Zwei Themen beschäftigen derzeit viele bAV-Praktiker: Wie ist eine fondsgebundene Lebensversicherung (FLV) steuerlich zu behandeln, wenn sie zur Rückdeckung einer Pensionszusage dient? Und wann steht bei Pensionsabfindungen der „Hälftesteuersatz“ nach § 37 Abs. 5 EStG tatsächlich zu? Markus Reindl, allgemein beeideter Sachverständiger für betriebliches Vorsorgewesen, beleuchtet aktuelle Stolperfallen in Bilanzierung und Steuerpraxis – und zeigt, worauf Berater und Unternehmen besonders achten sollten.
Artikel von:
Markus Reindl, MBA MSc MA
marCKus bAV-Consulting GmbH
Vorab: Dieser Artikel richtet sich an eher erfahrene bAV-Praktiker. Ich möchte zwei fachliche Themen aufgreifen, welche mir in den letzten Monaten über Klienten von Anbieter- bzw. Kundenseite vermehrt untergekommen sind. Das ist vielleicht auch für Sie und Ihre Kunden interessant.
1. Fondsgebundene LV (FLV) als Rückdeckung für Pensionszusagen – Bewertung in der Bilanz/steuerliche Bewertung
Mir wurde, vermehrt in jüngster Zeit, einige Male die Ansicht präsentiert, dass mit der FLV im Steuerrecht so zu verfahren wäre wie bei der klassischen LV. Also immer die aktuelle „Deckungsrückstellung“ maßgeblich sei. Bei der FLV wäre das der Kurswert mal Anzahl der Anteile zum Bilanzstichtage. Angelehnt ist diese Annahme daran, dass in den Einkommenssteuerrichtlinien (EStR) in den Rz 2361 iVm Rz 3368 auf das Deckungskapital als steuerlich zu aktivierenden Wert Bezug genommen wird. Genau dies wäre aber in der FLV nahezu verheerend, da man dann eventuell nicht realisierte Kursgewinne der zugrundeliegenden Investmentfonds zum Bilanzstichtage sofort mit der KÖSt zu versteuern hätte, welche sich Monate später mitunter bereits wieder in Luft auflösen könnten.
Schon im Jahre 2008 hat der Unabhängige Finanzsenat (Vorläuferorganisation des Bundesfinanzgerichts) im Falle einer FLV erkannt: Die steuerliche Betrachtung in den Richtlinien beschränkt sich auf eine Versicherung bei welcher diese Kapitalien „mit Sicherheit“ vorliegen – also in erster Linie eine klassische Lebensversicherung. Bei der FLV ist so zu verfahren wie bei direkt im Anlagevermögen zu haltenden Wertpapieren. Kurzum: Steuerliche Aktivierung mit dem aktuellen Wert (Anteile mal Kurswert), maximal aber den Anschaffungskosten (Niederstwertprinzip) – Kursgewinne schlagen sich steuerlich erst bei Realisierung (Verkauf der Anteile) nieder. An dieser durchaus sinnvollen und nachvollziehbaren Betrachtung hat sich meines Wissens auch nichts geändert. Doch eben jene steuerliche/bilanzielle Betrachtung führt zu weiteren Fragen zur FLV als Rückdeckungsversicherung.
Exkurs 1: Was sind eigentlich die „Anschaffungskosten“ in der FLV?
Hier könnte man jetzt vorschnell die Annahme treffen, dass alle Gewinne („Gewinn“ als Differenz zwischen einbezahlten Prämien und Auszahlungsbetrag), welche die FLV im Betriebsvermögen abwirft, erst mit Auszahlung an die GmbH zu versteuern wären (Realisierung). Also eigentlich sogar ein „Vorteil“ zur klassischen LV, in welcher ja die jährliche Werterhöhung des Deckungskapitals aufgrund Rechnungszins und zugeteilter Gewinnbeteiligung durchaus höher sein kann als die im konkreten Jahr einbezahlten Prämien? Dem ist mitnichten so: Wer A sagt, muss auch B sagen! Ist die FLV wie direkt gehaltene Wertpapiere zu behandeln, so sind die Anschaffungskosten die einbezahlte Prämie UND die sogenannten „ausschüttungsgleichen Erträge“ (AgE). Diese AgE (Dividenden, welche in den Fonds fließen bzw. Transaktionsgewinne im Investmentfonds) sind insbesondere bei thesaurierenden Fonds, welche in der FLV idR verwendet werden, mitunter durchaus hoch. Anders als bei Depots im Privatbereich erfolgt die steuerliche Abrechnung dieser idR nicht automatisiert über die Depotbank. Die AgE, welche man sich zu jedem Fonds auf der Homepage der österreichischen Kontrollbank etwas mühsam heraussuchen muss, müssen jährlich im Rahmen der Bilanzerstellung händisch den übrigen Anschaffungskosten (also der bezahlten Versicherungsprämie) zugeschlagen werden. Ansonsten habe ich streng genommen eventuell eine (unzulässige) Körperschaftssteuerverkürzung im jeweiligen Jahr.
