Bei einem neunjährigen Kind ist die grundsätzliche Einsicht vorauszusetzen, wonach ein Zerkratzen von Autos über einen Zeitraum von zwei Wochen kein harmloses, folgenloses Spiel, sondern ein Bosheitsakt ist. Es handelt sich hier nicht um unbedachtes, spielerisches Handeln, um einen als Ausrutscher zu wertenden „Kinderstreich“, sondern um einen Vandalenakt, zumal der Sohn des VN selbst angegeben hat, sie hätten die Autos „kaputt“ machen wollen. Es liegt keine Gefahr des täglichen Lebens vor und somit besteht keine Deckung aus der Privathaftpflichtversicherung.
Bei diesem vom OGH entschiedenen Fall ging es nur um die Frage der Deckung aus der Privathaftpflichtversicherung. Die Deckungsvoraussetzung „Gefahr des täglichen Lebens“ findet sich in den Versicherungsbedingungen. Aufgrund der außergewöhnlichen Situation hat der OGH hier wohl zurecht eine Deckung aus der Privathaftpflichtversicherung verneint.
Das bedeutet für den VN, dass der Versicherer einerseits keine Schadenersatzleistungen erbringt, sofern diese gerechtfertigt sind (also bei einer Haftung), aber auch mögliche ungerechtfertigten Schadenersatzforderungen (wenn keine Haftung) nicht abwehrt. Bei einem Neunjährigen kann man durchaus nicht immer eindeutig sagen, ob eine Haftung vorliegt.
Ein Verschulden (und somit eine Haftung) von Kindern unter 14 Jahren kann nach § 1310 ABGB nur ausnahmsweise angenommen werden. Besonders Schulkinder sind bereits in der Lage, gewisse Gefahren zu begreifen. Die Verantwortlichkeit von Unmündigen ist umso weniger anzunehmen, je mehr das Alter unter der Mündigkeitsgrenze liegt.
§ 1310 ABGB berücksichtigt auch das Vermögen des Schädigers. Nach ständiger Rechtsprechung zählt auch eine Haftpflichtversicherung zum Vermögen des unmündigen Schädigers.
Im vom OGH entschiedenen Fall wird wohl eine Haftung des Neunjährigen bejaht werden müssen. Das Problem ist aber – wie bereits ausgeführt – dass keine Deckung aus dem Versicherungsvertrag (keine Gefahr des täglichen Lebens) vorliegt. Da nun auch keine Abwehrdeckung aus dem Versicherungsvertrag besteht, muss der VN mit dem Gegner über die mögliche Haftungsfrage und die Höhe eines möglichen Schadenersatzes streiten.
Quellen: Maitz, AHVB/EHVB – Verlag Österreich, versdb OGH Datenbank
Autor: Ewald Maitz, MLS – www.knowhow-versicherung.at
versdb – Datenbank: www.versdb.at
versdb – Zeitschrift: www.versdb.at/print