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OGH-Urteil präzisiert Bedingungen zur „Verlassen der Wohnung“ in der Haushaltsversicherung

(Bild: ©MQ-Illustrations - stock.adobe.com)

OGH-Urteil präzisiert Bedingungen zur „Verlassen der Wohnung“ in der Haushaltsversicherung

26. März 2024

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4 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Nach den gängigen AVB einer Haushaltsversicherung sind Fenster und Türen zu versperren, wenn die Wohnung von allen Personen verlassen wird, d.h. die Fenster dürfen nicht gekippt sein und die Türen müssen nicht nur verschlossen, sondern auch tatsächlich zugesperrt sein. Was unter „Verlassen der Wohnung“ zu verstehen ist, hat der OGH in 7 Ob 180/23f vom 22.11.2023 geklärt.

Artikel von:

Dr. Wolfgang Reisinger

Dr. Wolfgang Reisinger

Lektor WU Wien und der Donau-Universität Krems

Der Eingangsbereich zur versicherten Liegenschaft befindet sich direkt an einer Straße. Durch das Eingangstor gelangt man in eine Einfahrt, die durch ein weiteres (verschließbares) Tor zum Gartenbereich führt. Im Bereich der Einfahrt folgt rechts eine Treppe zu einer versperrbaren Tür. Danach befindet sich ein Stiegenhaus. Im Erdgeschoß gelangt man durch eine weitere verschließbare Tür in den ebenerdigen Wohnbereich, über die Treppe kommt man zur Wohneinheit im ersten Stock, die vom Stiegenhaus ebenfalls durch eine versperrbare Tür abgetrennt ist. Zum Zeitpunkt des Einbruches war die VN im Garten, wo sie einige Meter hinter dem gartenseitigen Tor der Einfahrt Gartenarbeiten verrichtete. Das Eingangstor war in die Falle gezogen, und zwar bei geschlossener Verriegelung („Schnapperl zu“). Alle anderen Türen waren unversperrt. Die Täter öffneten die geschlossene, aber nicht versperrte Eingangstür, gelangten sodann durch die Tür ins Stiegenhaus und von dort in den Wohnbereich. Der Versicherer lehnte die Deckung wegen Obliegenheitsverletzung ab, war damit aber nicht erfolgreich.

Entscheidungsgründe

Unter Wohnung wird der durchschnittlich verständige VN die versicherten Wohnräumlichkeiten verstehen. Die versicherten Wohnräumlichkeiten werden durch das Eingangs- und Gartentor von einer allgemeinen Benützung ausgeschlossen. Die Versperrobliegenheit bezieht sich damit auf diese Tore und nicht auch auf die im Inneren des Wohnhauses befindlichen Türen. Als Verlassen der versicherten Wohnräumlichkeiten wird der durchschnittlich verständige VN das Entfernen vom Versicherungsobjekt in seiner Gesamtheit verstehen, also einschließlich der zur Risikoadresse gehörenden übrigen Außenbereiche wie Terrassen, Vor- oder Hausgärten. Keinesfalls wird er annehmen, durch einen Aufenthalt in seinem Garten das Objekt zu verlassen und damit – ohne sämtliche Türen und Fenster zu versperren – unbefugtes Eindringen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, vor dem Hintergrund, dass sich die VN im Garten aufhielt, bewirke das unversperrte Eingangstor keine Verletzung der Versperrobliegenheit, ist zutreffend.

Kommentar

Die Formulierung in den AVB „Wird die Wohnung von allen Personen verlassen“, ist natürlich tückisch, weil der örtliche Geltungsbereich einer Haushaltsversicherung sich quasi nur auf die Innenseite des Hauses bezieht, in dem sich die Wohnung befindet. Daran ändert auch nichts, wenn – wie hier – auch Nebengebäude auf dem Versicherungsgrundstück versichert sind. Wie der OGH richtig feststellt, hat aber die Obliegenheit den Zweck, ein unbefugtes Eindringen unmöglich zu machen oder zumindest erheblich zu erschweren. Unter diesem Aspekt kann von einem durchschnittlich verständigen VN nicht verlangt werden, beim Aufenthalt außerhalb der Wohnung, aber innerhalb des versicherten Grundstückes (z.B. auf der Terrasse oder im Garten) alle Türen und Fenster ordnungsgemäß verschlossen zu halten. Wenn dies so wäre, dürfte man bei einem Aufenthalt im Garten auch die Fenster nicht kippen. Anders wird es sein, wenn der Garten so groß und der VN vom Haus so weit entfernt ist, dass er das Grundstück überhaupt nicht mehr kontrollieren kann.

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact April-Ausgabe!

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