Nach einem Brand in einem Mehrparteienhaus kürzte der Versicherer die Leistung wegen Unterversicherung. Die Eigentümer machten geltend, der Versicherer hätte bereits vor Vertragsabschluss auf das Risiko einer zu niedrigen Versicherungssumme hinweisen müssen. Strittig war vor allem, ob der Versicherer auch dann auf eine mögliche Unterversicherung hinweisen muss, wenn der Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vertreten wird. (OGH 7 Ob 103/25)
Artikel von:
Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Die Kläger sind Eigentümer eines Mehrparteienhauses, das bei der Beklagten in der Sparte Feuerversicherung mit einer Versicherungssumme in der Höhe von 900.000 Euro versichert war. Das Objekt wurde durch einen Brand im Jahr 2022 beschädigt. Im Zuge der Schadensabwicklung bewertete ein von der Beklagten beigezogener Sachverständige den Versicherungswert mit 1.681.200 Euro. Der Schaden betrug 54.885,05 Euro, die Beklagte leistete aufgrund einer Unterversicherung lediglich 36.127,28 Euro aus dem Versicherungsvertrag.
Die Kläger begehrten den aushaftenden Differenzbetrag mit der Begründung, dass für eine zu geringe Versicherungssumme die Beklagte verantwortlich sie, da sie im Rahmen ihrer vorvertraglichen Schutz- und Aufklärungspflichten auf die Unterversicherung hinweisen hätte müssen.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 9.378,89 Euro und wies das Mehrbegehren ab. Die Beklagte wäre trotz Vertretung der Kläger durch einen Versicherungsmakler zu einem Hinweis hinsichtlich einer allfälligen Unterversicherung verpflichtet gewesen; die Kläger hätten sich aber das pflichtwidrige Verhalten ihres Versicherungsmaklers, welcher zur Aufklärung der Kläger verpflichtet gewesen wäre, als Mitverschulden anrechnen zu lassen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger keine Folge, jene der Beklagten hingegen Folge und wies das Klagebegehren ab. Mit der Frage, wer im Dreipersonenverhältnis Versicherer – Makler – Versicherungsnehmer für die richtige Ermittlung der Versicherungssumme einzustehen habe, wurde der OGH angerufen.
Wie ist die Rechtslage?
Der OGH stellte zunächst klar, dass der Versicherer grundsätzlich nicht prüfen muss, ob das angebotene Produkt das gesamte Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers abdeckt. Er ist jedoch verpflichtet, erkennbaren Fehlvorstellungen des Versicherungsnehmers über den Deckungsumfang entgegenzutreten. Der Versicherungsnehmer hat selbst jene Punkte anzusprechen, die aus seiner Sicht aufklärungsbedürftig sind, außer es ist für den Versicherer klar, dass eine wesentliche irrige Vorstellung besteht. Eine Aufklärungspflicht besteht insbesondere dann, wenn der Versicherungsnehmer offensichtlich Versicherungsschutz für ein ausgeschlossenes Risiko erwartet oder wenn für den Versicherer erkennbar ist, dass der Versicherungsnehmer über einen wesentlichen Vertragspunkt irrt. Diese Pflicht geht aber nicht so weit, dass der Versicherer über alle denkbaren Eventualfälle aufklären müsste.
Zur Verantwortung des Versicherungsmaklers stellt der OGH klar, dass der Versicherungsmakler der Sphäre der Kläger zuzurechnen ist und dazu verpflichtet ist, seinen Klienten den bestmöglichen, den jeweiligen Bedürfnissen und Notwendigkeiten entsprechenden, Versicherungsschutz zu verschaffen. Er muss für seine Kunden ein erfolgreiches Risk-Management bei möglichst günstiger Deckung im Einzelfall durchführen. Die Aufklärungspflichten die der Versicherer gegenüber einem Versicherungsmakler wahrzunehmen hat, welcher über eigenes Fachwissen verfügt, sind geringer als gegenüber einem unvertretenen Versicherungsinteressenten.
Das Berufungsgericht hat nach Ansicht des OGH aufgrund übermittelter Unterlagen der Beklagten zurecht angenommen, dass sie davon ausgehen konnte, dass die Versicherungssumme in der Höhe von EUR 900.000,00 ausreichend sei. Sie habe weder den Anschein erweckt, den Wert mit einem Sachverständigen ermittelt zu haben, noch wären Anhaltspunkte für einen höheren Wert der Liegenschaft vorgelegen. Der Beklagten sei daher keine Verletzung von Aufklärungs-, Schutz und Sorgfaltspflichten anzulasten, weshalb der Klage nicht Folge zu geben sei.
Schlussfolgerung
Wie die vorliegende Entscheidung einmal mehr darlegt, besteht eine Aufklärungspflicht des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer in erster Linie dann, wenn der Versicherungsnehmer erkennbar einer Fehlvorstellung über das Produkt unterliegt, welche vom Versicherer
Wird der Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vertreten, treten die Aufklärungspflichten des Versicherers weiter zurück, weil in diesem Fall der Versicherungsnehmer selbst fachkundig vertreten ist und allfällige Pflichtverletzungen des Versicherungsmaklers dem Versicherungsnehmer zuzurechnen sind.
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