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Digitalisierung in der Versicherungswirtschaft – Teil 2

Digitalisierung in der Versicherungswirtschaft – Teil 2

14. Mai 2024

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7 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Im ersten Teil des Interviews zum Thema „Digitalisierung in der Versicherungswirtschaft“ mit Philip Barwinek CEFA, CIIA, Prokurist der EFM Versicherungsmakler AG, war über das große Potenzial zu lesen, das die Digitalisierung im Bereich der Prozessoptimierung bietet. Im zweiten Teil des Interviews spricht Barwinek über den Einfluss großer Technologieunternehmen, strategische Empfehlungen und die Zukunft der ungebundenen Vertriebswege in einer digitaleren Versicherungswelt.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 5/14/2024

Philip Barwinek sieht mehrere Herausforderungen und potenzielle Risiken für Unternehmen wie Versicherer und Vermittlerbüros im Zusammenhang mit der Digitalisierung und dem Einfluss großer Technologieunternehmen. „Einige ergeben sich ausschließlich aus dem Prozess der Digitalisierung selbst, wie beispielsweise das Thema Cybersecurity. Andererseits gibt es auch Bereiche, die zwar in der digitalen Welt existieren, jedoch anders behandelt werden müssen, wie etwa das Thema Datenschutz. Bei dem Versuch, Datenschutzrichtlinien einzuhalten, wird schnell deutlich, dass dies für ein rein analoges Papierbüro kaum realisierbar ist. Fragen nach dem Datenzugriff oder der redundanten Datenspeicherung werden hierbei problematisch. Hybride Büros, die sich in einer Übergangsphase befinden, haben es möglicherweise etwas einfacher, müssen jedoch dennoch den Mehraufwand bewältigen, der entsteht, wenn analoge und digitale Prozesse zusammengeführt werden müssen.“

Auch Vermittlerbüros und Gruppierungen stehen laut Barwinek vor der Herausforderung, sich an unterschiedliche Grade der Digitalisierung anzupassen, die innerhalb der Versicherungsbranche existieren: „Was für einige Versicherungen funktioniert, ist für andere möglicherweise noch lange Zeit undenkbar. Dies erschwert die Anpassung von Büroprozessen erheblich. Obwohl es am Markt Standards wie OMDS3 gibt, die beispielsweise standardisierte Berechnungen bei Versicherungen über Schnittstellen ermöglichen sollen, gestaltet sich die Realität oft anders. Die Vielfalt der Schnittstellen erschwert die Entwicklung und somit die Schaffung neuer Lösungen und Geschäftsmodelle.“

Obwohl große Technologieunternehmen wie Google und Amazon versucht haben, in den Versicherungsmarkt einzutreten, sind sie bisher nicht in großem Maßstab erfolgreich gewesen. „Zahlreiche Start-ups haben ebenfalls kreative Lösungsansätze versucht, sind aber letztendlich gescheitert. Trotz des technischen Know-hows, der Expertise in Nutzerfreundlichkeit und des enormen Kapitals, das hinter ihnen steht, haben sie keine großen Durchbrüche erzielt. Die Vielfalt und Komplexität unseres Geschäfts schützt die Branche weitgehend vor solchen Einflüssen“ ,ist Barwinek überzeugt.

Digitale Transformation: Strategische Handlungsempfehlungen für Vermittler und Versicherer

Philip Barwinek empfiehlt Vermittlern und Versicherern mehrere strategische Maßnahmen, um sich erfolgreich auf die digitale Transformation vorzubereiten und Chancen zu nutzen: „Das Wichtigste ist aus meiner Sicht, damit zu beginnen. Aller Anfang ist schwer, und ich kann absolut nachvollziehen, dass Büros vor Herausforderungen stehen, wenn sie sich diesen Veränderungen stellen wollen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Es kann sein, dass ein Büro seit langem erfolgreich mit bewährten Prozessen und Abläufen arbeitet und unsicher ist, wie eine Umstellung verlaufen würde. Es kann auch sein, dass im Büro ältere Mitarbeiter beschäftigt sind, die sich nur schwer auf digitale Prozesse umstellen lassen, und dass der Mehrwert digitaler Lösungen angesichts der anfallenden Kosten nicht klar ersichtlich ist. Oftmals werden Schritte erst gesetzt, wenn es keine andere Wahl mehr gibt.“

