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Unterstützung für Vermittler: Praktische Hilfen und Rechtssicherheit im digitalen Wandel – Teil 3

Unterstützung für Vermittler: Praktische Hilfen und Rechtssicherheit im digitalen Wandel – Teil 3

20. Januar 2025

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9 Min. Lesezeit

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Recht & Wissen

Im dritten Teil der Interviewrunde werfen KR Christoph Berghammer, MAS (Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler), Mag. Hannes Dolzer (Fachverbandsobmann der Finanzdienstleister) und KR Horst Grandits (Bundesgremialobmann der Versicherungsagenten) einen Blick auf die dringendsten Anliegen ihrer Mitglieder und wie sie diesen 2025 mit Unterstützung und innovativen Lösungen begegnen wollen. Dabei stehen vor allem die Auswirkungen des Provisionsverbots, der steigende bürokratische Aufwand und der Einsatz von KI im Fokus.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 20.01.2025

Die Herausforderungen, mit denen sich die Vermittler und Finanzdienstleister konfrontiert sehen, betreffen nicht nur die Veränderungen durch europäische Regelungen, sondern auch die tägliche Arbeit mit administrativen und rechtlichen Anforderungen. Christoph Berghammer stellt klar: „Ganz klar bei der Verhinderung eines Provisionsverbots, weil dies existenzbedrohend für unsere Mitglieder ist. Auch bei der elektronischen Kommunikation wünschen sie sich im Zuge des digitalen Wandels mehr Rechtssicherheit.“

Hannes Dolzer hebt ein weiteres zentrales Thema hervor: „Es hat sich in den letzten Jahren hier nicht viel geändert. Das Hauptthema ist die Entbürokratisierung. Es gibt Informations- und Dokumentationsvorschriften, die viel zu exzessiv sind, wie z. B. 64 Seiten bei Abschluss eines Altersvorsorgeprodukts lesen zu müssen. Einer Umfrage zufolge haben 50 % der Unternehmen schon überlegt, ihre Konzession aufgrund des zu hohen bürokratischen Aufwands zurückzulegen. Über 50 % dieser Unternehmen haben auch angegeben, dass für die Umsetzung der rechtlichen Vorgaben 30% bis 50% der Arbeitszeit nötig sind. Das darf nicht sein. Finanzdienstleister sollen ja primär ihre KundInnen betreuen und sind nicht in erster Linie dazu da, für die Gesetzgebung und Aufsichten zu arbeiten. Hier ist mehr Augenmaß ganz dringend nötig.“

Horst Grandits fügt hinzu: „Unsere Mitglieder wünschen sich vor allem praktische Unterstützung, die den administrativen Aufwand und rechtliche Unsicherheiten verringert. Ein wichtiger Beitrag in diesem Bereich ist unsere neue, umfassende Mustersammlung, die online für unsere Mitglieder verfügbar ist. Diese Musterdokumente wurden speziell in einer eigens dafür gegründeten Arbeitsgruppe entwickelt und von einer erfahrenen Rechtsanwaltskanzlei geprüft, um höchste Qualität und Praxistauglichkeit zu gewährleisten. Die Mustersammlung umfasst Vorlagen für die Beratungsstrecke, interne Richtlinien sowie Dokumente im Bereich DSGVO. Ein weiterer Vorteil ist die erhebliche Zeitersparnis, da die Agenten durch die Nutzung dieser Musterunterlagen weniger Zeit für die Erstellung eigener Dokumente aufwenden müssen.“

Darüber hinaus betont Grandits, dass auch das Weiterbildungsangebot der Landesgremien der Wirtschaftskammer ein weiterer zentraler Wunsch der Mitglieder ist. „Gerade angesichts der sich schnell verändernden Anforderungen in der Branche sind diese Weiterbildungen eine wertvolle Ressource, um sich rechtlich und fachlich auf dem neuesten Stand zu halten.“

Die Zukunft des Provisionssystems und die Anpassung der Branche

Das Thema Provisionsverbot bleibt weiterhin ein zentrales Anliegen für die Branche. Christoph Berghammer erklärt: „Die Europäische Kommission hat – vereinfacht ausgedrückt – das Verbot von Provisionen für die unabhängige Beratung und Vermittlung gefordert; das Europäische Parlament und der Rat stimmen diesem Vorschlag im Wesentlichen zu, sodass wir aktuell davon ausgehen müssen, dass ein Provisionsverbot für die unabhängige Beratung/Vermittlung im finalen Richtlinientext tatsächlich enthalten sein wird. Wir werden uns weiterhin um eine Klarstellung bemühen, dass (ähnlich wie in anderen europäischen Ländern) der/die Versicherungsmakler:in in seinem/ihren Auftritt dem/der Kunden/Kundin gegenüber nicht zwangsläufig unabhängig sein muss, sondern auch „ungebunden“ agieren kann und auf diesem Weg weiterhin Provision erhalten kann. Dieses System ist in vielen europäischen Ländern durchaus etabliert, stellt jedoch – und dessen sind wir uns bewusst – im Hinblick auf das Selbstverständnis der österreichischen Makler:innen einen kleinen Paradigmenwechsel dar; die Unterscheidung sollte man sich künftig aber zu eigen machen, denn: Im Hinblick auf die vereinbarte Entlohnung durch Provision oder auf Honorarbasis wird man sich künftig im Auftritt gegenüber den Kund:innen wohl bewusst als „ungebunden“ oder als „unabhängig“ zu deklarieren haben.“

