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Rechtsschutz: Geldleistungsanspruch trotz Bestreitung der Kosten?

Rechtsschutz: Geldleistungsanspruch trotz Bestreitung der Kosten?

13. Juni 2023

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4 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Ein Rechtsanwalt verlangte Kostendeckung in Höhe von 26.644 Euro von der Rechtsschutzversicherung seiner Mandantin. Die Rechtsschutzversicherung zahlte jedoch nur 7.000 Euro und bemängelte vor allem die Bemessungsgrundlage des Honorars. Dennoch zahlte die VN die ausständige Summe an den Rechtsanwalt und forderte diese über den Klagsweg von ihrer Rechtsschutzversicherung zurück. (7 Ob 208/22x)

Artikel von:

Dr. Roland Weinrauch

Dr. Roland Weinrauch

Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/

Was ist passiert?

Die Versicherungsnehmerin erhielt eine Lenkererhebung, die sie per Telefax beantwortete und ihren Lebensgefährten als Auskunftsperson angab. Trotz ihres Sendeauftrages wurde der Versicherungsnehmerin eine Strafverfügung wegen Nichtbeantwortung ausgestellt. Zur Bekämpfung der Strafe beauftragte die Versicherungsnehmerin einen Rechtsanwalt, mit dem sie eine individuelle Honorarvereinbarung traf, wobei der Rechtsanwalt auch eine Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung einholte. Trotz der Bemühungen des Rechtsvertreters wurde über die Versicherungsnehmerin eine Strafe von 300Euro verhängt, die erst im Beschwerdeverfahren vom Verwaltungsgericht aufgehoben wurde. Nach der Beendigung des Verfahrens gab der Rechtsanwalt seine Kosten in der Höhe von 26.644,68 Euro bekannt und ersuchte die Rechtsschutzversicherung um Auszahlung. Diese überwies jedoch lediglich einen Betrag von 7.000,00Euro. Diesen erachtete die Versicherung als angemessen und bemängelte vor allem die Bemessungsgrundlage des Honorars. Gleichzeitig teilte die Rechtsschutzversicherung der Versicherungsnehmerin mit, weitere Vorschreibungen durch den Anwalt nicht zu begleichen, sondern der Versicherung zur Prüfung weiterzuleiten. Trotz dieser Weisung der Versicherung zahlte die Versicherungsnehmerin die ausständigen 19.644,68 Euro und begehrte diesen Betrag von ihrer Rechtsschutzversicherung auf dem Klagsweg.

Wie ist die Rechtslage?

Die Rechtsschutzversicherung hat primär einen Befreiungsanspruch zu gewähren. Dies bedeutet, dass die Versicherung von Anwaltskosten freizustellen hat, entweder indem sie die Kosten zahlt oder gegen Ansprüche, die sie für unberechtigt hält, die Abwehr übernimmt. Der Versicherung kommt somit ein Wahlrecht zu. Der Befreiungsanspruch wandelt sich grundsätzlich erst dann in einen Geldleistungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen die Versicherung, wenn der Versicherungsnehmer die Anwaltskosten bezahlt hat.

Im vorliegenden Fall zu 7 Ob 208/22x war der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der Frage befasst, ob der Geldleistungsanspruch auch dann dem Versicherungsnehmer zusteht, wenn die Versicherung ihr Wahlrecht ausgeübt hat und die Kosten bestreitet, der Versicherungsnehmer diese jedoch dennoch begleicht.

Der OGH führte dazu aus, dass die Rechtsschutzversicherung nach den vereinbarten Bedingungen nur die zur Rechtsverfolgung notwendigen und angemessenen Kosten decke. Der Honoraranspruch des Rechtsanwalts gegen die Versicherungsnehmerin richte sich hingegen nach der individuellen Vereinbarung, sodass dieser Anspruch nicht zwingend deckungsgleich mit der Leistung der Rechtsschutzversicherung sei. Müsste der Versicherungsnehmer sohin zunächst einen Prozess gegen den Rechtsanwalt führen, um einen Geldleistungsanspruch gegen die Versicherung zu erhalten, würde dies den Streit über die Versicherungsleistung nur unnötig verlängern, da auch nach Ende des Streits mit dem Rechtsanwalt nicht feststehe, in welchem Ausmaß der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer zahlungspflichtig sei.

Nach Ansicht des OGH wandle sich der Befreiungsanspruch daher auch dann in einen Geldleistungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen die Versicherung, wenn der Versicherungsnehmer die Kosten des Anwalts trotz Zusage der Abwehrdeckung befriedigt habe.

Schlussfolgerung

Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der OGH klar, dass es in der Entscheidung desVersicherungsnehmers liegt, ob dieser mit Abwehrdeckung einen Honorarprozess gegen den Rechtsvertreter führen will oder nach Bezahlung der Anwaltskosten einen Deckungsprozess gegen die Rechtsschutzversicherung. Der Geldleistungsanspruch gegen die Versicherung steht dem Versicherungsnehmer daher auch dann zu, wenn dieser entgegen einer Weisung der Versicherung das Honorar begleicht.

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