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Stornoversicherung und COVID-19-Pandemie/Eine Kombination mit Konfliktpotenzial

(Bild: © utah51 – stock.adobe.com)

Stornoversicherung und COVID-19-Pandemie/Eine Kombination mit Konfliktpotenzial

12. April 2023

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3 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Reisestornoversicherungen sind aus der täglichen Praxis nicht wegzudenken und machen in der Regel kaum rechtliche Probleme. Dass dies auch anders sein kann, zeigt die Entscheidung OGH 7 Ob 203/22m vom 25.1.2023.

Artikel von:

Dr. Wolfgang Reisinger

Dr. Wolfgang Reisinger

Lektor WU Wien und der Donau-Universität Krems

Der Versicherungsnehmer (VN) hat einen Heli-Skiingurlaub in Alaska vom 28.03.2020 bis 04.04.2020 und einen Hin- und Rückflug von Seattle nach Alaska gebucht. Am 11.03.2020 sprach die WHO eine Pandemiewarnung aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus aus. Am 13.03.2020 trat ein allgemeines Einreiseverbot in die USA für Reisende aus dem Schengenraum in Kraft. Der VN erlangte davon Kenntnis und wartete die Ereignisse vorerst ab. Am 18.03.2022 überknöchelte der VN, als er eine Stiege in seinem Wohnhaus hinunterging. Dabei zog er sich eine Verletzung des rechten oberen Sprunggelenks zu, die zu seiner Reiseunfähigkeit führte. Am 20.03.2020 stornierte der VN seine Reise, dafür musste er 100% Stornokosten entrichten. Der Versicherer lehnte die Deckung ab, weil nach den AVB für Ereignisse infolge von Epidemien und Pandemien kein Versicherungsschutz bestehe. Die Deckungsklage des VN war in allen Instanzen erfolgreich.

Entscheidungsgründe

Zu prüfen ist, ob der allgemeine Risikoausschluss des infolge einer Pandemie eintretenden Ereignisses hier verwirklicht ist. Das könnte etwa im Falle einer Stornierung aufgrund einer akuten Erkrankung an Covid-19 der Fall sein, was hier aber nicht zu beurteilen ist. Der hier von der Beklagten herangezogene Fall des Einreiseverbotes ist dagegen schon von der primären Risikoumschreibung zum Storno nicht umfasst. Mit der Verhängung des Einreiseverbotes hat sich daher kein im Rahmen der Stornoversicherung versichertes Ereignis verwirklicht. Vor der Verletzung des Klägers lag somit auch noch gar kein Versicherungsfall vor. Ein Versicherungsfall ist erst mit der zur Reiseunfähigkeit führenden Verletzung des Klägers eingetreten. Da die Verletzung des Klägers aber nicht auf die Pandemie zurückzuführen war, ist der Risikoausschluss auf ihn nicht anwendbar.

Kommentar

Es kommt wohl nicht allzu häufig vor, dass in einer OGH-Entscheidung ein gedeckter Versicherungsfall, ein nicht gedeckter Versicherungsfall und ein Ausschluss zusammenfallen. Versicherungsfall nach den AVB ist eine plötzliche, unerwartete, schwere Krankheit oder eine Unfallverletzung des Versicherten, wenn sich daraus zwingende Reiseunfähigkeit ergibt. Wie der OGH richtig feststellt, ist eine Deckung wegen eines Einreiseverbotes ohnehin nicht gegeben, sodass der Ausschluss von Epidemien und Pandemien gar nicht relevant ist. Hätte sich der VN die Knöchelverletzung nicht zugezogen, wäre ohnehin keine Deckung aus der Reisestornoversicherung gegeben. Das Berufungsgericht formulierte sehr schön, dass die reale Kausalität einer hypothetischen Kausalität vorgeht. Der VN hatte auch das Glück, dass er die Anreise in die USA gesondert buchte und der Flug nicht zustande kam, sodass die Kosten von der Fluglinie ersetzt wurden. Eine Obliegenheitsverletzung dahin, die Reise nicht bereits vor seinem Unfall storniert zu haben, war dem VN aufgrund der zum damaligem Zeitpunkt sehr unübersichtlichen Lage nicht vorzuwerfen.

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact April-Ausgabe!

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