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Gerhard Heine: „Regulierung verlangsamt Innovation, sorgt aber für nachhaltigere Produkte.“

Gerhard Heine: „Regulierung verlangsamt Innovation, sorgt aber für nachhaltigere Produkte.“

05. Mai 2025

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6 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

KR Gerhard Heine, Leiter des Partnervertriebs der Wiener Städtischen Versicherung, spricht über regulatorische Auswirkungen auf Produktinnovationen, Trends in der Gesundheitsvorsorge, den Einsatz von KI und langfristige Strategien im Umgang mit steigenden Katastrophenschäden.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 05.05.2025

Die Versicherungsbranche steht derzeit vor großen Umbrüchen, getrieben durch Veränderungen am Markt, technische Innovationen und immer strengere regulatorische Vorgaben. Gerhard Heine sieht dabei sowohl Chancen als auch Herausforderungen. „Die größten Chancen sehe ich in der Spezialisierung und der Erschließung von Nischenmärkten. Gleichzeitig stellen steigende regulatorische Anforderungen eine große Herausforderung dar“, so Heine. Früher sei es möglich gewesen, Produkte bei Nachfrage schnell umzusetzen. Heute sei dieser Prozess durch regulatorische Vorgaben wie die Best-Interest-Prüfung deutlich komplexer geworden. „Neben der IT-Integration und dem vertrieblichen Beratungsprozess müssen auch regulatorische Konformität und wirtschaftliche Tragfähigkeit genau geprüft werden. Das erhöht den Aufwand, sorgt aber auch für mehr Transparenz und fundierte Entscheidungen“, erläutert Heine. „Innovationen bleiben möglich, erfordern jedoch eine gründlichere Analyse – was langfristig zur Stabilität und Qualität der Produkte beiträgt.“

Personalisierte Gesundheitsvorsorge als strategisches Zukunftsfeld

Für die Wiener Städtische spielt die Gesundheitsvorsorge eine immer wichtigere Rolle. Laut Heine zeigen aktuelle Entwicklungen im Gesundheitswesen klar diesen Trend: „Gesundheit ist das höchste Gut der Menschen, und viele sind bereit, dafür zu investieren. Es gibt für jede finanzielle Situation passende Lösungen, ob mit oder ohne Selbstbehalt.“ Einen wichtigen Schritt sieht er in der Zusammenarbeit mit Permedio. Als erste Versicherung Österreichs übernimmt die Wiener Städtische die Kosten für einen genetischen MedikamenteCheck sowie eine genetische Lifestyle-Analyse. „Mit diesen Innovationen setzen wir neue Maßstäbe in der personalisierten Gesundheitsvorsorge und bieten unseren Versicherten modernste wissenschaftliche Möglichkeiten, um ihre Gesundheit optimal zu managen“, betont Heine.

Zwei-Klassen-Medizin und ergänzende private Vorsorge

Die Entwicklung im Gesundheitsbereich sieht Heine differenziert: „Ich denke, es wird immer beide Systeme geben müssen – eine solide Grundversorgung durch die Sozialversicherung und ergänzende private Lösungen.“ Ähnlich dem Drei-Säulen-Modell der Lebensversicherung erwartet er auch in der Krankenversicherung eine klare Strukturierung. „Die soziale Krankenversicherung wird weiterhin eine grundlegende Absicherung bieten, aber wer sich seinen Arzt frei aussuchen oder zusätzliche Leistungen in Anspruch nehmen möchte, sollte auch die Möglichkeit dazu haben“, ergänzt er. Entscheidend bleibe dabei die qualifizierte Beratung, um Kunden transparent aufzuzeigen, welche Optionen ihnen offenstehen.

KI unterstützt, ersetzt aber nicht den persönlichen Kontakt

Heine sieht im Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) erhebliche Chancen zur Optimierung im Kundenservice und Vertrieb. „Im Kundenservice optimieren digitale Lösungen bereits den Kundenprozess, etwa durch die ‚Losleben‘-App. KI wird Prozesse weiter automatisieren, während der Kunde selbst entscheidet, wie er mit uns in Kontakt tritt“, erklärt er. Im Vertrieb sieht er die Hauptrolle der KI darin, durch Datenanalysen und Produktempfehlungen zu unterstützen, betont jedoch klar: „Versicherung bleibt ein Beziehungsgeschäft, in dem individuelle Beratung und menschliches Vertrauen entscheidend sind.“ KI sei daher ausschließlich Ergänzung, nicht Ersatz des persönlichen Austauschs.

Neue Produkte für veränderte Risiken und Marktanforderungen

Innovation bleibe laut Heine ein Schlüsselthema bei der Wiener Städtischen: „Unsere Produktentwicklungen folgen zwei Hauptlinien. Einerseits erfordern neue Risiken und veränderte Marktbedürfnisse laufende Anpassungen. Andererseits entstehen durch die Regulatorik neue Anforderungen, die dazu führen, dass die Produktlandschaft klarer strukturiert wird.“ Konkret erwähnt Heine Anpassungen in der Haushalts- und Eigenheimversicherung sowie eine neue, flexiblere Lösung in der Lebensversicherung. Ziel sei es, Produkte besser an Kunden- und Vertriebsbedürfnisse anzupassen.

Maklerkooperation im digitalen Wandel

Heine sieht eine langfristige Zusammenarbeit mit unabhängigen Maklern, betont jedoch die Herausforderungen der Digitalisierung: „Ein zentrales Thema sind Schnittstellen, die eine reibungslose Anbindung zwischen Versicherern und Maklern ermöglichen. Allerdings stellt ihr Aufbau eine Herausforderung dar, da jede Maklervereinigung eigene Systeme entwickelt und individuelle Anbindungen fordert.“ Die Plattform „together“ bezeichnet Heine als effiziente Lösung, weil sie eine standardisierte Schnittstelle biete. Dennoch betont er: „Die Digitalisierung wird die Zusammenarbeit weiter verändern, doch das persönliche Verhältnis und die individuelle Beratung bleiben entscheidend.“

Steigende Katastrophenschäden und deren Versicherbarkeit

Mit Sorge betrachtet Heine die steigenden Kosten infolge zunehmender Katastrophenschäden: „Wir sehen heute ‚100-jährige Hochwasser‘, die bereits nach 20 Jahren auftreten. Die Kosten für Rückversicherungen steigen stetig.“ Für Versicherer werde es von Jahr zu Jahr teurer, dieselben Deckungen anzubieten. „Wenn Katastrophenschäden weiter zunehmen, stellt sich die Frage, wie wir gewisse Risiken versicherbar halten“, erklärt Heine abschließend.

Das gesamte Interview lesen Sie in der AssCompact April-Ausgabe!

Foto oben v.l.n.r.: KR Gerhard Heine, Leiter des Partnervertriebs der Wiener Städtischen Versicherung und AssComapct Vertriebsleiter Ernst Vallant

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