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Kfz-Kaskoversicherung: Grobe Fahrlässigkeit beim Abstellen eines Kfz

(Bild: © Shawon – stock.adobe.com)

Kfz-Kaskoversicherung: Grobe Fahrlässigkeit beim Abstellen eines Kfz

27. November 2023

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3 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Ein Versicherungsnehmer stellte sein Auto auf einer Parkfläche mit Gefälle ab und aktivierte dabei das „Hill-Holdsystem“ ohne jedoch einen Gang einzulegen oder die Handbremse anzuziehen. Das wäre aber nötig gewesen, da sich das Hill-Holdsystem ansonsten nach 20 Sekunden automatisch wieder löst. Das Fahrzeug des Versicherungsnehmers geriet daraufhin ins Rollen und prallte schließlich gegen eine Gartenhütte. Der Oberste Gerichtshof musste nun die Schwere des Sorgfaltsverstoßes durch den Versicherungsnehmer bewerten. (7 Ob 127/23m)

Artikel von:

Dr. Roland Weinrauch

Dr. Roland Weinrauch

Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer besteht ein Kfz-Kaskoversicherungsvertrag. Die vor dem Haus des Versicherungsnehmers befindliche Parkfläche weist ein (Nord-Süd-) Gefälle auf den ersten vier Metern nach der Begrenzung durch eine Steinmauer von 1% auf und steigt innerhalb der nächsten vier Meter auf bis zu 30% an. Ein auf der Parkfläche abgestelltes Fahrzeug kann bei nicht entsprechender Absicherung über eine Wegstrecke von nahezu 20 Metern wegrollen.

Das Fahrzeug des Versicherungsnehmers verfügte über ein Schaltgetriebe, eine Handbremse und ein sogenanntes „Hill-Holdsystem“, mit welchem der Versicherungsnehmer gut vertraut war. Dieses System bewirkt, dass bei Anhalten des Fahrzeugs und kurzem Betätigen des Bremspedals im Leerlauf die Bremse über eine Zeitspanne von etwa 20 Sekunden aktiviert wird und sich anschließend wieder löst.

Der Versicherungsnehmer stellte sein Fahrzeug auf der Parkfläche vor seinem Haus mit der Front in Richtung Norden in etwa auf Höhe der Begrenzung durch die Steinmauer ab. Ein derart abgestelltes Fahrzeug rollt aufgrund des vorhandenen Gefälles bei nicht entsprechender Absicherung in Richtung Süden ab. Der Versicherungsnehmer legte weder einen Gang ein, noch zog er die Handbremse an, sondern aktivierte das „Hill-Holdsystem“. Ohne sich zu vergewissern, ob ein Gang eingelegt oder die Handbremse aktiviert war, stieg er aus dem Fahrzeug aus. Nach ungefähr 20 Sekunden löste sich die Bremse und begann das Fahrzeug über die Parkfläche nach hinten in Richtung Süden zu rollen, bis es schließlich gegen die Gartenhütte des Versicherungsnehmers prallte und diese beschädigte.

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung musste der Oberste Gerichtshof (7 Ob 127/23m) die Schwere des Sorgfaltsverstoßes durch den Versicherungsnehmer bewerten. Gemäß § 61 VersVG ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat.

In vorliegenden Fall war der Versicherungsnehmer sowohl mit den Örtlichkeiten als auch mit den technischen Einrichtungen seines Fahrzeugs gut vertraut. Er wusste daher, dass sich die Bremse beim Anhalten des Fahrzeuges und Aktivierung des „Hill-Holdsystem“ nach einer Zeitspanne von etwa 20 Sekunden wieder lösen wird. Dennoch legte er weder einen Gang ein, noch betätigte er die Handbremse und stellte das Fahrzeug in einem Bereich ab, in dem ein leichtes (aber rasch und stark zunehmendes) Gefälle besteht. Der OGH kam daher nach Würdigung all dieser Umstände zum Ergebnis, dass das Verhalten des Versicherungsnehmers nicht mehr als nur leicht fahrlässig einzustufen sei, sodass Leistungsfreiheit des Versicherers bestand.

Schlussfolgerungen

Das Ziehen der Handbremse und/oder Einlegen eines Gangs beim Abstellen des Fahrzeugs auf einem Parkplatz mit Gefälle ist auch bei Vorliegen eines „Hill-Holdsystems“ eine einfache und naheliegende Maßnahme, um das Wegrollen des Fahrzeugs zu verhindern, weshalb dem Versicherungsnehmer im vorliegenden Fall der Sorgfaltsverstoß auch subjektiv schwer vorwerfbar war.

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