Im Reigen der allgemeinen Risikoausschlüsse in der Rechtsschutzversicherung kennen die ARB üblicherweise die so genannte Gesellschaftsrechtklausel. Der Risikoausschluss wird regelmäßig in den Ausschluss-Katalog des Artikel 7 ARB eingebettet. Da die Gesellschaftsrechtklausel insb. einen standardisierten Teil der Betriebs-Rechtsschutz-Produkte darstellt, sollen im Folgenden einige wesentliche und praxisrelevante Aspekte der Risikoausschlussklausel beschrieben werden.
Artikel von:
Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA
Fachverbandsgeschäftsführer der Versicherungsmakler und Lektor an der Donau Uni Krems, WU-Wien und Juridicum Wien
1. Grundsätzliches zum Gesellschaftsrecht
Als Gesellschaftsrecht bezeichnet man das (objektive) Recht jener Personenvereinigungen, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage zur Schaffung gemeinsamer Zwecke geschaffen werden. Es besteht im Wesentlichen aus Rechtsnormen, die unterschiedliche Organisationsmodelle regeln, derer man sich für wirtschaftliche und/oder ideelle Zwecke bzw. Tätigkeiten bedienen kann.
In der österreichischen Rechtsordnung gilt dabei ein sog. numerus clausus der Gesellschaftsformen; d.h. es sind jene Grundvorgaben und damit auch Gesellschaftsformen einzuhalten, die die Rechtsordnung vorgibt und für zulässig erachtet; eine völlig freie Ausgestaltung von Gesellschaften (irgendwelcher Art) ist nicht möglich.
Im Gesellschaftsrecht unterscheidet man traditionellerweise zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Zu den Personengesellschaften zählen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR), die Offene Gesellschaft (OG), die Kommanditgesellschaft (KG), die Stille Gesellschaft (stG) und die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV). Kapitalgesellschaften sind die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Aktiengesellschaft (AG) und die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE).
Daneben bestehen noch die Gesellschaftsformen des Vereins und der Genossenschaft, die von dieser Einteilung (Personengesellschaften « Kapitalgesellschaften) zwar nicht erfasst werden, jedoch vom gegenständlichen Risikoausschluss ebenso mitumfasst sind wie Stille Gesellschaften und Kirchen/Religionsgemeinschaften.
2. Reichweite der Klausel
2.1. Grundsätzliches
Der ständigen Rspr. zufolge werden von der Gesellschaftsrechtklausel diejenigen Streitigkeiten vom Versicherungsschutz ausgenommen, die ihren Schwerpunkt in gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Dies kann sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben oder auf gesellschaftsrechtlichen Normen basieren (z.B. Anfechtung einer gerichtlichen Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund nach § 16 Abs. 2 GmbHG). Wenn die Wahrnehmung rechtlicher Interessen „im Kern in typisch gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander“ liegt, greift der Risikoausschuss (OGH 7 Ob 99/20i).
3. Weitere Aspekte des Risikoausschlusses
3.1. Ad Vereinsrecht
Österreich ist definitiv ein „Vereinsland“: Von Mitte des vorigen Jahrhunderts an stieg die Anzahl der Vereine in Österreich bis zum Jahr 2021 auf etwa 125.000 an (vgl. DIE PRESSE, online-Ausgabe 23.10.2021); jeder dritte Österreicher engagiert sich statistisch gesehen in einem oder mehreren dieser Vereine. Angesichts dieser großen Zahl liegt es durchaus nahe, dass Auseinandersetzungen mit dem Verein und/oder innerhalb des Vereins nicht immer ausbleiben.
Reichweite der Klausel:
Für den „Vereinsausschluss“ als Teil der Gesellschaftsrechtsklausel wird grundsätzlich zu gelten haben, dass diejenigen rechtlichen Auseinandersetzungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, die ihren Schwerpunkt in (typisch) vereinsrechtlichen Beziehungen haben; dazu zählen z.B. Streitigkeiten um Mitgliedsbeiträge oder Anfechtungen der Wahlen zum Vereinsvorstand etc.
Viele dieser vereinsrechtlichen Auseinandersetzungen werden aber wohl ganz grundsätzlich schon nicht versicherbar sein, sodass der Ausschluss (zumindest teilweise) bloß deklarativen Charakter hat. Der Judikatur des OGH zufolge werden nämlich Streitigkeiten zwischen Mitgliedern und einer Körperschaft aus dem Mitgliedsverhältnis nicht als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus einem schuldrechtlichen Vertrag betrachtet (OGH 7 Ob 3/93), womit eine Zuordenbarkeit zu einem versicherbaren Risiko grundsätzlich fehlt und somit schon primär kein Versicherungsschutz gegeben ist.
Und was ist mit der Eintreibung von Mitgliedsbeiträgen im Vereins-Rechtsschutz?
Wird nun ein Verein mittels Vereins-Rechtsschutz versichert, dann ist es am Markt durchaus üblich, den gegenständlichen Risikoausschluss teilweise abzubedingen, damit die Forderung von Mitgliedsbeiträgen versichert ist. Erfolgt diese Abbedingung nicht und bleibt die Klausel vollinhaltlich aufrecht, dann besteht für die Betreibung ausständiger Mitgliedsbeiträge kein Versicherungsschutz.
By the way: Auf der Seite des Vereinsmitglieds jedoch wird die „Vereinsklausel“ (z.B. als Teil eines Privat- & Berufs-Rechtsschutz-Pakets) in der Praxis i.d.R. nicht abbedungen werden können.
3.2. Ad Recht der Kirchen und Religionsgemeinschaften
Das Kirchenrecht bezeichnet das von den Kirchen und Religionsgemeinschaften erzeugte Recht, wobei es sich bei den gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt (Artikel 15 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger – StGG). Durch den Risiko-Ausschluss werden Streitigkeiten, die sich auf das Kirchenrecht gründen, vom Versicherungsschutz ausgenommen, wie etwa die Bestreitung des geforderten Kirchenbeitrages oder Auseinandersetzungen um die Mitgliedschaft zu einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft. Dabei ist gleichzeitig anzumerken, dass der Ausschluss meistens nur der Klarstellung dienen kann, da sich solche Angelegenheiten oft schon im Allgemeinen nicht unter einen versicherten Risikobaustein subsumieren lassen.
Hier geht's zu ersten Teil zum Thema "Risikoausschlüsse in der Rechtschutzversicherung" ...
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