Im Gegensatz zum Pfandrecht oder zur Zession sind Vinkulierung bzw. Devinkulierung keine juristisch definierten Begriffe, haben sich aber im versicherungsrechtlichen Sprachgebrauch etabliert.
Artikel von:
Mag. Alexander Meixner
ÖVM Vizepräsident
Mit Vinkulierung ist de facto eine Auszahlungssperre gemeint, die es dem Versicherer verbietet, ohne Zustimmung des Vinkulargläubigers an den Versicherungsnehmer zu leisten. Die Devinkulierung stellt die Aufhebung dieser Sperre dar. Das VersVG widmet sich dieser Thematik ausschließlich im Kapitel über die Feuerversicherung.
Ist nun ein Versicherungsvertrag zugunsten eines Vinkulargläubigers „gesperrt“, muss dem Versicherer im Sinne des § 106 Abs 1 VersVG spätestens einen Monat vor Vertragsablauf – ungeachtet des Beendigungsgrundes – eine Devinkulierung vorliegen, damit eine Kündigung durch den Versicherungsnehmer gültig wird. Im Gesetz genannte Ausnahmen von dieser Regelung sind die Erwerberkündigung (§ 70 Abs 2 VersVG) und die Kündigung nach Eintritt des Versicherungsfalles (§ 96 VersVG).
Die Verbraucherkündigung im Sinne des § 8 Abs 3 VersVG wird nicht explizit genannt, was darauf schließen lässt, dass eine Vertragsbeendigung auf Basis dieser Norm einer expliziten Devinkulierungserklärung bedarf. Um diese Erklärung hat sich der Versicherungsnehmer rechtzeitig zu kümmern. Diese Sichtweise ist jedoch umstritten.
Univ.-Prof. Dr. Peter Jabornegg vertritt in einem Privatgutachten die Ansicht, dass das besondere Kündigungsrecht des § 8 Abs 3 VersVG für Verbraucher auf Basis des § 15a VersVG nicht durch eine Vereinbarung zum Nachteil des Konsumenten abbedungen werden könne. Die Bestimmung des § 106 VersVG sei demzufolge auf Kündigungsrechte, die Verbrauchern zwingend eingeräumt werden, nicht anwendbar.
Demgegenüber steht die ebenfalls publizierte Rechtsmeinung von Univ.-Prof. Dr. Eva Palten, wonach die Kündigung des Versicherungsnehmers gemäß § 8 Abs 3 VersVG sehr wohl der strengen Kündigungsbeschränkung nach § 106 VersVG unterliege und daher mangels rechtzeitiger Sperraufhebung durch den Hypothekargläubiger unwirksam sei. Palten begründet ihre Ansicht mit der Feststellung, dass der Zwangscharakter des § 8 Abs 3 VersVG nur das Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer betreffe. Die Außenwirkung gegenüber dem gesetzlich geschützten Hypothekargläubiger werde dadurch hingegen nicht tangiert.
Losgelöst von den unterschiedlichen Rechtsansichten zum Kündigungsrecht für Verbraucher im Sinne des § 8 Abs. 3 VersVG im Zusammenhang mit Vinkulierungen ist festzuhalten, dass sich § 106 VersVG nur auf die Gebäude-Feuerversicherung bezieht. Nachdem es sich in der Praxis häufig um Gebäudebündelversicherungen handelt, in welchen neben der Feuerversicherung noch andere Gefahren versichert sind, gilt die Verpflichtung zur Vorlage einer Devinkulierung ausschließlich für die Sparte Feuer. Die anderen, davon unberührten Versicherungssparten sind – weil eigenständige Verträge – kraft Gesetzes jedenfalls ohne Zustimmung des Hypothekargläubigers kündbar.
Quellen: Kündigung und Rücktritt von Versicherungsverträgen durch den Versicherungsnehmer; Veits/Weixlbaumer; Verlag Goldegg Versicherungsvertragsgesetz; Fenyves/Perner/Riedler; Verlag Österreich Versicherungsvertragsrecht; Wieser; Verlag Orac; www.ris.bka.gv.at
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