Das Thema Betriebsnachfolge ist eines der zentralen Herausforderungen für Versicherungsmakler. Darüber und über mögliche Lösungen diskutierte eine hochkarätige Expertenrunde auf Einladung der EFM Versicherungsmakler AG im AssCompact Mediencenter Gasometer in Wien.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 11/25/2022
Nach der Begrüßung der Runde durch AssCompact Vertriebsleiter Akad. Vkfm. Ernst Vallant und EFM Vorstand für Vertrieb & Marketing, Rainer Polleichtner startete der hoch interessante Nachmittag mit einem Impulsreferat von Julie Schellack, Partnerin bei MARTENS & PRAHL Versicherungskontor GmbH & Co. KG. Martens & Prahl ist eine Maklergruppe mit 90 Beteiligungsunternehmen, bei denen M&P im Schnitt mit unter 50% beteiligt ist. „Laut aktuellen Umfragen beschäftigen sich immer mehr Makler mit dem Thema Betriebsnachfolge. Daraus ist zu schließen, dass zahlreiche Makler in den nächsten Jahren aufhören werden“, so Julie Schellack. So ergab eine Umfrage aus Dezember 2021, dass sich 62% der befragten Versicherungsmakler mit dem Thema Unternehmensnachfolge beschäftigt haben. Mehr als ein Viertel der Teilnehmer wolle verkaufen, nur ein Viertel sieht die eigenen Kinder als Option. 16% würden an operative, angestellte Geschäftsführer denken.
EFM-Umfrage: Zwei Drittel der selbständigen Versicherungsmakler denkt über eine Betriebsübergabe nach
Im Anschluss an den Impulsvortrag präsentierte AssCompact Vertriebsleiter Ernst Vallant die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage unter heimischen Vermittlern zum Thema Betriebsübergabe, die AssCompact im Auftrag der EFM durchgeführt hat. So haben sich bereits zwei Drittel der 231 Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer schon über eine Betriebsübergabe bzw. über einen Verkauf Gedanken gemacht. Für 69% wird dieses Thema in den nächsten zehn Jahren Realität, für 42% von ihnen schon innerhalb der nächsten fünf Jahre. Der Pensionsantritt ist mit 92% Hauptgrund für eine Betriebsübergabe. In 58% der Fälle soll die Übergabe über einen Bestandsverkauf ablaufen, nur 16% haben eine/n Nachfolger/in aus der Familie.
Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer wünscht sich professionelle Hilfe bei einer Betriebsübergabe. Dabei sind Steuerberater mit 61% Hauptansprechpartner, vor der WKO, Unternehmensberatern und Maklerkooperationen.
Zwei Drittel der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer haben bis zu 1.000 Privatkunden, nur knapp 15% mehr als 2000. 76% der Befragten haben bis zu 150 Gewerbe- und Industriekunden, nur 11% mehr als 300. Für 26% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer liegt der Jahresprämienumsatz bei den Privatkunden unter 100.000 Euro. Für knapp 46% liegt der Jahresprämienumsatz bei den Gewerbekunden unter 100.000 Euro.
Herkulesaufgabe Bestandsverkauf?
Es ist also offensichtlich, dass dieses Thema in der Versicherungsbranche ohne Zweifel ein „heißes Eisen“ ist. Diskussionsleiter Rainer Polleichtner warf zu Beginn der Diskussionsrunde die Fragen in die Runde, wie die Teilnehmer die Nachfolgethematik einschätzen, wo es Risikopotenzial gibt und was mit dem ungebundenen Vertrieb in diesen Zeiten passieren wird.
Dazu KommR Christoph Berghammer, MAS, Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler: „Wir haben in den vergangenen fünf Jahren eine nicht zu unterschätzende Reduktion bei den aktiven Versicherungsmaklern erlebt. Dazu gibt es 50% Ein-Personen-Unternehmen mit wenig Struktur, mit wenig Umsatz. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum die Übergabe so schwierig ist. Die Übernahme eines kleineren Maklerbüros kann funktionieren, aber es muss auch sehr genau zum Käufer passen. Was können wir als Kammer tun? Ich bin der Meinung, dass der Beruf unter anderem weiblicher werden muss. Auch mit Kindern ist der Beruf machbar, da man sich vieles selbst einteilen kann. Der Beruf ist spannend und sehr vielseitig.
