Auszug aus dem Schwerpunkt-Interview mit Walter Kupec (Chief Insurance Officer Schaden/Unfall der Generali Versicherung AG), Kurt Möller (Vorstandsmitglied der Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft), Dipl.-Ing. Christian Sipöcz (Vorstandsmitglied der VAV Versicherungs-AG) und Günther Weiß (Vorstandsvorsitzender der HDI Versicherung AG) über die Entwicklung der E-Autos in Österreich und deren Auswirkung auf die KFZ-Versicherung.

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 03.03.2021
Norwegen ist der erste Staat mit einer E-Auto Quote über 50%. Wie schätzen Sie die mittelfristige Entwicklung in Österreich ein?
Walter Kupec: Norwegen ist ein wohlhabendes Land, das schon lange konsequent in eine elektrische Lade-Infrastruktur investiert. Zusätzlich wird der Umstieg von fossil betriebenen Fahrzeugen auf teure E-Fahrzeuge großzügig gefördert. In Österreich fehlt es sowohl an der Infrastruktur als auch an den Fördermitteln. So entwickelt sich die E-Mobilität hier nur langsam und wird zunächst im motorisierten Individualverkehr in Ballungszentren ihren Markt finden. Ohne massive gesetzliche Steuerungsmaßnahmen und bei der aktuellen Kostenvergleichssituation wird es eine elitäre Nische bleiben.
Kurt Möller: Die Entwicklung ist bei uns erst am Anfang. In Österreich war der Anteil an den Neuzulassungen mit rund 6% im Jahr 2020 deutlich höher als in den Vorjahren. Damit waren wir immer noch weit weg von den norwegischen Zahlen. Ich denke, dass mittelfristig auch in Österreich die Neuzulassungen von E-Autos weiter steigen werden. Voraussetzung ist, dass sich die Technologien weiterentwickeln, damit dies auch in unseren ländlichen Strukturen Anklang findet. Zusätzlich sollte bedacht werden, dass wir den Strombedarf aus erneuerbaren Energien produzieren können.
Dipl.-Ing. Christian Sipöcz: Ich persönlich rechne damit, dass der Trend hin zu mehr Elektro- aber auch Hybrid-Fahrzeugen weiter andauern wird. Von den 50% sind wir in Österreich noch weit entfernt, die seitens der Bundesregierung gesetzten Fördermaßnahmen in diesem Bereich – keine bzw. geringere Normverbrauchsabgaben sowie teilweise Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer – und die schrittweisen Erhöhungen für emissionsstärkere Fahrzeuge werden den Trend weiter verstärken.
Günther Weiß: Derzeit rechnen wir mit einer eher langsamen Entwicklung, da die Situation in Österreich nicht mit jener in Norwegen vergleichbar ist. Dies liegt nicht zuletzt an den dortigen Förderungen. Zudem erfordert es einen weiteren Ausbau des Strom-Tank-Netzes, um die Anschaffung und Nutzung eines E-Autos zu attraktivieren.
Wie reagieren Sie als Versicherer auf diese Entwicklung?
Walter Kupec: Unsere Erfahrung zeigt, dass die Risikosituation des Fahrverhaltens letztlich unabhängig von der Antriebsart eines Fahrzeugs ist. E-getriebene Fahrzeuge werden eher im Nahverkehr und in Ballungszentren eingesetzt. Das höhere städtische Unfallrisiko gleicht die niedrigere Laufleistung aus. Da der E-Fuhrpark in Österreich jünger und technisch aktueller ist, als fossil betriebene Fahrzeuge, ist der Sicherheitsstatus mit Assistance- und Kontrollsystemen höher. Das kann die Unfallgefahr positiv beeinflussen. Durch den Parallellauf als zusätzliche Antriebsart wird sich jedoch dieser kleine Vorteil über die Zeit verflüchtigen.
Kurt Möller: Wir überwachen laufend die Entwicklungen in diesem Bereich und bieten unseren Kunden derzeit einen Nachhaltigkeitsbonus, wenn diese Elektrofahrzeuge oder Fahrzeuge mit anderen alternativen Antrieben nutzen. Bei entsprechenden Änderungen – auch gesetzlicher Natur – werden wir auch in unseren Tarifen reagieren.
Dipl.-Ing. Christian Sipöcz: Die VAV hat als einer der wenigen Anbieter auf dem österreichischen Versicherungsmarkt einen KFZ-Typklassentarif in Verwendung. Dies bedeutet, dass sämtliche Fahrzeuge – auch Elektrofahrzeuge, wie auch bereits in der Vergangenheit – bei der VAV versichert werden können. Zusätzlich haben wir schon länger Prämiennachlässe für „Wenigfahrerinnen“ und „Wenigfahrer“ in unseren KFZ-Tarifen verankert. Das bedeutet, wir belohnen alle Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer unabhängig von der Antriebsart, wenn sie wenig fahren, damit ökologischer unterwegs sind und die Umwelt schonen.
Günther Weiß: Die HDI Versicherung bietet einen 20% Umweltrabatt auf die Haftpflichtprämie für Elektrofahrzeuge. Zusätzlich zeigen wir in unseren Informationsunterlagen die Vorteile von E-Mobilität auf. Diese beinhalten u.a. den Entfall der motorbezogenen Steuer für reine Elektrofahrzeuge sowie die kostenfreien Parkmöglichkeiten mit einer grünen Kennzeichentafel in den Kurzparkzonen vieler österreichischer Städte.
Lesen Sie morgen im 3. Teil der Schwerpunkt-Interviewrunde zum Thema „Kfz-Versicherung – Pandemie-Auswirkungen, Zukunft und Entwicklungen…“ über autonomes Fahren und die Auswirkung auf die Kfz-Sparte.
Das gesamte Interview lesen Sie in der AssCompact März-Ausgabe!
Foto oben v.l.n.r.: Dipl.-Ing. Christian Sipöcz, Günther Weiß, Kurt Möller und Walter Kupec
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