Exkurs 2: Wie ist das in der Bilanz zu betrachten, kann man die FLV auch „saldieren“?
Die Fragestellung ist: Kann ich die unternehmensrechtliche Rückstellung und den (bilanziellen) „Wert der Rückdeckungsversicherung“ auch dann saldieren, wenn es sich um eine FLV handelt? Mit der klassischen LV funktioniert das bei Vorliegen einiger Kriterien (Verpfändung,…).
Betrachten wir die Sache wortwörtlich, so muss die Antwort „ja“ lauten. AFRAC 27 (das ist eine Bilanzierungsempfehlung, an welche man sich halten sollte) spricht in Rz 49 von „Rückdeckungsversicherung“ – und das ist eine FLV ganz eindeutig. Nur: Gemeint ist in AFRAC wohl eine klassische LV, also eine solche, in welcher der Wert zum Bilanzstichtage faktisch fix ist und nicht mehr fallen kann.
Kurzum: Ob man es saldiert bzw. wie man mit den AgE verfährt, ist letztlich die Entscheidung der steuerlichen Vertretung/Bilanzierung bzw. Wirtschaftsprüfung. Fachlich würde ich hier weder eine Versicherungsgesellschaft noch -berater in Verantwortung sehen.
2. Finanz versagt einmal mehr den Hälftesteuersatz bei Pensionsabfindungen – ist das jetzt eine große Sache für die bAV?
Vorab: nein. Wieder einmal wurde mehreren Steuerpflichtigen kürzlich (im konkreten Falle vom VwGH bzw. BFG) die Anwendbarkeit des § 37 Abs. 5 EStG bei einmaliger Abfindung aus einer Pensionszusage (das ist die Regelung zur „Hälftesteuer“) endgültig versagt. Und das vollkommen zu Recht, da die „Forderung auf Abfindung“ zu spät entstanden war. Solche Versagungen gab es seitens der Finanz oder Gerichte in den letzten Jahren mehrere, obwohl die Grundvoraussetzungen erfüllt waren. Die beiden Hauptgründe
a) Forderung ist zu spät entstanden (wie im konkreten Fall)
b) Keine „Aufgabe“ der Erwerbstätigkeit (steuerpflichtige Person hatte zeitnah nach Pensionsabfindung noch Einkünfte aus aktiver Erwerbstätigkeit über der Freigrenze)
Die aktuellen Fälle waren ähnlich geartet wie viele andere in den letzten Jahren. Die steuerpflichtige Person hat die Tätigkeit beendet und sich die Pensionszusage einmalig abfinden lassen. In der Zusage war eine „Option auf Kapitalabfindung“ enthalten.
Nach Maßgabe der Judikatur zu § 37 Abs. 5 EStG, aber auch den Steuerrichtlinien, ist eine reine Option nicht ausreichend. In jeder Pensionszusage besteht eine Forderung auf Rentenzahlung, nicht auf Einmalabfindung. Damit die Option auf Abfindung zur Forderung auf Abfindung wird muss sie unbedingt schriftlich gezogen werden – und zwar allerspätestens am letzten Tage vor Beendigung der Tätigkeit. Dies ist im konkreten Falle nicht erfolgt.
Die Abfindungsvereinbarung (oder Ziehung der Option) ist immer ein eigenes Dokument. Eine „Option auf Abfindung“ kann in die Zusage aufgenommen werden (würde ich sogar unbedingt empfehlen).
Kurzum: Wenn das mancherorts auch künstlich aufgebauscht wird – die Fälle unterscheiden sich nicht wesentlich von Vorhergehenden. Beachten Sie unbedingt, dass Ihr Kunde VOR der Beendigung der Tätigkeit eine „Abfindungsvereinbarung bzw. Optionsziehung“ unterschreibt bzw. dass in den Zusagen die Abfindungsoption besteht (was oft ohnehin der Regelfall ist).
Diese fachlichen Themen ändern aber nichts daran, dass Sie Ihren Kunden (und sich selbst) mit gut umgesetzten bAV-Lösungen etwas Gutes tun können.
Ich wünsche Ihnen (weiterhin) viel Erfolg bei der bAV.
Den gesamten Beitrag lesen Sie in der AssCompact November-Ausgabe!
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