Ing. Reinhold Niescher, IGV-Ressortleiter für Lebens- und Krankenversicherung und Experte für Biometrieabsicherungen, spricht im Interview über das starke Wachstumspotenzial der Versicherung biometrischer Risiken in Österreich und die Auswirkungen der Digitalisierung auf Beratung und Abschlussprozesse.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 5/16/2024
In den vergangenen Jahren hat sich das Geschäft und die Art der Beratung für Reinhold Niescher stark verändert: „Die Absicherung biometrischer Risiken hat an Bedeutung stark zugenommen. Leider ist hier noch immer massiver Beratungsbedarf gegeben, da dieses unterschätzte Risiko in der Bevölkerung immer noch nicht ausreichend präsent ist. Daher ist ein hoher Beratungsaufwand notwendig, da hier das Bewusstsein geschaffen werden muss, wie wichtig dieses Thema ist.“
Aus Nieschers Sicht stellen sich für ungebundene Vermittler hier vor allem folgende Herausforderungen dar: „In der Beratung benötigt man viel Know-how und Erfahrung in dieser Sparte. Einige Aspekte wie staatliche Absicherung, steuerliche Folgen (Einkommenssteuer) und die Prämie bei manuellen Berufsgruppen sind oft schwierig zu vermitteln. Leider bringt man auch immer weniger Risiken ohne Einschränkungen oder Ausschlüsse beim Versicherer unter, da es kaum mehr junge Menschen ohne gesundheitliche Einschränkungen gibt. Man sollte sich daher wirklich auch Lösungen anschauen, wo Kinder schon sehr früh mitversicherbar sind. Das Erkennen von abweichenden Standardfällen und Unterstützer bei der Beantragung zu sein, ist nicht immer ganz einfach. Wie im Krankenversicherungsbereich würden wir uns hier eine Kontaktaufnahme (Abwicklung) über einen Arzt seitens der VU wünschen. Kunden ist es oft unangenehm über Krankengeschichten mit einem Berater zu sprechen, was auch verständlich ist.“
Demografische Veränderungen und biometrische Risiken: Auswirkungen auf Angebot und Nachfrage von Versicherungsprodukten
Demografische Veränderungen haben einen signifikanten Einfluss auf das Angebot und die Nachfrage nach Versicherungsprodukten im Bereich der biometrischen Risiken. Insbesondere zeige sich laut Niescher, dass die Bereitschaft zur Vorsorge bei der jungen, gut ausgebildeten Generation tendenziell höher ist im Vergleich zu anderen Altersgruppen: „Bisher konnten wir feststellen, dass die Absicherung biometrischer Risiken kein Nachfragemarkt ist. Ein aktives Ansprechen wird immer notwendiger, da hier auch soziale Medien und der Einsatz von KI noch wenig Aufmerksamkeit erregen. Die junge Generation muss immer besser „funktionieren“, was zu Folge hat, dass auch immer mehr aus dem System gesundheitsbedingt, zumindest für eine Zeit lang, ausscheiden. In dieser Sparte bleibt die persönliche Ansprache durch uns Versicherungsmakler daher alternativlos.“
Die Rolle des Versicherungsmaklers bei der Bewusstseinsbildung für das Berufsunfähigkeitsrisiko
Als Versicherungsmakler versucht Niescher seinen Kunden zu helfen, ein angemessenes Bewusstsein für das Risiko der Berufsunfähigkeit zu entwickeln, indem er mehrere Ansätze verfolgt: „Wir bilden uns ständig weiter, sind stets am Laufenden, und haben mittlerweile große Erfahrung bei Schadenabwicklungen. So können wir aus der Praxis für den Kunden nachvollziehbare Fakten abbilden. Gute Informationen über das staatliche System und entsprechende Unterstützung bietet auch der Verein ChronischKrank, von Mag. Jürgen Holzinger, der unermüdlich aus der Praxis berichtet. In der Beratung zeigen wir auch immer wieder aktuelle Leistungsfälle, sortiert nach Häufigkeit, auf. Genau diese Information über das staatliche Angebot für den Fall der Berufsunfähigkeit und die entsprechende Vorsorgelücke ist vielfach nicht bewusst!“
In Bezug auf die Produktlandschaft der Berufsunfähigkeitsversicherungen sieht Niescher trotz des wachsenden Angebots eine Stabilität bei den Topanbietern mit qualitativ hochwertigen Bedingungen: „Grundsätzlich war das Bedingungswerk für den VN noch nie so gut wie jetzt. Dieses steht in unserer Beratung auf jeden Fall VOR der Prämie. Es gibt hier ja auch schon sehr gute Vergleichsportale, die uns da weiterhelfen. Man muss sich auch genau anschauen, welche Bestandsgröße hat ein Versicherer in diesem Segment und wieviel Expertise bringt er mit. Lösungen bieten dafür auch immer mehr österreichische Versicherer an, da hier wohl auch Wachstumspotenzial, wie in der Krankenversicherung, erwartet wird.“
Zukunftsperspektiven: Wachstumspotenzial und Digitalisierung in der Versicherung biometrischer Risiken
Niescher sieht weiterhin ein starkes Wachstumspotenzial für die Versicherung biometrischer Risiken in Österreich: „Wir müssen genau beobachten, wie sich die staatliche Absicherung in diesem Bereich entwickelt. Die Berufsunfähigkeit oder abgespeckte Varianten, z.B. Grundfähigkeitsvorsorgen oder ein Existenzschutz, sollte jeder gute Lebensberater unbedingt ansprechen. Wie gesagt ist hier der oft unbelohnte Aufwand (Risiko ist nicht versicherbar) sehr aufwändig. Wie man sich in solchen Fällen honorieren lässt, ist oft die Frage, das gilt auch für eine oft aufwendige Schadenabwicklung.“
Zudem sieht Niescher die Digitalisierung als einen potenziellen Einflussfaktor auf die Beratung und den Abschluss von Absicherungen gegen biometrische Risiken: „Wir hoffen, dass es bald standardisierte Abläufe mit Gesundheitscheck (Antragsvorprüfung) digital geben wird. Dzt. gibt es leider wenig ausgeprägte digitale Unterstützungselemente in Österreich. Wenn wir hier Lösungen hätten, wie sie in Deutschland in entsprechender Qualität schon funktionieren (z.B. Franke & Bornberg), dann würde uns das massiv weiterhelfen und den Prozess beschleunigen.“
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Foto oben: Ing. Reinhold Niescher, IGV-Ressortleiter für Lebens- und Krankenversicherung
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