teil widmet sich primär der Judikatur und soll damit anschaulich die Praxis illustrieren.

1. Judikaturbeispiele

Die praktische Bedeutung der Abgrenzung zwischen Privatbereich und Betriebsbereich zeigt sich besonders deutlich in den Entscheidungen des OGH. Dabei wird schnell klar: Jeder Fall ist einzelfallbezogen zu beurteilen, doch lassen sich wiederkehrende Kriterien erkennen.

Umgeschuldete Betriebskredite – 7 Ob 46/04x

Ein Einzelkaufmann hatte nach Betriebsaufgabe einen laufenden Geschäftskredit umgeschuldet und diesen als „Privatkredit“ tituliert. Der OGH ordnete den Rechtsstreit dennoch dem Betriebsbereich zu. Begründung: offenkundiges geschäftliches Interesse an der Sanierung des Geschäftskontos. Zweck und wirtschaftliche Funktion waren entscheidend, nicht die äußere Bezeichnung.

Lebensversicherung als Tilgungsträger – 7 Ob 190/12k

Eine Lebensversicherung zur Besicherung eines endfälligen Kredits für die Renovierung einer Ordination wurde dem Betriebsbereich zugerechnet. Der OGH stellte klar, dass ein innerer Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit besteht, wenn der Vertrag offenkundig zur betrieblichen Finanzierung dient.

Sonderfälle: Berufsausbildung und
Versicherungsverträge

  • Berufsausbildung: Lehrverhältnisse gelten als Berufsausübung; Fortbildung ist privat, sofern sie aus Eigeninitiative erfolgt und nicht unmittelbar mit der aktuellen Tätigkeit verknüpft ist.
  • Berufsunfähigkeitsversicherung: Ansprüche aus BU-Verträgen sind dem Privatbereich zuzuordnen, da sie primär der Sicherung des Lebensstandards dienen (LG Düsseldorf 9 O 30/17).

Rolle der Unklarheitenregel

War für den Kläger „Versicherungsschutz im Privatbereich“ ausdrücklich vereinbart und waren nur unter dem Titel „für den Betrieb“ bestimmte Rechtsschutz-Bausteine (Risken) ausdrücklich ausgewiesen, so muss dies ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer nicht dahin verstehen, dass der vom Vorversicherer ausdrücklich zugesagte „Versicherungsschutz im Privatbereich“ tatsächlich überhaupt nicht besteht. Vielmehr ist eine vom Versicherer derart unklar gewählte Formulierung iSd § 915 ABGB zu dessen Lasten auszulegen. Daraus folgt, dass für den VN „Versicherungsschutz im Privatbereich“ – zumindest – in jenem Umfang besteht, als in der Versicherung Rechtsschutz-Bausteine (Risken) „für den Betrieb“ vereinbart waren. (OGH7 Ob 97/17s = versdb 2018, 3).

Fall aus der Rechtsservice- und Schlichtungsstelle (RSS-E 15/10)

Ein VN führte nach Stilllegung seiner Tankstelle einen Kfz-Handel von seiner Privatadresse aus. Die Nachbarin klagte wegen betrieblicher Nutzung des Servitutsweges. Die RSS entschied: Vorwurf betrifft den betrieblichen Bereich. Auch die mitversicherte Ehefrau konnte sich nicht auf den Privatbereich berufen, da eine einheitliche Streitpartei vorlag.

2. Orientierungsrahmen für die Praxis

Die Analyse der Fälle zeigt u.a. folgende (unverbindliche) Kriterien, die in der Praxis der Vermittlung/Beratung bzw. der Schadenbearbeitung herangezogen werden können:

  • Risikoausmaß: Das betriebliche Risiko ist für den RS-VR im Durchschnitt höher und vielfältiger.
  • Innerer Zusammenhang: Entscheidend ist der sachliche Bezug zur selbständigen Tätigkeit; ein mittelbarer Zusammenhang reicht, bloße Zufälligkeit nicht.
  • Geschäftlicher Charakter: Privat bleibt nur, was nicht auf eigene geschäftliche Interessen gerichtet ist.
  • Zweckwidmung: Die konkrete wirtschaftliche Zielsetzung ist oft ausschlaggebend. Welchen konkreten Zweck verfolgt also bspw ein Rechtsgeschäft?
  • UGB-Kriterien: Dauer, Organisation und Entgeltlichkeit können mitunter als Orientierung hilfreich sein.

Fazit

Die Abgrenzung Privat–Betrieb ist kein schematischer Vorgang, sondern eine juristische Feindifferenzierung im Einzelfall. Sie erfordert eine sorgfältige Prüfung des inneren Zusammenhangs, des wirtschaftlichen Zwecks und der persönlichen Interessenlage des VN. Für Vermittler und Versicherer gilt: Eine präzise Analyse, Beratung und Vertragsgestaltung sind entscheidend, um spätere Deckungsstreitigkeiten zu vermeiden.

Hier geht‘s zum ersten Teil …

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