In der modernen Portfoliotheorie gelten Diversifikation und Gewichtung von Einzeltiteln als zentrale Faktoren für Risiko- und Renditeprofil eines Portfolios. Während marktkapitalisierungsgewichtete Indizes seit Jahrzehnten den Standard für Benchmarking und marktnahe Veranlagungen darstellen, rückt zuletzt eine Alternative verstärkt in den Fokus: gleichgewichtet ausgerichtete Aktienportfolios.
Artikel von:
Alfred Kober
Vorstand und CIO der Security KAG
Statt die größten Unternehmen dominieren zu lassen, erhält jeder Titel – unabhängig von seiner Größe – denselben Stellenwert. Dadurch gewinnen Diversifikation und Risikoverteilung an Bedeutung. Zudem wirkt eine implizite Anpassungslogik, die sich in bestimmten Marktphasen als Vorteil erweisen kann. Equal Weighting als Allheilmittel zu sehen, wäre jedoch verfehlt: Höhere Transaktionskosten, Abweichungen von klassischen Indizes und stärkere Gewichtung volatilerer Werte gehören zur Realität. Welche Chancen und Risiken bringen gleichgewichtete Portfolios aber konkret? Welche Insights liefert die empirische Evidenz? Und welche Rolle spielt Equal Weighting im modernen Asset Management?
Theoretische Grundlagen
Ein gleichgewichtetes Portfolio verteilt das Kapital zu gleichen Teilen auf alle Werte. In einem Index mit 100 Aktien erhält jeder Titel ein Gewicht von exakt einem Prozent – unabhängig von der Börsengröße. Damit unterscheidet sich Equal Weighting fundamental vom marktkapitalisierungsbasierten Ansatz, der zu einer hohen Konzentration auf wenige Megakonzerne führt. Im S&P 500 stellen die Top-10 Unternehmen mittlerweile rund 40 % des Index. Equal Weighting setzt dem eine bewusste Gleichverteilung entgegen.
Die Idee ist nicht neu: Schon in den 1970er-Jahren wurde sie diskutiert – in einer Zeit, in der ebenfalls wenige Konzerne die Märkte dominierten. Mit Smart-Beta-Produkten und wachsender Kritik an passiver „Market-Cap-Gefangenschaft“ erlebt der Ansatz heute eine Renaissance.
Vorteile gleichgewichteter Portfolios
Durch die Gleichgewichtung wird das Klumpenrisiko verringert, das wohl wichtigste Unterscheidungsmerkmal. Keine Einzelposition dominiert das Gesamtergebnis – selbst wenn es sich um einen globalen Giganten handelt. Investierende profitieren von der gleichmäßigeren Risikoverteilung. Da kleinere Unternehmen in klassisch gewichteten Indizes unterrepräsentiert sind, führt Equal Weighting automatisch zu einem höheren Engagement der zweiten Reihe an Unternehmen. Diese Titel zeichnen sich oftmals durch höhere Wachstumsraten und gelegentlich auch durch Überrenditen aus – wenngleich auch bei einem Tick mehr an Schwankung.
Auch erfordern Equal-Weight-Portfolios regelmäßige Anpassungen, um die Gleichgewichtung beizubehalten. Dabei werden Aktien mit stark ansteigenden Kursen tendenziell reduziert und niedrigere Kurse tendenziell aufgestockt. Dieser Mechanismus entspricht einer antizyklischen „Buy low, sell high“-Logik, die langfristig, und insbesondere in Übertreibungsphasen, Wert schaffen kann.
Mehrere empirische Studien zeigen, dass gleichgewichtete Indizes über längere Zeiträume häufig eine bessere Rendite als ihre marktkapitalisierten Pendants erzielen.
Herausforderungen und Nachteile
Bei all den begrüßenswerten Vorteilen bringt die Gleichgewichtung auch Herausforderungen mit sich. So ist das regelmäßige Rebalancing kostenintensiver als bei Buy-and-Hold-Strategien. Besonders in Märkten mit hohen Handelskosten oder bei großen Fondsvolumina kann dies die Netto-Rendite schmälern. Daher sind digitalisierte und optimierte Handelszugänge essenziell für eine erfolgreiche Umsetzung.
Auch kann das stärkere Gewicht der Masse an weniger großen Titeln zu einer marginal höheren Schwankungsintensität im Regelbetrieb führen. Investierende werden allerdings damit „entlohnt“, dass Verluste (Draw-Downs) nach immer wieder beobachtbaren Phasen der Euphorie an den Börsen in der Regel geringer ausgeprägt sind.
Empirische Evidenz
Der gleichgewichtete S&P 500 erzielte in den vergangenen 25 Jahren im Schnitt eine höhere Rendite als die klassische Variante – bei leicht erhöhter Volatilität. Besonders in Phasen breiter Marktstärke, also wenn viele Titel zur Performance beitragen, zeigt der Ansatz deutliche Vorteile.
Praktische Umsetzungsmöglichkeiten
Insbesondere für institutionell Investierende, die mehr Ausgewogenheit im Portfolio suchen, bietet sich die vorgestellte Methodik an. Bei der Security KAG kombinieren wir diesen Ansatz mit Themen der Nachhaltigkeit bzw. der Mehrfaktoren-Ausrichtung und führen dazu zwei erfolgreiche, international ausgerichtete Produkte in unserer Fondspalette.
Equal Weighting kann als eigenständige Kernstrategie oder als Ergänzung im Kontext einer vollumfänglichen Aktienveranlagung gesehen werden. Besonders in Kombination mit klassischen marktkapitalisierten Investments lassen sich Diversifikation und Renditechancen sinnvoll verbessern. Große Teile der in Aktien veranlagenden Investorengemeinde sind in dieselben bekannten Börsenlieblinge investiert. Während diese Ausrichtung in den letzten Jahren gut funktioniert hat, werden dadurch Portfolios bei einem Umschwung des Börsensentiments massiv anfällig für stärkere Draw-Downs.
Fazit und Ausblick
Gleichgewichtete Aktienportfolios sind weit mehr als eine theoretische Spielerei. Sie bieten einen praktikablen Ansatz, um die Dominanz weniger Megakonzerne zu durchbrechen, die Diversifikation zu erhöhen und von Rebalancing-Effekten zu profitieren. Häufig stehen die Euphorie und das Börsenfieber am Ende langanhaltender Phasen steigender Kurse.
Die empirische Evidenz spricht dafür, dass Anleger mit Equal Weighting über längere Zeiträume zumindest ebenso attraktive Renditen erzielen können und in der Methodik eine realistische Chance vorfinden, um Draw-Downs nach dem Börsenboom zu schmälern.
Im Zeitalter von marktnahen Strategien und Faktorinvesting hat die Gleichgewichtung eine feste Rolle als einfache, transparente und robuste Alternative zu klassischen Indizes gefunden. Für langfristig orientierte Investoren, die bereit sind, bekannte Pfade zu verlassen, um bewusst breiter zu diversifizieren, kann dieser Ansatz eine sehr wertvolle Ergänzung im Portfolio sein.
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