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Nach Stapler-Unfall: Klage gegen Haftpflichtversicherer

Nach Stapler-Unfall: Klage gegen Haftpflichtversicherer

19. Dezember 2018

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4 Min. Lesezeit

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News-Recht & Wissen

Nach einem Arbeitsunfall wurde der Lagerleiter dazu verurteilt, den Sozialversicherungsträgern ihre Leistung zu ersetzen. Weil das nicht geschah, klagten diese den Haftpflichtversicherer der GmbH. Ob Deckung besteht, hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) zu klären.

Mag. Peter Kalab

Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 12/19/2018

Der geprüfte Staplerfahrer war von August 2006 bis Dezember 2009 bei einer GmbH als Lagerleiter beschäftigt und für die gesamte Lagerverwaltung zuständig. Im Mai 2007 sollten Schaumstoffteile ausgeliefert werden, die sich am oberen Ende eines Hochregals befanden. Der Produktionsleiter wies den Lagerleiter an, die Matten gemeinsam mit einem Arbeiter aus dem Regal zu holen. Er ging davon aus, dass dies wie üblicherweise mithilfe einer Leiter geschehen würde. Er verließ die Halle, um weitere Arbeiter als Verstärkung zu holen, gab dem Lagerleiter darüber aber nicht Bescheid. Daraufhin nahm dieser einen Gabelstapler in Betrieb und fuhr vor das Regal.

Dem Lagerleiter war bewusst, dass es verboten ist, Personen auf der Gabel zu transportieren oder diese mit dem Stapler hochzuheben. Dennoch hatte er zuvor bereits mehrmals Arbeiter mit dem Gabelstapler hochgehoben, um Waren aus dem Regal zu holen.

Rechte Hand gequetscht

Der Arbeiter, mit dem er zum ersten Mal zusammenarbeitete, stellte sich wortlos und ohne Anweisung auf die Gabel. Er wies den Lagerleiter an, ihn hochzufahren, worauf ihn dieser vier bis fünf Meter in die Höhe hob. Dabei versuchte der Arbeiter, mit der linken Hand die erste Schaumstoffmatte aus dem Regal zu ziehen. Seine rechte Hand wurde gegen einen Dachbalken gedrückt und stark gequetscht. Der Arbeiter zog sich eine komplette Quetschverletzung an vier Fingern mit Durchtrennung und Trümmerbruch zu.

Lagerleiter muss Leistung der Sozialversicherungsträger ersetzen

Das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht verurteilte den Lagerleiter zur Zahlung von mehr als 50.000 Euro an zwei Sozialversicherungsträger. Diese konnten ihre rechtskräftigen Forderungen gegen den Lagerleiter, der inzwischen nach Deutschlang gezogen war, „trotz intensiver Bemühungen“ nicht einbringlich machen. Daraufhin brachten sie Klage gegen den Haftpflichtversicherer der GmbH ein: Dieser müsse vollen Deckungs- und Versicherungsschutz gewähren. Der Versicherer wandte ein, den Klägern stehe kein direktes Klagerecht gegen den Haftpflichtversicherer zu, ihnen fehle auch das Feststellungsinteresse. Der Lagerleiter sei nicht mitversichert gewesen. Im Übrigen greife der Risikoausschluss, weil der Schadensfall grob fahrlässig herbeigeführt worden sei.

Grobe Fahrlässigkeit – keine Deckung

Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Der Lagerleiter habe zwar zum Kreis der versicherten Personen gehört, den Versicherungsfall aber grob fahrlässig herbeigeführt. Damit sei der Haftungsausschluss der Versicherungsbedingungen erfüllt.

Der OGH (7Ob8/18d) stellte fest, dass in der Haftpflichtversicherung der geschädigte Dritte den Versicherer direkt nicht klagen könne. Er könne aber Klage auf Feststellung der Deckungspflicht des Versicherers – bezogen auf den Versicherten – erheben, wenn ihm der Deckungsanspruch als Befriedigungsobjekt entzogen zu werden droht.

Lagerleiter mitversichert

Der Sozialversicherungsträger, der den Schädiger in Anspruch nehmen will, ist in Bezug auf die Haftpflichtversicherung geschädigter Dritter. Sein Feststellungsinteresse sei dann zu bejahen, wenn der Versicherer seine Eintrittspflicht verneint und der Versicherte nichts weiter unternimmt. Diese Voraussetzungen seien im konkreten Fall erfüllt.

Der Lagerleiter, der für die gesamte Lagerverwaltung zuständig und gegenüber anderen Arbeitern weisungs- und anordnungsbefugt ist, ist eine Person, deren Schadenersatzverpflichtungen mitversichert sind. Der Lagerleiter hat sich entgegen mehrfachen Hinweisen des Produktionsleiters bewusst über Betriebsvorschriften zur Verwendung des Gabelstaplers hinweggesetzt. Er habe damit vorsätzlich im Sinn des Risikoausschlusses gehandelt, weshalb die Deckungspflicht des Versicherers entfällt. Der OGH beurteilte die Revision als nicht berechtigt und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen.

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