Hannes Dolzer sieht das Provisionsverbot differenziert: „Das Thema Provisionsverbot beschäftigt die Branche seit vielen Jahren. Mal mehr, mal weniger. Ich beobachte, dass das Provisionssystem alle paar Jahre etwas mehr eingeschränkt wird. Am Ende wird es wohl mal keine Provisionen mehr geben. Aber das wird noch einige Jahre dauern. Zeit für die Unternehmen und uns als Interessensvertretung, uns darauf einzustellen und vorzubereiten. Diese Zeit sollten wir alle nutzen. Es ist keine Eile geboten, aber je früher und je besser Vermittler darauf eingestellt sind, desto leichter wird der Umstieg. Aus anderen Ländern weiß ich, dass es Unternehmen gibt, die mit dem Umstieg von Provisionen auf Honorare ihre Einnahmen (markant) erhöht haben. Wir können hier also auch eine Chance sehen.“

Horst Grandits fügt hinzu: „Es wird viel diskutiert, ob und in welcher Form das Provisionsverbot tatsächlich kommen würde. Sollte ein Provisionsverbot vorgesehen werden, würde es nach aktuellem Stand allerdings nur unabhängige Versicherungsvermittler betreffen. Versicherungsagenten wären voraussichtlich in Österreich davon nicht betroffen, da sie rechtlich als Erfüllungsgehilfen des Versicherers agieren und im Auftrag der Versicherungsunternehmen tätig sind. Jedoch würde dies einen ersten Schritt der Regulierung der Vergütungsregelungen darstellen, womit die Befürchtung zusammenhängt, dass die Regulierungen in Zukunft auch auf noch nicht betroffene Gruppen ausgeweitet werden. Wir beobachten daher die Entwicklungen und setzen uns bereits jetzt mit Nachdruck dafür ein, dass das Provisionssystem in seiner bisherigen Form beibehalten wird.“

Vom steigenden Aufwand zu Erleichterungen im Arbeitsalltag: Der Einsatz von KI

Im Hinblick auf den digitalen Wandel sehen die Experten großes Potenzial für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), um die Arbeitsabläufe zu optimieren und die Vermittler in ihrem täglichen Geschäft zu unterstützen. Christoph Berghammer sagt: „Im Zuge der Insurtech Insights in London 2025 werden die Vertreter:innen des Fachverbands wieder einen Blick auf die KI-Megatrends in der Branche werfen. Hier muss zusätzlich Bedacht darauf genommen werden, dass nicht alle Möglichkeiten auch für alle Mitglieder finanzierbar sein werden. Gut vorstellbar wäre meiner Ansicht nach Unterstützung der KI bei der Schadenabwicklung; da besteht aber wohl noch sehr viel Luft nach oben.“

Hannes Dolzer sieht KI als eine Möglichkeit, den Arbeitsalltag deutlich zu entlasten: „Egal ob KI oder „nur“ das Internet. Die Recherche wird einfacher, es ist mehr Wissen schneller verfügbar. KI kann die vorhandenen Informationen mittlerweile schon unglaublich gut er- und zusammenfassen. Der Aufwand für administrative Tätigkeiten wird geringer. Wir werden weniger Zeit zum Schreiben am Computer brauchen. Die Formulierung der Texte wird besser. KI wird also viel Zeitersparnis bringen und viele Dinge vereinfachen.“

Horst Grandits ergänzt: „Der Einsatz von KI bietet vor allem im Backoffice erhebliche Potenziale, um den Arbeitsalltag von Versicherungsagenten zu erleichtern. KI-gestützte Systeme können administrative Aufgaben wie Datenerfassung, Dokumentenverwaltung und Terminplanung automatisieren und beschleunigen. Das spart Zeit und reduziert den Aufwand, den Versicherungsagenten für Routineaufgaben aufbringen müssen. Die bereits angesprochene „Agentur der Zukunft“ wird zur Optimierung von Abläufen ebenfalls auf moderne Tools zurückgreifen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass eine gute Beratung nach wie vor ausschließlich durch qualifizierte Versicherungsvermittler gewährleistet werden kann. Die individuelle Analyse und Betreuung der Kundenbedürfnisse erfordern Erfahrung, Fachwissen und Einfühlungsvermögen – Aspekte, die sich nicht durch KI einfach ersetzen lassen. KI kann also eine wertvolle Unterstützung im Hintergrund bieten, damit sich unsere Mitglieder stärker auf ihre Kernaufgabe konzentrieren können: eine fundierte und persönliche Beratung, die den Kunden in den Mittelpunkt stellt.“

Foto oben v.l.n.r.: KR Christoph Berghammer, MAS (Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler), Mag. Hannes Dolzer (Fachverbandsobmann der Finanzdienstleister) und KR Horst Grandits (Bundesgremialobmann der Versicherungsagenten)

Hier lesen Sie den ersten Teil der Interviewrunde ...

Hier lesen Sie den zweiten Teil der Interviewrunde ...

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