Unternehmen sollten außerdem in Schulungen investieren, um digitale Kompetenzen aufzubauen und Mitarbeiter auf den Wandel vorzubereiten. „Eine offene Haltung gegenüber Veränderungen ist entscheidend. Es sollte experimentiert und auf innovative Technologien gesetzt werden, um den richtigen Weg für das jeweilige Büro zu finden. Dabei sollte man nicht in Aktionismus verfallen, nur weil Künstliche Intelligenz oder ähnliche Themen diskutiert werden. Es sollten jedoch Schritte gesetzt werden, um mit der Zeit zu gehen“, rät Barwinek.

Ein Schwerpunkt sollte zudem auf der Optimierung von Büroprozessen liegen, um die Effizienz zu steigern: „Man sollte sich stets fragen: ‚Kann das nicht besser, schneller oder digitaler gemacht werden?‘ Oftmals ist man überrascht, was bereits heute möglich ist. Zudem sollte versucht werden, die Kundenbindung zu erhöhen, beispielsweise durch personalisierte Angebote. Ein personalisiertes Angebot geht über ein standardisiertes Versicherungsprodukt hinaus und berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse verschiedener Kunden", so Barwinek.

Die anhaltende Bedeutung unabhängiger Vertriebswege in der digitalen Versicherungslandschaft

Barwinek ist zuversichtlich, dass unabhängige Vertriebswege in der digitalisierten Versicherungsbranche weiter an Bedeutung gewinnen werden, vorausgesetzt, dass die Büros die richtigen Maßnahmen ergreifen. Persönliche Beratung und individuelle Betreuung durch Vermittler bleiben seiner Meinung nach unersetzlich, selbst in einer digitalisierten Welt. „Die zunehmende Digitalisierung, die auch bei Kunden Einzug hält, bewirkt, dass sie sich vor allem online informieren. Dabei stoßen sie zwangsläufig auf zwei wichtige Aspekte: Erstens ist die Materie oft komplex, das Angebot groß und das Risiko eines Fehlers schwer kalkulierbar. Dies spricht für die Expertise eines Vermittlers. Im Gegensatz zum Spekulieren mit Geld an den Finanzmärkten kann ein Fehler bei der Wahl einer Versicherung existenzbedrohend sein. Daher ist es verständlich, dass Kunden auf kompetente Beratung setzen. Selbst mit guten Online-Tools werden Alleingänge weiterhin Bedenken hervorrufen.“

Barwinek ist außerdem überzeugt, dass der Wert unabhängiger Vertriebswege weiter steigen wird, trotz der Annahme, dass Online-Angebote ihren Wert erodieren könnten: „So wie Möbelhäuser nicht das Aussterben von Tischlern bewirkt haben, werden Kunden auch in Zukunft bereit sein, für Qualität und persönliche Betreuung zu zahlen. Kunden werden in einer digitalen und unpersönlicheren Welt zunehmend bereit sein, den Wert des menschlichen Kontakts zu schätzen und zu honorieren."

Um der digitalen Konkurrenz erfolgreich entgegenzutreten, sollten unabhängige Vermittler eine Kombination aus persönlicher Betreuung und digitalem Angebot liefern. „Wenn der Berufsstand weiterhin seine Expertenstellung betont, wird er auch in Zukunft relevant bleiben. Es ist möglich, dass in Zukunft auch einfachere Produkte online oder am Point of Sale abgewickelt werden. Doch solange die Expertise und Qualität der Beratung gewährleistet sind, werden unabhängige Vertriebswege ihre Relevanz behalten“, ist Barwinek sicher.

Hier geht’s zum ersten Teil des Interviews …

Das gesamte Interview lesen Sie in der AssCompact Mai-Ausgabe!

Foto oben: Philip Barwinek CEFA, CIIA; Prokurist der EFM Versicherungsmakler AG

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