Wie Walter Hager, Projektleiter im Bereich Untersuchungen/Finanzdienstleistungen beim VKI – Verein für Konsumenteninformation, die Auswirkungen der aktuellen wirtschaftlichen Lage auf den Markt für Lebensversicherungen bewertet, erläutert er im Interview.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 2/9/2024
Walter Hager, Projektleiter im Bereich Untersuchungen/Finanzdienstleistungen beim VKI
Aus Sicht von Walter Hager hat sich im Bereich der klassischen Lebensversicherungen aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage wenig verändert. „Die Renditeaussichten sind ohnehin weiter gering bis nicht vorhanden, auch wenn das Zinsniveau angestiegen ist. Einerseits gibt es in diesem Segment weiterhin hohe Kosten zu tragen, welche die Ertragschancen stark schmälern, andererseits sind die Renditechancen aufgrund des hohen Anteils an festverzinslichen Papieren weiterhin gering. Das ist allerdings bei der Klassischen kein neues Phänomen – sowohl in Hochzins- als auch in Niedrigzinsphasen waren die Durchschnittsrenditen fast immer geringer als die Inflation.“
Auch für die Fondsgebundene Lebensversicherung sieht Hager akut keine großen Veränderungen: „Eine Inflation, wie wir sie im letzten Jahr gesehen haben, ist für den Vermögensaufbau generell schmerzhaft. Geht man allerdings davon aus, dass sich die Inflation in einigen Monaten wieder auf einem ‚normalen‘ Niveau einpendelt, sollten sich die Auswirkungen auf den Kaufkraftverlust bei aktienorientierten Anlagen in Grenzen halten.“
Zum langfristigen Vermögensaufbau bzw. zur Vorsorge führe laut Hager an Aktien kein Weg vorbei.: „Das führt dann naturgemäß auch zu Fondsgebundenen Varianten. Aber nur dann, wenn diese kosten- und steueroptimiert sind und die Veranlagungsstrategie optimal gewählt wird.“
So würde laut Meinung von Hager eine kostenoptimierte, provisionsfreie Fondsgebundene Lebensversicherung, bei welcher die Veranlagung breit gestreut ist und sich auch die Veranlagungskosten in Grenzen halten, dazu führen, dass Verträge nicht ständig ausgetauscht werden und somit die Vertrauenswerte wieder nach oben gehen würden: „Eine Win-Win-Situation. Derartige Verträge und Tarife sind darüber hinaus auch noch flexibler, wodurch bei guter Betreuung die Kundenzufriedenheit noch weiter steigt.“
„Maklerschaft die Situation im Vorsorgebereich ändern“
Hagers Ansicht nach kann nur die Maklerschaft die seit Jahren unbefriedigende Situation im Bereich der „Vorsorgeberatung/Pensionsvorsorge“ ändern: „Und zwar indem man sich vom restlichen Markt abhebt und ja, provisionsfreie oder zumindest ungezillmerte Tarife forciert. Im Bereich der Sachversicherungen hat das vor einigen Jahrzehnten wunderbar funktioniert – ohne Versicherungsmakler gäbe es hier wohl immer noch teure Einheitstarife mit wenig Leistung. Warum sollte das nicht auch in diesem Bereich gelingen? Unabhängig und professionell ist das Stichwort: So kann man sich von anderen Vertriebsformen, vor allem von Strukturvertrieben, unterscheiden und erfolgreich sein – davon bin ich zutiefst überzeugt.“
Aktuell ist es laut Hager oftmals so, dass viele Versicherungsmakler das Thema Vorsorge/Vermögensaufbau nicht mehr aufgreifen und dem Direktvertrieb bzw. den Strukturvertrieben überlassen. „Mich würde es freuen, wenn mehr Makler den Weg hin zur Honorarberatung oder ähnlichen Modellen wagen würden und dadurch beginnen, den Markt positiv zu verändern. Teure Standardprodukte zu verkaufen reicht hier nicht aus – es geht darum eine echte Pensionsberatung anzubieten, welche alle drei Säulen umfasst und das Haushaltseinkommen/den Haushaltsplan im Blick hat, um dann eine langfristige Strategie (bis zum Ableben) zu entwickeln. Hier sehe ich tatsächlich sehr viel Potenzial für Versicherungsmakler“, ist Hager überzeugt.
„Kapitalgarantie und fixer Aktienanteil funktioniert auf Dauer nicht – staatliche Förderung hin oder her“
Dass sich eine staatliche Förderung besonders positiv auf die Attraktivität von Vorsorgeprodukten ausgewirkt hätte, sieht Hager nicht. „Ein Konstrukt wie die PZV kann wohl nur dann wirklich funktionieren, wenn das Zinsniveau dauerhaft konstant bleibt und die Aktienmärkte nicht irgendwann einmal verrücktspielen. Diese Konstellation gab es in den letzten Jahrzehnten nicht und ich gehe davon aus, dass das so bleibt. Kapitalgarantie und fixer Aktienanteil (und sei dieser noch so gering) funktioniert auf Dauer nicht – staatliche Förderung hin oder her. Die staatliche Förderung war DAS Verkaufsargument für die PZV. Die anfänglichen 9% Förderung auf die Einzahlung wurden auch in Verkaufsgesprächen oftmals mit Rendite/Verzinsung „verwechselt“. Das Konstrukt selbst (Garantie, Garantiegeber, fixer Aktienanteil) spielte in der Beratung keine Rolle. Insgesamt ein Beispiel dafür, wie es nicht laufen sollte. Zur Attraktivität hinsichtlich des Ertrages trägt eine derartige Förderung wenig bei – hier liegt man im Bereich von höchstens 0,5% zusätzlicher Rendite durch die Förderung. Da wir hier meiner Ansicht nach von einem reinen Verkäufermarkt sprechen, würden durch Förderungen die Verkaufszahlen wieder nach oben gehen – die Produkte an sich wären dadurch aber nicht attraktiver als vorher.“
„Das ständige Austauschen von teuren Produkten muss ein Ende haben“
Hager denkt, dass zukünftig wieder mehr klassische Lebensversicherungen verkauft werden – allerdings mit den falschen Argumenten. „Mit falschen Argumenten meine ich, dass ein höheres Zinsniveau noch nicht ausreicht, um die Klassische im Verkauf wieder zu forcieren. Im Bereich der Fondsgebundenen Lebensversicherungen hoffe ich, dass weitere Anbieter dazu übergehen, kostenoptimierte und somit attraktive Tarife zu gestalten. Hier liegt die Zukunft einer stabilen, wirklich langfristig orientierten Altersvorsorge. Das ständige Austauschen von teuren Produkten muss ein Ende haben. Das sollte in Zeiten wie diesen jede Beraterin, jeder Berater beherzigen – das wäre ein wirklich guter erster Schritt in die richtige Richtung.“
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