Makler fühlen sich bei der Zusammenarbeit mit Rechtsschutzversicherern zunehmend im Zwiespalt: Deckungsfragen, komplexe Bedingungen und Kommunikationsprobleme erschweren die Praxis. Der Beitrag beleuchtet, warum das Verhältnis angespannt ist – und was sich ändern müsste, um die Kundeninteressen langfristig zu sichern.
Artikel von:

Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA
Fachverbandsgeschäftsführer der Versicherungsmakler und Lektor an der Donau Uni Krems, WU-Wien und Juridicum Wien
Versicherungsmakler sind in Österreich per Gesetz – § 28 Maklergesetz – treuhänderisch verpflichtet, die Interessen ihrer Kunden zu wahren. Eine noble Aufgabe. Und eine, die mit zunehmender Tendenz zur Gratwanderung zu werden droht, wenn es um das Thema Rechtsschutzversicherung geht. Aus dem einstigen „Rechtsschutzengel“, der im Zweifel bereit war, dem Kunden zumindest bis zur Deckungsprüfung das juristische Schwert zu reichen, scheint sich schleichend ein vertraglicher Erbsenzähler entwickelt zu haben – zumindest wenn es nach der Ansicht vieler MaklerInnen geht; denn diese klagen oftmals: Deckungsablehnungen nehmen zu, die Kulanz scheint auf dem Rückzug, und auch das Fachwissen in den Schadenabteilungen ist – freundlich formuliert – nicht mehr durchgehend von jener Qualität, die man sich wünschen würde.
Deckung: Wenn’s brenzlig wird, wird’s dünn
„Früher konnte man mit dem Rechtsschutzversicherer noch reden und diskutieren; dies ist vorbei“ – ein Satz, der aus den Reihen erfahrener Makler immer wieder zu hören ist. Nicht selten wird berichtet, dass Versicherer heute schneller zur Deckungsablehnung greifen. Etwa bei der „Unverzüglichkeit“ der Schadenmeldung oder bei Deckungsablehnungen wegen vermeintlich fehlender Erfolgsaussichten reiben sich viele Makler verwundert die Augen.
Gewiss: Vertrag ist Vertrag. Die Rechtsschutzversicherung lebt nicht vom Rechtsgefühl, sondern von Versicherungsbedingungen. Doch wenn die formale Ablehnung oftmals vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung kommt, entsteht der Eindruck: Hier wird (unnötig) gespart – notfalls auf dem Rücken des Kunden.
Auch der Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete (GMRS) sorgt – bei Maklern wie Kunden – oft für viel Stirnrunzeln. Viele Fragen, etwa um die gewerbliche oder nicht-gewerbliche Vermietung, was konkret denn nun eine „Wohneinheit“ ist, wie die ausschließlich zu Wohnzwecken versicherte Wohnung im Fall von Homeoffice (oder auch bei Lehren, die teils ja zu Hause arbeiten) zu deuten ist, und dgl. Auch der Wunsch, den GMRS enger mit dem Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz (AVRS) zu verzahnen, um Lücken zu schließen und Tücken vorzubeugen, bleibt – so der Vermittler-Tenor – meist ungehört.
Wer aus Makler- und Kundensicht Sicherheit will, braucht nicht selten einen Rechtsberater schon zur Interpretation des Rechtsschutzes, so der oft gehörte Vorwurf in Richtung Versicherer. Und von einer kaum zu übertreffenden Komplexität im Firmen-Rechtsschutz war noch gar nicht die Rede. Makler bemängeln hier etwa die Regeln zur Anspruchsobergrenze im betrieblichen AVRS, die in der Praxis im Zusammenspiel mit dem Kunden kaum sicher zu handhaben ist
Die andere Seite – Versicherer unter Druck
Auch Versicherer kämpfen mit Gegenwind. Ganz fair wäre es also nicht, das gesamte Problemfeld einseitig bei den Versicherern abzuladen. Denn auch diese stehen massiv unter Druck: Regulatorische Anforderungen wie Solvency II, DORA, IDD oder ESG-konformes Underwriting fordern Kapital, Personal und Struktur. Gleichzeitig treiben Aktionäre die Forderung nach attraktiven Dividenden, stabilen Aktienkursen und natürlich einer möglichst optimalen Combined Ratio.
Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass Kulanzspielräume schrumpfen und Deckungsentscheidungen härter ausfallen. Wer effizient wirtschaften muss, wird strenger prüfen – und restriktiver agieren. Dass darunter allerdings das Vertrauensverhältnis leidet, ist die Kehrseite der Medaille.
Aus Sicht der VR kommt dazu noch ein nicht zu unterschätzender Punkt: Die Anforderungen an Schadenreferenten sind in den letzten Jahren gestiegen, das verfügbare Personal aber oft nicht.
Die Komplexität des Produkts und die „bewussten Lücken“ deuten und begründen Versicherer naturgemäß anders: Man könne nicht jedes Risiko pauschal abdecken, und Differenzierung sei ebenso notwendig wie Risikobegrenzung.
Statistik versus Realität
Ein Blick in die Statistik zeigt ein durchaus ambivalentes Bild: Laut den veröffentlichten Daten des VVO scheint die Sparte Rechtsschutzversicherung nach wie vor hochprofitabel zu sein – manche sprechen gar von einer „cash cow“. Die Prämieneinnahmen übersteigen die Schadenleistungen weiterhin deutlich. Für Makler stellt sich damit die Frage: Wenn das Geschäft so gut läuft – warum dann die zunehmende Härte?
Die Antwort kann wohl nur ein Mix aus Risikomanagement, Kostenbewusstsein und Compliance-Druck sein. Doch auf lange Sicht könnte sich diese Strategie rächen. Denn Vertrauen ist keine statistische Kennzahl – es ist die Grundlage jeder Kundenbeziehung.
Fazit: Leichte Beziehungskrise mit Zukunftspotenzial
Die Zusammenarbeit zwischen Versicherungsmaklern und Rechtsschutzversicherungen in Österreich ist aktuell eine echte Herausforderung (für beide): Auf der einen Seite stehen die Kunden, die berechtigterweise eine klare, faire und umfassende Absicherung erwarten. Auf der anderen Seite stehen Versicherer, die unter enormem Druck wirtschaften und sich durch komplexe regulatorische Anforderungen navigieren müssen.
Makler fühlen sich zunehmend als „Feuerwehrleute“, die dem Kunden Deckung erklären müssen, die eigentlich nicht da ist. Versicherer sehen sich mit Forderungen konfrontiert, die mit ihrer notwendigen Risikopolitik kollidieren. Doch statt in Vorwürfen zu verharren, braucht es konstruktive Lösungen, wie etwa:
- Klarere Bedingungswerke, die nicht nur (Versicherungs-)Juristen verstehen;
- Mehr Dialog zwischen Maklerschaft und Versicherern – nicht erst im Streitfall – zum gemeinsamen Verständnis für die jeweiligen Anforderungen;
- Eine Rückbesinnung auf den ursprünglichen Sinn des Rechtsschutzes: Kunden vor den Kosten rechtlicher Risiken zu schützen – nicht sich selbst vor Kosten.
Denn eines steht fest: Der beste Rechtsschutz hilft nichts, wenn sich am Ende alle Beteiligten schutzlos fühlen.
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