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Zukunftsweisende Versicherungsstrategien: 10. Kremser Versicherungsforum

Zukunftsweisende Versicherungsstrategien: 10. Kremser Versicherungsforum

12. November 2024

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8 Min. Lesezeit

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Recht & Wissen

Heute lädt das Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen der Universität für Weiterbildung Krems in Kooperation mit dem Fachverband der Versicherungsmakler zum zehnten Kremser Versicherungsforum ein. Im Audimax am Campus Krems halten bei der Jubiläumsausgabe von 9:30 bis 17:00 Uhr Expertinnen und Experten aus den Bereichen Vertrieb, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung einschlägige Fachvorträge.

Andreas Richter

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 12.11.2024

Nach Grußworten von Mag. Viktoria Michler (Fachbereichsleiterin Versicherungsrecht von der Universität für Weiterbildung Krems), Mag. Friedrich Faulhammer (Rektor der Universität für Weiterbildung Krems) und Fachverbandsobmann KR Christoph Berghammer, MAS, führte Dr. Klaus Koban, der gemeinsam mit Prof. Mag. Erwin Gisch für die Programmgestaltung verantwortlich zeichnet, in die Themen des Tages ein.

Em.o.Univ.-Prof. Dr. Attila Fenyves eröffnete den Tag mit einer eingehenden Analyse der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Haftpflichtversicherung und deren rechtlicher Prüfung im Rahmen der Klauselkontrolle. Dr. Fenyves begann seinen Vortrag mit einer Einführung in die Bedeutung der Klauselkontrolle bei Versicherungsbedingungen. Er betonte, dass die Klauselkontrolle ein zentrales Thema in der Rechtsprechung sei, insbesondere im Bereich der Haftpflichtversicherung, und wies darauf hin, dass viele Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs nicht zur Freude der Versicherungswirtschaft ausfielen.

Der ausgewiesene Experte erläuterte die vier wesentlichen Kontrollinstrumente, die zur Überprüfung von Versicherungsklauseln eingesetzt werden:

  1. Geltungskontrolle: Prüft, ob eine Klausel überhaupt Vertragsbestandteil geworden ist. Diese Kontrolle kommt zum Einsatz, wenn eine Klausel ungewöhnlich und überraschend für den Versicherungsnehmer ist. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung ist die sogenannte „Weideviehentscheidung“, bei der zwei Städter eine landwirtschaftliche Haftpflichtversicherung abschlossen und später feststellten, dass Schäden durch ihre Schafe nicht gedeckt waren, obwohl sie explizit danach gefragt hatten.
  2. Inhaltskontrolle: Untersucht, ob die Klausel inhaltlich gerechtfertigt und zulässig ist. Hier werden Klauseln auf ihre Angemessenheit und Fairness hin überprüft. Ein Beispiel, das Dr. Fenyves nannte, betrifft die Klausel zur Verwahrungspflicht, bei der der Oberste Gerichtshof eine Hinweispflicht des Versicherers feststellte, weil die Klausel eine bedeutende Nebenverpflichtung darstellte.
  3. Transparenzkontrolle: Bezieht sich auf die Klarheit und Verständlichkeit der Klauseln. Diese Kontrolle stellt sicher, dass die Bedingungen für den Versicherungsnehmer verständlich und durchschaubar sind, um Missverständnisse zu vermeiden. Dr. Fenyves betonte, dass unklare Bestimmungen im Zweifel gegen den Verwender ausgelegt werden müssen.
  4. Auslegung: Juristische Interpretation der Klauseln hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit und Bedeutung. Dr. Fenyves führte aus, dass Rechtsbegriffe so auszulegen sind, wie sie im rechtlichen Umfeld verwendet werden. Ein Fall, den er erläuterte, betraf den Begriff des Schadenereignisses und die Ereignistheorie.

