Eine Versicherungsnehmerin hatte mit einem Konsortium von Seeversicherern einen Kaskoversicherungsvertrag für ihren Katamaran abgeschlossen. Nachdem das Schiff bei einem Sturm vom Liegeplatz abgetrieben und beschädigt worden war, lehnten die Versicherungen eine Leistung ab und verwiesen auf grobe Fahrlässigkeit des Skippers, eine Verletzung der Schadenminderungspflicht sowie unrichtige Angaben in der Schadensmeldung. (7 Ob 24/25t)
Eine Versicherungsnehmerin verlangte nach einem Schiffsunglück Versicherungsleistung – doch die Versicherer lehnten ab. Hintergrund ist ein Vorfall aus dem Jahr 2012: Ein Katamaran hatte sich bei Sturm vom Liegeplatz gelöst, strandete und wurde beschädigt. Rettungsmaßnahmen wären unmittelbar nach dem Vorfall möglich gewesen, blieben jedoch aus. Die Versicherer berufen sich auf grobe Fahrlässigkeit des Skippers sowie auf eine Verletzung der Schadenminderungspflicht und bestreiten ihre Leistungspflicht.
Was ist passiert?
Eine Versicherungsnehmerin erwarb 2008 einen Katamaran und schloss mit einem Konsortium von Versicherern einen Kaskoversicherungsvertrag über EUR 2,12 Mio. ab. Im Versicherungsvertrag wurde u. A. der Skipper des Katamarans als „authorised person in the event of loss“ benannt.
Im Jahr 2012 löste sich der Katamaran aufgrund starken Winds und Seegangs von seinem Liegeplatz in einem Hafen, strandete am felsigen Ufer und wurde beschädigt. Rettungsmaßnahmen wären in der ersten Stunde möglich gewesen, wurden jedoch nicht gesetzt. Die Versicherungsnehmerin verlangte daraufhin Versicherungsleistung. Die Versicherer verweigerten die Deckung und beriefen sich auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Skipper, Verletzung der Schadenminderungspflicht sowie unrichtiger Angaben in der Schadensmeldung.
Die Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise:
§ 6 Ausschlüsse
Der Versicherer leistet keinen Ersatz für […]
b) Schäden, die der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat […]
§ 10 Obliegenheiten im Versicherungsfall
[…]
2. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, aus eigener Initiative alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, die zur Abwendung und Minderung des Schadens als geeignet in Betracht kommen. […].
Wie ist die Rechtslage?
In seiner Entscheidung vom 21.05.2025, Geschäftszahl 7 Ob 24/25t, führte der OGH zunächst aus, dass die in Deutschland entwickelte Repräsentantenhaftung in Österreich nicht zur Anwendung gelangt. Einem Versicherungsnehmer wird das Verhalten eines Dritten nur zugerechnet, wenn er diesen ausschließlich zur Abwicklung des Versicherungsverhältnisses gegenüber dem Versicherer bevollmächtigt hat. Wer bloß die Obhut über die versicherte Sache ausübt, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Für die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls § 61 VersVG oder die Verletzung der Schadenminderungspflicht § 62 VersVG kam daher keine Zurechnung in Betracht.
Der OGH kam daher zu dem Schluss, dass der Skipper nicht Vertreter der Versicherungsnehmerin im Versicherungsverhältnis war, sondern lediglich Nutzer des Katamarans. Die Versicherer waren daher nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Skipper oder Verletzung der Schadenminderungspflicht leistungsfrei.
In Hinblick auf eine etwaige Aufsichtspflichtverletzung des Skippers verwies der OGH die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Unterinstanzen zurück.
Schlussfolgerung
In Österreich wird das Verhalten eines Dritten dem Versicherungsnehmer für die Beurteilung der Frage, ob ein Schaden vorsätzlich oder grob schuldhaft herbeigeführt wurde oder eine Verletzung der Schadenminderungspflicht besteht, nur dann zugerechnet, wenn dieser ausschließlich als Vertreter des Versicherungsnehmers zur Abwicklung des Versicherungsverhältnisses gegenüber dem Versicherer bestellt wurde. Für die Zurechnung ist es nicht ausreichend, wenn die dritte Person nur die Obhut über die Sache hat.
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