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Leben-Produktgestaltung „schwieriger und anspruchsvoller als je zuvor“

Leben-Produktgestaltung „schwieriger und anspruchsvoller als je zuvor“

21. November 2016

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5 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Weniger Prämien, schlechteres Ergebnis, gute Solvabilität: Der aktuelle Bericht der Finanzmarktaufsicht (FMA) zur Lage der österreichischen Versicherungswirtschaft zeichnet ein durchwachsenes Bild. Vor allem die Lebensversicherung bringt die Gesellschaften zunehmend unter Druck.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 11/21/2016

Die Marktkonsolidierung am österreichischen Versicherungsmarkt setzt sich fort: Aktuell sind 89 Versicherer in Österreich zugelassen – und damit um 16% weniger als 2011. Die Profitabilität der Branche hat sich jüngst wieder verschlechtert. So ist das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit nach einem Anstieg seit 2011 in den vergangenen zwei Jahren um rund 16% auf 1,13 Mrd. Euro zurückgegangen. Sind die Prämien 2015 in Österreich noch über dem europäischen Durchschnitt gewachsen, zeigt das erste Halbjahr 2016 „ein viel ungünstigeres Bild“, stellt die FMA fest. Stark eingebrochen sind die 2015 noch attraktiven Einmalerläge mit einem Minus von mehr als 40%. Die Solvabilitätsquoten bewegen sich hingegen auf relativ hohem oder stabilem Niveau (Median: 215%, gewichtetes Mittel: 247%).

Hoher Garantiezins aus bestehenden Verträgen belastet Finanzierung 

Sorgenkind bleibt die Lebensversicherung. Während sich vor allem in Großbritannien und den USA Lebensversicherungen in Form von „variablen Annuitäten“ durchgesetzt haben, ist in Österreich die „klassische“ Lebensversicherung, was Prämienaufkommen und veranlagtes Vermögen anbelangt, noch immer führend (siehe Grafik unten). Ob das so bleiben wird, ist offen. Die Produktgestaltung in der Lebensversicherung sei „schwieriger und anspruchsvoller als je zuvor“, heißt es in dem FMA-Bericht.

In bestehenden Lebensversicherungsverträgen müssen die Unternehmen noch über Jahre hinweg einen durchschnittlichen Garantiezins von 2,7% erwirtschaften – eine enorme Herausforderung in der aktuellen Marktlage und angesichts der bei Wiederveranlagung zu erzielenden Renditen. Vor allem jene Unternehmen, die zwischen 1995 und 2000 mit einem Garantiezins von 4% und zwischen 2001 und 2003 mit 3,25% starke Zuwachsraten auch durch Einmalerläge in der klassischen Lebensversicherung verzeichnen konnten, haben ein gesteigertes Risiko, die Garantieverpflichtungen nicht einhalten zu können.

Kosten und Transparenz werden wichtiger

Kosten spielen bei der Ertragserwartung der Lebensversicherungsverträge aktuell eine viel größere Rolle als in der Vergangenheit. Der Zinseszinseffekt dominiert bei guter Ertragslage den Kostenabzug. Bei schlechten Ertragsaussichten spielen die Kosten bei der Prognoseberechnung, auf deren Basis Neukunden ihre Verträge abschließen, eine Rolle.

Unter dem Stichwort „Transparenz“ haben es regulatorische Vorgaben notwendig gemacht, Kunden genauer über die in Aussicht gestellten Leistungen zu informieren. Bedingt durch die niedrigeren Gewinnerwartungen werde es notwendig sein, „exakter zu erklären und auch zu definieren, wie Gewinne und Risiken zwischen Versicherungskunden und Unternehmen aufgeteilt werden“.

Individuelle Produkte, unterschiedliche Verkaufsstrategien 

Wie auch in anderen Sparten werden Lebensversicherungsprodukte vermehrt im flexiblen Baukasten-System angeboten. Einige Versicherer folgen dem Trend aus Deutschland, Versicherungsprodukte anzubieten, bei denen sogenannte Schlussgewinne erst bei Laufzeitende dem Kunden der Höhe nach verbindlich zugesagt werden. Für die Unternehmen hat das den Vorteil, dass sich das Garantierisiko über die Restlaufzeit verringert und eine Anrechenbarkeit als Eigenmittel unter Solvency II möglich sein kann.

Die Lebensversicherer reagieren mit unterschiedlichen Verkaufsstrategien auf die derzeitigen Schwierigkeiten. Einige haben angekündigt, zukünftig den Schwerpunkt auf Risikoprodukte wie reine Ablebensversicherungen oder Kreditrestschuldversicherungen zu setzen. Letztere bringen neben den biometrischen Risiken auch andere Kreditausfallsrisiken mit sich, die als traditionelles Bankengeschäft nun vermehrt auch auf Versicherungen übertragen werden.

Derzeit „keine besseren Alternativen“

Auch wenn die zu erwartenden Erträge für Neukunden in der Lebensversicherung gering sind, gebe es „keine offenkundig besseren Alternativen“ am Vorsorgemarkt. Für die FMA stellt sich die Frage, inwieweit die kapitalbildende Lebensversicherung mit Gewinnbeteiligung in Zukunft ein sinnvolles Vorsorgeprodukt sein kann. Einige namhafte europäische Versicherungsgruppen haben bereits den aktiven Verkauf von klassischen Leben-Produkten mit Gewinnbeteiligung am deutschen Markt eingestellt.

Grafiken: FMA 

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