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„ ‚Grüne‘ Finanzprodukte müssen von der Nische ins Kerngeschäft“

„ ‚Grüne‘ Finanzprodukte müssen von der Nische ins Kerngeschäft“

26. Februar 2020

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5 Min. Lesezeit

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News-Finanzen

Sind Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung in der Finanzbranche mehr als nur ein „grüner Anstrich“? Darüber wurde beim Financial Forum des Finanz-Marketing Verbands Österreich (FMVÖ) in den Räumlichkeiten der Zürich Versicherung in Wien diskutiert.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 2/26/2020

Der Moderator des Abends, FMVÖ-Vorstand Werner Schediwy, erläuterte in seiner Einleitung, dass Retailbanken und Versicherungen einen großen Einfluss auf die Verwendung von Geld haben – denn durch ihre Veranlagungskriterien und Kreditbedingungen würden sie die Entwicklung und Nachhaltigkeitswirkung unterschiedlicher Branchen beeinflussen.

„Nicht nur kleine Stellschrauben“

In ihrer Keynote betonte Lisa Simon, Teamleitung Klimaschutz und Finanzmarkt beim WWF, dass der österreichische Markt sehr am Anfang stehe, was eine systematische Integration von Nachhaltigkeitskriterien betreffe. In einem Rating des WWF wurden die zehn umsatzstärksten österreichischen Banken nach 25 Kriterien in Bezug auf Nachhaltigkeit bewertet. Sieben reihten sich im oberen bzw. unteren Mittelfeld ein, drei wurden als unterdurchschnittlich bewertet. Es sind nicht nur kleine Stellschrauben, an denen die Institute drehen müssen, es geht vielmehr um große Strategien, die umgesetzt werden müssen. Ökologische und soziale Standards müssten im Kerngeschäft integriert werden“, so das Fazit von Lisa Simon.

In der anschließenden Podiumsdiskussion betonte Simon, dass es trotz einzelner positiver Initiativen bei den meisten Finanzunternehmen noch immer viel zu wenig Bewusstsein für ihre Verantwortung im Kampf gegen die Klimakrise gebe. „Die Finanzindustrie nützt ihre große Marktmacht immer noch viel zu wenig für klima- und umweltfreundliche Investitionen. Geld treibt die Klimakrise an – oder eben den Klimaschutz. Daher müssen ‚grüne‘ Finanzprodukte von der Nische ins Kerngeschäft, um einen wirksamen Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen und zum Schutz der Biodiversität zu leisten“, so die WWF-Finanzexpertin.

Kritischer Blick auf „Imagekampagnen“

Wie die Kommunikationsleiterin der Volksbank Wien Monika Bäumel berichtete, sei nachhaltiges Wirtschaften durch die Erstellung der Berichte noch weiter in den Fokus gerückt. So sei man letztes Jahr dem UN Global Compact beigetreten und habe erstmals den wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen Sustainable Development Goals (SDGs) zugeordnet. Auch der aktuelle Bericht werde in Übereinstimmung mit den GRI-Standards (Global Reporting Initiative) erstellt.

„Mir ist schon aufgefallen, dass sich im Finanzsektor immer mehr Unternehmen Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreiben“, sagte Fridays for Future-Komiteemitglied Laurenz Faber. „Diese Imagekampagnen betrachte ich aber immer kritisch, denn die größten Kapitalverwalter der Welt schlagen immer noch Profit aus fossilen Energieträgern, ohne die katastrophalen Auswirkungen der fortschreitenden Klimakrise zu berücksichtigen.“ Umso wichtiger sei es, dass mutige Banken und Versicherungen voranschreiten und ihren Konkurrenten zeigen, dass wirtschaftlicher Erfolg und moralisches Rückgrat nicht unvereinbar seien. Fridays for Future fordere von allen Kapitalverwaltern der Welt schrittweises Divestment aus allen fossilen Projekten und mit sofortiger Wirkung das Ende aller Investments in neue fossile Explorationsprojekte.

Auch Versicherungen aktiv

Auch im Versicherungsbereich sind Nachhaltigkeit und soziales Engagement keine Nischenthemen mehr. „So ist beispielsweise die Zurich Gruppe seit 2014 weltweit CO2-neutral und hier in Österreich beziehen wir unseren Strom zu 100% aus erneuerbarer Energie“, erläuterte Andrea Stürmer, CEO der Zürich Versicherungs-AG CEO. Ob es angesichts dieser Beispiele überhaupt noch eine eigene Genossenschaft für Gemeinwohl brauche, wollte Werner Schediwy von Fritz Fessler, Vorstand der Genossenschaft für Gemeinwohl, wissen. Laut Fessler seien Genossenschaften nach der Philosophie „Hilfe zur Selbsthilfe“ gegründet worden, allerdings sei dieser Gedanke zum Teil verlorengegangen. Genau dort setze man mit dem zusammen mit dem Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen ins Leben gerufenen Produkt an.

„Man kann mit der Veranlagung ein Statement setzen. Die Zeit, in der Unternehmen nur Shareholder-Wünsche erfüllt haben, ist angesichts der aktuellen Lage des Planeten definitiv vorbei“, so Peter Eitzenberger von der VBV. „Umweltmanagement und Klimaneutralität im Büro sind zwar ein erster Schritt, der Lackmusstest ist aber das Kerngeschäft!“, betonte Eitzenberger.

Foto (v.l.): Lisa Simon (Teamleitung Klimaschutz & Finanzmarkt, WWF), Monika Bäumel (Leitung Kommunikation, Volksbank Wien AG), Laurenz Faber (Komiteemitglied Fridays for Future), Andrea Stürmer (CEO, Zürich Versicherungs-AG), Fritz Fessler (Vorstand, Genossenschaft für Gemeinwohl), Peter Eitzenberger (CSR-Beauftragter, Leiter Vertrieb/Kundenservice & Kundenkommunikation, VBV-Vorsorgekasse AG), Werner Schediwy (FMVÖ-Vorstand)

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