In der Versicherungsbranche ist die Online-Zusammenarbeit im letzten Jahr zum festen Bestandteil geworden. Eine große Anzahl von Tools halten den Kontakt zu Kunden und Kollegen technisch am Laufen. Der menschliche Faktor geht dabei aber oft verloren. Wie können Makler das in der virtuellen Welt vermeiden?
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 02.03.2021
In der Zusammenarbeit zwischen Makler und Kunde ist vor allem eines wichtig: die Vertrauensbasis. Vertrauen entsteht, wenn wir andere und ihre Handlungen gut einschätzen können. Unser soziales menschliches Gehirn ist darauf ausgelegt, Informationen zusammen mit der emotionalen Botschaft über Stimme und Körpersprache aufzunehmen und unter Berücksichtigung der Umgebung zu verarbeiten. Auf dieser Grundlage fällen wir ein Urteil darüber, ob wir dem Gegenüber vertrauen oder nicht. In der Online-Zusammenarbeit fehlt ein Teil dieser Informationen. Umso wichtiger ist es, die Möglichkeiten voll auszuschöpfen, indem wir so oft wie möglich Videos einsetzen und dabei auf guten Ton und gute Beleuchtung achten. Auch der Hintergrund spielt eine Rolle. Ist ein ordentliches Büro zu sehen, erzeugt das mehr Vertrauen – weil es authentischer ist und zeigt, dass Sie nichts zu verbergen haben – als ein virtuelles Bild von Palmen.
Tipp: Geben Sie ein paar persönliche Informationen preis, zum Beispiel was Sie beschäftigt. Natürlich sollten Sie sich auch dafür interessieren, wo und in welcher Situation sich Ihr Gesprächspartner befindet. Das trägt weiter dazu bei, das Informationsbedürfnis zu befriedigen und die Vertrauensbildung zu fördern.
Fallstrick Kommunikation
Kommunikation ist und bleibt eine komplexe Angelegenheit. Wie schon geschrieben, senden wir unsere Botschaft nur zu einem kleinen Anteil über Worte. Der Großteil der Information fließt über Stimme und Körpersprache. Je nachdem, welchen Kommunikationsweg wir wählen, geht ein größerer oder kleinerer Teil der Information verloren. Die E-Mail besteht aus Text, die SMS oder WhatsApp-Nachricht meist sogar nur aus wenigen Worten und Abkürzungen – hier gibt es also Interpretationsmöglichkeiten und damit viel Raum für Missverständnisse. Der Live-Chat besteht zwar auch nur aus Worten, bietet aber zumindest den zeitlich zusammenhängenden Austausch. Das Telefon oder die gesprochene WhatsApp-Mitteilung liefert immerhin den Klang der Stimme, damit kommen schon rund zwei Drittel der Information im Vergleich zum persönlichen Gespräch an. Jede visuelle Unterstützung erhöht die Informationsübertragung und reduziert die Gefahr von Missverständnissen.
Tipp: Schaffen Sie zusätzlich mit einem geteilten Dokument oder einer Bildschirmpräsentation mehr Klarheit über das Besprochene. Zusammen mit dem Kamerabild erreichen Sie das Optimum, das virtuelle Kommunikation uns bieten kann.
Positive Stimmung
Selbst mit einer positiven Stimmung ins Gespräch zu gehen, überträgt sich online. Den ganzen Tag im Home-Office zu verbringen, kostet Energie. Nehmen Sie sich Zeit, Ihr Energiedepot wieder aufzufüllen.
Tipp: Am schnellsten gelingt dies mit einem Spaziergang an der frischen Luft. Ist dafür zu wenig Zeit, reichen auch ein paar tiefe Atemzüge am offenen Fenster oder ein paar Sprünge zu motivierender Musik. Falls Sie der Frust gerade besonders fest im Griff hat, hilft die Dankbarkeitsliste: Schreiben Sie sich drei Dinge auf, für die Sie dankbar sind, und baden Sie einen Moment in diesem guten Gefühl.
Nähe erzeugen, auch auf Distanz
Der Handschlag, die Möglichkeit, am selben Tisch zu sitzen und sich in die Augen blicken zu können, erzeugen Nähe und Verbundenheit. Und das führt zu einer entspannten Situation. Was bedeutet das Fehlen dieser Rituale für Makler? Viele Kunden erleben die Online-Kommunikation als distanziert und anstrengend. Auch im Team führt beides zu einer Verstärkung der natürlichen Gesprächstendenzen. Extrovertierte reden noch mehr, Introvertierte werden noch stiller und zurückhaltender. Beides ist für den Geschäftserfolg nicht dienlich.
Tipp: Nehmen Sie sich einen Moment, bevor Sie das Meeting starten. Nutzen Sie Ihre Vorstellungskraft, um Nähe zu erzeugen. Stellen Sie sich vor, wie Sie mit Ihrem Gesprächspartner – ob Kunde oder Kollege – eine emotionale Verbindung aufbauen. Stellen Sie sich vor, wie Sie ihn anlächeln. Spüren Sie, wie Sie ihm freudig die Hand schütteln. Und Sie werden merken, wie Sie sich auf das Gespräch freuen. Helfen Sie auch Ihrem Gegenüber, sich zu entspannen. Nehmen Sie sich Zeit für einen „emotionalen Check-in“. Erzählen Sie zum Beispiel, was Sie selbst an diesem Tag schon zum Lächeln gebracht hat, und fragen Sie dann Ihren Gesprächspartner nach seinem Lächelmoment des Tages.
Viele Finanz- und Versicherungsberater schätzen an ihrem Beruf gerade den vielfältigen Kontakt zu Menschen. Daraus ziehen sie ihre Energie und leiden jetzt besonders unter Social Distancing. Die Motivation sinkt und es fällt schwerer und schwerer, proaktiv zu handeln und das Geschäft voranzutreiben.
Tipp: Suchen Sie sich Gleichgesinnte und bilden Sie ein Erfolgsteam. Vereinbaren Sie dazu regelmäßige Termine, bei denen jeder seine Erfolge und seine Vorhaben für den Zeitraum bis zum nächsten Treffen teilt. Braucht jemand Unterstützung, kann er die anderen darum bitten.
Das Positive sehen
Die Fähigkeit, Beziehungen zu gestalten über Distanz oder bei den mittlerweile zur Ausnahme gewordenen persönlichen Begegnungen, wird zum zentralen Erfolgsfaktor für Finanz- und Versicherungsmakler. Auch wenn es einige nicht für möglich halten und bei aller Herausforderung im Beratungsalltag bringt die Online-Zusammenarbeit auch Vorteile mit sich: Während vor Covid-19 nur wenige Kunden der digitalen Beratung etwas abgewinnen konnten, sind jetzt viele dafür offen, bevorzugen sie vielleicht sogar. Das spart dem Berater Zeit. Zeit, die er bislang auf der Straße verbracht hat, um zum Kunden zu fahren. Zeit, die er jetzt für die eigene Weiterbildung nutzen kann, für persönliche Hobbys – oder zum Spielen mit den Kindern.
Weitere konkrete Tipps für erfolgreiche Zusammenarbeit – online und offline – gibt es in den WIRtschaftswelten unter https://www.ulrike-stahl.com/wirtschaftswelten/.
Über die Autorin
Ulrike Stahl ist Rednerin, Autorin und Expertin für Zusammenarbeit. Sie ist Autorin des Buches „SO GEHT WIRTSCHAFT! Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ.“ (ISBN 978–3–96186–001–2).
Quelle: AssCompact Deutschland, bearbeitet von AssCompact Österreich
Bild: ©stokkete – stock.adobe.com
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