Beispiele aus der Rechtsprechung

Dr. Fenyves veranschaulichte die Bedeutung der Kontrollinstrumente anhand mehrerer Fallbeispiele aus der Judikatur:

  • Weideviehentscheidung: Hier wurde eine landwirtschaftliche Haftpflichtversicherung abgeschlossen, aber Schäden durch Weidevieh waren ausgeschlossen, obwohl explizit danach gefragt wurde. Der Fall wurde letztlich über das Schadensersatzrecht gelöst.
  • Motorbootfall: Ein Lackierer verursachte unabsichtlich Schäden an einem Motorboot, was zu einer Explosion führte. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass hier eine Verwahrungspflicht bestand und der Versicherer hätte darauf hinweisen müssen.
  • Serienschadenklausel: Diese Klausel in der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung besagt, dass die Versicherungssumme nur einmal für sämtliche Folgen eines Verstoßes zur Verfügung steht. Diese Klausel wurde als unzulässig eingestuft, da sie nicht klar und verständlich war.

Dr. Fenyves schloss seinen Vortrag mit der Empfehlung, dass Versicherer ihre Klauseln sorgfältig prüfen und klar formulieren sollten, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Er betonte, dass die Rechtsprechung zunehmend strenger wird und die Anforderungen an Transparenz und Fairness der Klauseln steigen.

ESG für Versicherungsmakler

Im Anschluss beleuchtete RA Mag.a Manuela Zimmermann die Bedeutung der Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) im Kontext der Versicherungsvermittlung und deren wachsende Relevanz. Der Vortrag befasste sich mit dem Thema ESG im Bereich der Versicherungsvermittlung. Die Partnerin der Kanzlei Schönherr erläuterte die rechtlichen Anforderungen und Herausforderungen, die Vermittler bei der Beratung und dem Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten mit Nachhaltigkeitsbezug beachten müssen.

Ein Hauptpunkt des Vortrags war die Delegierte Verordnung, die Versicherungsvermittler verpflichtet, Nachhaltigkeitsrisiken und -präferenzen in die Beratung einzubeziehen. Dies betrifft insbesondere kapitalbildende Lebensversicherungen. Vermittler müssen demnach die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden hinsichtlich Nachhaltigkeit abfragen und entsprechend berücksichtigen. Dabei müssen sie objektive Informationen über die Produkte bereitstellen und dem Kunden eine verständliche und nachvollziehbare Beratung bieten.

Die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen ist seit 2022 verpflichtend und umfasst verschiedene Kategorien wie ökologisch nachhaltige Investitionen, Finanzinstrumente und nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren. Vermittler müssen in der Lage sein, diese Kategorien verständlich zu erklären und die entsprechenden Präferenzen der Kunden zu dokumentieren.

Mag.a Zimmermann betonte die Notwendigkeit einer gründlichen Dokumentation aller Beratungsschritte, um zukünftigen Haftungsrisiken vorzubeugen. Sie wies darauf hin, dass eine unvollständige oder fehlerhafte Beratung zu erheblichen Haftungsansprüchen und Verwaltungsstrafen führen kann, die sowohl den Vermittler als auch das Versicherungsunternehmen betreffen.

Abschließend unterstrich sie die Bedeutung der regelmäßigen Überprüfung der Eignung der Produkte und der transparenten Kommunikation mit den Kunden, um deren Vertrauen und Zufriedenheit langfristig zu gewährleisten.

Im weiters noch folgendem Programm spricht Prof. Dr. Leander D. Loacker, M.Phil. über die Möglichkeiten und Herausforderungen von Open Insurance. Er diskutiert, wie diese neue Entwicklung die Versicherungsbranche nachhaltig verändern könnte. Dann geht es weiter mit O.Univ.-Prof.in Dr.iur.in Monika Hinteregger, die die juristischen Aspekte und Haftungsfragen beleuchtet, die sich durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Versicherungswesen ergeben. Univ.-Prof. Dr. Stefan Perner nimmt sich anschließend der Wechselwirkungen und Zusammenarbeit zwischen Rechtsschutzversicherungen und Prozesskostenfinanzierern an und stellt die Frage, ob hier ein gedeihliches Miteinander möglich ist. Den letzten Fachvortrag des Tages hält Hon.-Prof.in Dr.in Marie-Agnes Arlt, LL.M. (NYU), die das Konzept des Flexiblen Kapitalgesellschaftsgesetzes (FlexKapG) vorstellt und dessen Bedeutung für Versicherungsmakler erläutert.

Der Tag wird durch die Verleihung des Dr. Klaus Koban-Preises für Versicherungswissenschaft abgerundet, welcher herausragende Arbeiten in diesem Bereich würdigt.

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