ÖVM Präsident Ing. Alexander Punzl erläuterte, dass es gelte, unsere Branche interessanter zu machen. „Dann wird sich das Nachfolge-Problem auch leichter lösen lassen – sei es im Innendienst, im Fachdienst im Außendienst oder bei den Maklern. Die Branche hat leider nach wie vor einen schlechten Ruf. Daran müssen wir arbeiten. Denn die kleineren Makler können nicht übergeben, weil sie aufgrund der Bestandsgröße für andere Makler nicht interessant genug sind. Und die Interessanteren werden im Moment von einer überschaubaren Anzahl von großen Maklern aufgekauft. Das ist für mich eigentlich auch keine Lösung.“
Zum Thema, ob sich vermehrt gute Außendienstmitarbeiter von Versicherern in Richtung Maklerschaft verändern sollten, merkte Arno Schuchter, Vertriebsvorstand der Generali Versicherung AG an, dass Weiterbildung und Nachwuchs-Rekrutierung vor allem im Maklerstand sehr wichtig sei. „Der Maklerstand muss sich überlegen, wie er zu neuen Leuten kommt, ohne sie ausschließlich aus den Versicherungsgesellschaften zu rekrutieren. Denn das alleine wird nicht reichen.“ Ins selbe Horn stieß EFM-Gründer Josef Graf: „Wir können nicht von Partnerschaft auf Augenhöhe reden, wenn hinter den Rücken der Gesellschaften die Mitarbeiter abgeworben werden. Wir als EFM repräsentieren eine gewisse Größenordnung und zählen gemeinsam mit Martens & Prahl sowie Söderberg mehr als 4.000 Menschen in unserer Organisation. Das heißt, wir können uns auch trauen, da neue Wege zu gehen. Es gibt mittlerweile viele Studiengänge, aber die sind alle berufsbegleitend. Wir möchten vermehrt Fernstudiengänge unterstützen, damit auch Mütter die Chance haben, von zu Hause aus eine Ausbildung zu machen.
Mehrfach-Standort-Konzept mit Zukunft?
Einen Gedanken der EFM stellten im Anschluss Rainer Polleichtner und Josef Graf vor. Sie regten die Diskussion an, ob ein Mehrfach-Standort-Konzept einer Maklergruppe zielführend sein würde. Dabei könne man sich Makler-Gesellschaften in den Regionen vorstellen, in denen es regionales Management gibt und in die regionale Maklerbetriebe „hineingekauft“ werden können.
Dazu Dipl.-Ing. Christian Sipöcz, VAV-Vorstandsmitglied: „Aus Versichersicht kann ich sagen, dass die VAV keine dezentralen Verwaltungseinheiten in den Bundesländern, sondern stattdessen Regionalleiter hat. Die Vermittler vor Ort werden persönlich besucht – lokale Ansprechpartner zu bieten, ist enorm wichtig. Lokalität ist einfach wichtig, um authentisch zu bleiben.
Arno Schuchter ergänzte: „Versicherung ist ein Vertrauensgeschäft und Vertrauen passiert primär zwischen Menschen. Ich denke, dass es sich dabei auch um einen Trend handelt, dass Makler-Zusammenschlüsse und Makler-Zukäufe primär in der Region passieren. Denn der Makler, der gekauft wird, will auch wissen, wo er hinkommt.“
Foto oben: Roundtable- im AssCompact Mediencenter Gasometer, v.l.n.r.: Generali-Vorstand Arno Schuchter, EFM-Gründer Josef Graf, ÖVM-Präsident Alexander Punzl, Fachverbandsobmann Christoph Berghammer, AssCompact Vertriebsleiter Ernst Vallant, EFM-Vorstand Rainer Polleichtner, Martens & Prahl-Partnerin Julie Schellack und VAV-Vorstand Christian Sipöcz
Den gesamten Beitrag lesen Sie in der AssCompact Dezember-Ausgabe!
Nachfolgend eine Fotorückblick des EFM-Roundtables zum Thema Betriebsnachfolge:
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren