zurück zur Übersicht

Beitrag speichern

Zulässigkeit des Bauherrenausschlusses in der Rechtsschutzversicherung

Zulässigkeit des Bauherrenausschlusses in der Rechtsschutzversicherung

09. Juni 2022

|

4 Min. Lesezeit

|

News-Im Blickpunkt

Der Bauherrenausschluss ist ein ewiges und sehr umstrittenes Thema in der Rechtsschutzversicherung und war bereits Gegenstand vieler Urteile. In 7 Ob 172/21a vom 15.12.2021 beschäftigte sich der OGH mit der Frage, ob dieser Ausschluss überhaupt zulässig ist.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 6/9/2022

Von Dr. Wolfgang Reisinger (Foto)

Die mitversicherte Gattin des VN (in Folge: MV) ist Eigentümerin eines Wohnhauses. 2012 beauftragte sie eine Werkunternehmerin mit der Errichtung eines Wintergartens. Diese zog für die Lieferung der Isolierglasscheiben eine Subunternehmerin bei. 2014 stellte sich heraus, dass sich der Randverbund der Isolierglasscheiben verflüssigt hatte. In einem Prozess zwischen der Werkunternehmerin und der Subunternehmerin kam der gerichtlich bestellte Sachverständige zum Ergebnis, dass lediglich eine optische Beeinträchtigung gegeben sei. Die Werkunternehmerin verglich sich darauf mit der Subunternehmerin und stellte den Vergleichsbetrag der MV zur Verfügung. Im Jänner 2019 zeigte der Gatte der MV auf einer Baumesse einem Sachverständigen Fotos des Wintergartens. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass neben einem optischen Mangel ein gravierender technischer Mangel vorliege. Die MV brachte daraufhin Klage gegen den gerichtlichen Sachverständigen ein und stützte ihr auf Schadenersatz gerichtetes Klagebegehren auf den Umstand, dass dieser ein unrichtiges Gutachten zum Zustand des Wintergartens erstattet und sie im Vertrauen darauf eine für sie ungünstige Vermögensdisposition getroffen habe. Der Versicherer lehnte die Deckung wegen Vorliegens des Bauherrenausschlusses ab. Die MV vertrat die Ansicht, diese Klausel sei gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB), überraschend (§ 864a ABGB) und intransparent (§ 6 Abs 3 KSchG). Ihr Klagebegehren blieb aber in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidungsgründe

Die Klausel ist weder überraschend nach § 864a ABGB noch gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB. Die in Rechtsschutzverträgen übliche Klausel findet sich unter der Überschrift „Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?“. Allgemeine Rechtsschutzbedingungen decken wegen der schweren Überschaubarkeit und Kalkulierbarkeit sowie der Größe des Rechtskostenrisikos im gesamten Bereich des privaten wie auch öffentlichen Rechts nur Teilgebiete ab. Eine universelle Gefahrenübernahme, bei der der Versicherer jeden beliebigen Bedarf des VN nach Rechtsschutz decken müsste, ist im österreichischen Recht nicht gebräuchlich. Vor diesem Hintergrund vermag die Klägerin eine gröbliche Benachteiligung der Baurisikoklausel mit dem Hinweis auf eine mögliche Deckungslücke nicht zu begründen. Dies gilt umso mehr, als ohnedies die Möglichkeit der Vereinbarung eines Bauherren-Rechtsschutzes besteht.

Kommentar

Gegenstand des Prozesses gegen den gerichtlichen Sachverständigen ist die Klärung des Vorliegens des von der MV geltend gemachten Baumangels. Die Gerichte stellten richtig fest, dass sich damit das typische Bauherrenrisiko gleichermaßen wie bei der unmittelbaren Inanspruchnahme der Werkunternehmerin verwirklichte. Am adäquaten Kausalzusammenhang kann daher kein Zweifel bestehen. Da es dazu umfangreiche Judikatur gibt, hätte der OGH die Revision auch zurückweisen können. Er musste sich aber nolens volens mit dem Einwand der gröblichen Benachteiligung und der Intransparenz auseinandersetzen, weil es zu dieser Frage noch keinen Musterprozess der an sich sehr klagsfreudigen Konsumentenvertreter gibt.

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact Juni-Ausgabe!

Titelbild: © Robert Kneschke – stock.adobe.com

zurück zur Übersicht

Beitrag speichern

sharing is caring

Das könnte Sie auch interessieren

D.A.S. Vertriebspartnerevent beim Stanglwirt

D.A.S. Vertriebspartnerevent beim Stanglwirt

09.06.22

|

1 Min.

Generali Investments: Ukraine-Krieg führt zu neuem Umgang mit ESG-Investitionen

Generali Investments: Ukraine-Krieg führt zu neuem Umgang mit ESG-Investitionen

09.06.22

|

3 Min.

VAV eröffnet neue Zulassungsstelle in Niederösterreich

VAV eröffnet neue Zulassungsstelle in Niederösterreich

09.06.22

|

1 Min.

Allianz Kindersicherheits-Studie: Erhebliche Defizite in der finanziellen Kindervorsorge

Allianz Kindersicherheits-Studie: Erhebliche Defizite in der finanziellen Kindervorsorge

08.06.22

|

5 Min.

100 Prozent Erreichbarkeit für die Kunden als Erfolgsrezept

100 Prozent Erreichbarkeit für die Kunden als Erfolgsrezept

08.06.22

|

3 Min.

Unfallversicherung: Gesetzliche Sozialversicherung und private Vorsorge

Unfallversicherung: Gesetzliche Sozialversicherung und private Vorsorge

08.06.22

|

3 Min.

Wiener Städtische rechnet mit Unwetterschäden von rund vier Mio. Euro

Wiener Städtische rechnet mit Unwetterschäden von rund vier Mio. Euro

07.06.22

|

2 Min.

Oberösterreichische: „Wir legen großen Wert auf langfristige Partnerschaft“

Oberösterreichische: „Wir legen großen Wert auf langfristige Partnerschaft“

07.06.22

|

4 Min.

Die Deckungszusage der Rechtschutzversicherung als Anerkenntnis

Die Deckungszusage der Rechtschutzversicherung als Anerkenntnis

07.06.22

|

3 Min.

OGH aktuell: Die neusten Entscheidungen

OGH aktuell: Die neusten Entscheidungen

07.06.22

|

5 Min.

Verlust des Arbeitsplatzes

Verlust des Arbeitsplatzes

07.06.22

|

2 Min.

Fahrradfahren unter Alkoholeinfluss

Fahrradfahren unter Alkoholeinfluss

07.06.22

|

1 Min.


Ihnen gefällt dieser Beitrag?

Dann hinterlassen Sie uns einen Kommentar!

(Klicken um Kommentar zu verfassen)