Eine neue europaweite Verbraucherumfrage von Guidewire zeigt: Das Ansehen der Versicherer verbessert sich spürbar. Gleichzeitig steigt die Akzeptanz für digitale und KI-gestützte Prozesse – doch viele Befragte fordern klare Kontrollmechanismen und menschliche Rückversicherung bei automatisierten Entscheidungen.

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 14.05.2025
Die diesjährige Verbraucherstudie des Softwareunternehmens Guidewire basiert auf einer Online-Erhebung unter 4.010 Versicherungsnehmern in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Spanien. Zielgruppe waren Personen über 18 Jahren, die innerhalb der letzten zwölf Monate eine häufige Versicherung – etwa in den Bereichen Kfz oder Hausrat – abgeschlossen oder erneuert haben.
Insgesamt geben 38% der Befragten in Deutschland an, sich von ihrem Versicherer verstanden zu fühlen. In Frankreich und Spanien liegen die Werte leicht darunter, das Vereinigte Königreich bildet mit 24% das Schlusslicht. Die Aussage, Versicherer seien zwar notwendig, aber lästig, verliert erstmals an Zustimmung. Gleichzeitig sinkt der Anteil jener, die Versicherer als teuer und bei der Schadenbearbeitung zögerlich wahrnehmen. In Deutschland beträgt dieser Anteil nur noch 9%, in den anderen Ländern liegt er etwas höher, jedoch ebenfalls unter den Werten der vergangenen drei Jahre.
Innovationspotenzial wird höher eingeschätzt
Auch das Innovationsimage der Versicherungsbranche verbessert sich. 44% der Befragten in Deutschland bezeichnen die Branche als innovativ und spannend, in Frankreich liegt dieser Wert bei 41%, in Spanien bei 40%. Das Vereinigte Königreich folgt mit 35%. Im Vergleich zum Vorjahr zeigen sich damit in allen vier Ländern leichte Zuwächse.
Kundenservice: gestiegene Zufriedenheit, veränderte Kommunikationskanäle
Der Kundenservice der Versicherer wird insgesamt positiv bewertet. In Deutschland gaben 73% an, dass ihr Ansprechpartner über alle notwendigen Informationen verfügte. In Spanien liegt dieser Wert bei 72%, in Frankreich etwas darunter, im Vereinigten Königreich bei 56%. In der Kommunikation mit dem Versicherer zeigt sich eine Verschiebung: Telefon und E-Mail bleiben dominante Kontaktkanäle, verlieren aber an Bedeutung. Gleichzeitig gewinnen mobile Apps an Akzeptanz – 26% der deutschen Befragten nannten sie als bevorzugte Option. Auch der Einsatz von Chatbots wird zunehmend akzeptiert: In Deutschland können sich 18% eine Schadenmeldung über diesen Kanal vorstellen, in Frankreich liegt der Wert bei 7%.
Häufigkeit von Schadenmeldungen: starke Unterschiede zwischen den Ländern
Die Studie dokumentiert erhebliche Unterschiede in der Zahl der Schadenmeldungen. In Deutschland gaben 54% der Befragten an, im vergangenen Jahr einen Schaden gemeldet zu haben. Spanien folgt mit deutlich geringerem Anteil, im Vereinigten Königreich liegt der Wert bei lediglich 16%. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen fällt die Meldungsrate europaweit besonders hoch aus. In Deutschland liegt sie in dieser Gruppe bei 76%, bei den über 55-Jährigen bei 33%. Diese jüngere Altersgruppe ist auch offener für Reduktionen beim Versicherungsschutz. Während europaweit etwa 50% der Befragten sich vorstellen können, Leistungen zu reduzieren, liegt die Zustimmung in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen deutlich darüber. Bei älteren Befragten fällt sie entsprechend geringer aus.
Künstliche Intelligenz: Akzeptanz vorhanden, aber Wunsch nach Kontrolle wächst
Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Versicherungsprozessen zeigen sich die Verbraucher grundsätzlich aufgeschlossen. Etwa die Hälfte der Befragten in Deutschland fühlt sich wohl damit, wenn KI beim Ausfüllen von Formularen oder beim Antrag unterstützt. 45% akzeptieren KI-gestützte Hilfe im telefonischen Kundenservice. Ein Drittel vertraut auf KI in der Schadenbearbeitung. Spanien liegt hier mit 40% an der Spitze.
Auch bei der Preisgestaltung für Policen ist eine gewisse Offenheit zu beobachten. 40% der Befragten in Deutschland können sich vorstellen, dass KI diese Aufgabe vollständig übernimmt. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen liegt die Zustimmung europaweit am höchsten – in Deutschland bei 41%, bei den über 55-Jährigen nur bei 17%. Das vollständige Vertrauen in KI geben in Deutschland 12% der Befragten an, in der Altersgruppe zwischen 24 und 35 Jahren sind es 17%.
Parallel dazu nimmt das Bedürfnis nach nachvollziehbarer Kontrolle zu. 43% der Verbraucher wünschen sich, dass Entscheidungen von KI im Konfliktfall durch Menschen überprüft werden. Im Vorjahr lag dieser Wert bei 41%. 28% fordern eine nachvollziehbare Begründung durch die KI selbst – ebenfalls ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr.
Nachhaltigkeit als Anforderung an die Branche
Ein zentrales Ergebnis der Studie betrifft die Erwartungen an das ökologische Verhalten von Versicherern. In allen vier Ländern wünschen sich viele Befragte, dass Versicherer stärker zur Nachhaltigkeit beitragen. In Deutschland sprechen sich 32% für eine Reparatur statt Ersatz versicherter Gegenstände aus. Frankreich liegt mit 37% vorn. Weitere Forderungen betreffen Investitionen in Umweltprojekte oder eine aktivere Rolle der Versicherer gegenüber ressourcenintensiven Branchen. Nachhaltige Produkte werden von rund 30% der Befragten nachgefragt. Nur 20% der deutschen Teilnehmer sehen keine Verantwortung der Versicherer beim Klimaschutz – bei den Jüngeren liegt dieser Wert mit 7% besonders niedrig.
René Schoenauer, Director Product Marketing EMEA bei Guidewire Software:
"In diesem Jahr senden die Ergebnisse unserer Studie ein deutlich positives Signal an die Versicherer. Die Branche verzeichnet einen klaren Imagegewinn. Die Versicherer waren demnach in der Lage, den Bedürfnissen der Kunden entgegenzukommen. Wir sehen auch, dass die Verbraucher sich stärker auf digitale Technologien wie mobile Apps einlassen. Beim Einsatz von KI müssen die Versicherer darauf achten, die richtige Balance zwischen der Anforderung nach Automatisierung und dem Wunsch der Verbraucher nach einer menschlichen Kontrollinstanz zu finden."
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